Gemeinde ist 250 Jahre altAls im Weinbauerndorf Oberrieden nach Obst gejagt wurde
Eine Speisewirtschaft als wichtiger Handelsknotenpunkt und Äpfel, die bis ins Ausland bekannt waren: Am Samstag wird die Jubiläumsausstellung in Oberrieden eröffnet.

Dort, wo in Oberrieden heute Autos auf der Seestrasse entlangbrausen, herrschte vor rund 200 Jahren ebenfalls reger Betrieb. Jedoch auf eine andere Art und Weise: Am Ende der Ankergasse am See stand die wohl älteste Wirtschaft von Oberrieden. Der Anker.
Der Name ist Programm. Die Speisewirtschaft Anker befand sich am Oberriedner Hafen Tischenloo. Ein wichtiger Treffpunkt für die Bauern und Händler.

Damals versammelten sich am späteren Nachmittag die Landwirte beim Wirtshaus Anker, um dem Schiffsmann ihre Ware für den Verkauf in Zürich mitzubringen.
Auf einem Gemälde ist zu erkennen, wie die Güter auf Schiffe verladen wurden und nach Zürich gelangten. Und auch am Abend war die Speisewirtschaft ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt. Dann nämlich kam der Schiffsmann zurück und rechnete im Anker mit den Bauern ab.
Zudem diente die Wirtschaft – die 1837 abgerissen wurde – auch als wichtiger Ort für Austausch von Nachrichten: Die neusten Informationen aus Zürich fanden so ihren Weg nach Oberrieden. Nach dem Abriss vom Anker wurde die Taverne Stern errichtet.
Tausende Fässer
Oberrieden war damals ein Weinbauerndorf. Es wurden insbesondere Fässer mit Wein auf dem Seeweg nach Zürich transportiert. Aber nicht nur: Gut im Geschäft waren die Landwirte ebenso im Obsthandel. Auch im Ausland war Oberrieden nämlich bekannt für seine speziellen Apfelsorten. Im Jahr 1863 stiess ein deutscher Früchtehändler in Zürich auf die «Oberriedner Glanzreinetten und Hansueliäpfel» und machte sich am gleichen Tag auf nach Oberrieden.
Für 12 Franken pro 200 Kilofass kaufte er den Bauern Obst ab. Gemäss der Schilderung stieg der Preis bald, und in den nachfolgenden Jahren habe eine «förmliche Obstjagdt» stattgefunden. Tausende Fässer seien im Herbst vom Zürichsee aus versandt worden und landeten in Wien, Paris, in den Niederlanden und in England.
Erinnerungen aus Kindheit
Über diese früheren Zeiten von Oberrieden informiert eine Ausstellung im Ortsmuseum anlässlich des 250-Jahr-Jubiläums der Gemeinde. Sie wird am Samstag eröffnet. Gestaltet hat die Ausstellung Markus Stauffer zusammen mit dem Vorstand des Ortsmuseums. Der Abteilungsleiter Liegenschaften von Oberrieden wird in diesem Jahr pensioniert – übernehmen wird sein Amt ab Mai Bruno Schicker.
«Andere spielen Tennis, ich interessiere mich für die Geschichte unserer Gemeinde», erklärt Stauffer seine Leidenschaft. Er hat für die Jubiläumsausstellung wichtige Eckdaten zur Geschichte der kleinsten Gemeinde am Zürichsee gesammelt.
In der Ausstellung sind beispielsweise auch Geschichten von Ur-Oberriednerinnen und -Oberriedner zu lesen, die noch heute im Dorf leben und ihre Erlebnisse aus der Kindheit schildern. Beispielsweise erinnert sich eine Oberriednerin, wie sie als junges Mädchen muskulösen Ringturnern durch die Fenster in der Turnhalle zuschaute und anschliessend mit ihnen in der «Trotte oder Zinne ein Bier trank». Eine andere Oberriednerin schwärmt davon, wie sie im Winter mit dem Schlitten ihren Schulweg von zehn auf zwei Minuten verkürzen konnte.
Als eigenständige Gemeinde funktioniert Oberrieden seit 1773, als die Gemeinde sich von Horgen löste. Dies geschah schrittweise im Rahmen der Bevölkerungszunahme. «Zuerst gründete Oberrieden eine eigene Schule, dann eine eigene Schiessanlage für die Schützen», erklärt Markus Stauffer. Über viele Jahre seien die Oberriedner zudem nach Horgen zur Kirche gegangen. Den weiten Weg hätten sie nicht immer ohne Murren in Kauf genommen. Mit der Zeit erwies sich das Gotteshaus ausserdem als zu klein. «Mit der Einweihung einer eigenen Kirche war dann der letzte Schritt getan und Oberrieden wurde selbstständig.»
Vernissage der Jubiläumsausstellung: Samstag, 4. März, 14 bis 17 Uhr, Ortsmuseum, Altweg 9, Oberrieden. Die Ausstellung ist jeden Samstag von 14 bis 17 Uhr geöffnet.
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