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Verdacht auf Rassendiskriminierung
Abu Ramadan muss vor Gericht

Abu Ramadan in einem saudischen Fünfsternhotel im Jahr 2015.

Mehr als drei Jahre hat es gedauert, bis die Bieler Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Nidauer Hassprediger Abu Ramadan erhob. Der 68-jährige Libyer muss sich nun vor dem Regionalgericht in Biel wegen Rassendiskriminierung und Betrug verantworten. Bisher hat er sämtliche Vorwürfe bestritten.

Auslöser der Ermittlungen war die Berichterstattung dieser Zeitung zusammen mit der «Rundschau» von SRF im August 2017. Dabei ging es unter anderem um ein Bittgebet in der Bieler Ar’Rahman-Moschee, in dem Abu Ramadan gewünscht hatte, dass Allah unter anderem die Juden und Christen vernichte.

Was hat der Imam wirklich gesagt?

Mehr als sechs Monate später eröffnete die Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren wegen des Verdachts auf Rassendiskriminierung. Dass es bis zur Anklage dann so lange dauerte, hat auch mit Gutachten zu tun, die der Frage nachgingen, was Abu Ramadan in der damaligen Freitagspredigt auf Arabisch wirklich gesagt hat und wie seine Worte zu interpretieren sind.

Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft äusserte der Libyer «wiederholt den Wunsch, dass gewisse Personen oder Personengruppen bestimmter Ethnien oder Religionen vernichtet werden sollen». Es gilt die Unschuldsvermutung.

In der Berichterstattung vor vier Jahren wurden auch Abu Ramadans Sozialhilfebezüge in Höhe von rund 600’000 Franken thematisiert. Zugleich nahm der Sozialhilfeempfänger als Reiseführer an organisierten Pilgerreisen nach Saudiarabien teil, wobei er teilweise in Fünfsternhotels logierte.

Rechtlich schwierige Ausschaffung

Der Verdacht, dass mit den Sozialhilfebezügen etwas möglicherweise nicht stimmte, lag schon damals auf der Hand. Ende 2018 reichte das zuständige Sozialamt Nidau Strafanzeige wegen mutmasslichen Betrugs ein. Doch es dauerte wieder sehr lange, bis die Staatsanwaltschaft eine Hausdurchsuchung beim Libyer durchführen liess. Obwohl Abu Ramadan jede Menge Zeit gehabt hätte, Beweise verschwinden zu lassen, wurden dann aber zahlreiche Unterlagen sichergestellt. Diese erhärteten laut der Staatsanwaltschaft den Verdacht, dass Abu Ramadan unrechtmässig Sozialhilfe bezogen hat.

Abu Ramadan (links) in der libyschen Hauptstadt Tripolis im Februar 2021

In Bern hoffen die Behörden schon seit langem, dass die Schweiz den umstrittenen Prediger nach Libyen abschieben kann. Dafür bräuchte es eine rechtskräftige Verurteilung wegen einer sogenannten Katalogtat. Rassendiskriminierung steht aber nicht auf dieser Liste, Sozialhilfebetrug hingegen schon. Nur liegen die allermeisten der Abu Ramadan vorgeworfenen Delikte schon länger zurück – also lange vor dem Stichtag des 1. Oktober 2016, an dem die Bestimmungen zu den Katalogtaten in Kraft traten.

Allerdings erhielt der Libyer nur kurz nach diesem Stichtag eine Versicherungsleistung in Höhe von 1380 Franken für einen Diebstahlschaden. Diese Zahlung hat Abu Ramadan dem Sozialamt mutmasslich nicht gemeldet. Ob das strafbar war und ob es allenfalls für eine Ausschaffung ausreicht, muss die Justiz entscheiden.

Falls es zu einem Landesverweis kommt, wird sich der Imam aber kaum mit dem Argument zur Wehr setzen können, er sei in seiner Heimat an Leib und Leben gefährdet. Noch im Februar hat Abu Ramadan nämlich die libysche Hauptstadt Tripolis besucht.