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Ziemlich beste Feindinnen

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Es riecht natürlich nach Zeitgeist oder gar feministischem Konzept, wenn in der Schweiz ab Herbst 2020 zwei Frauen als «Tatort»-Kommissarinnen die Arbeit aufnehmen. Urs Fitze, Bereichsleiter Fiktion beim SRF, winkt jedoch ab: «Bezüglich Geschlecht gab es keine Vorgaben an das Schweizer ‹Tatort›-Autorengespann Stefan Brunner und Lorenz Langenegger.» Wie auch immer: Die Figurenkonstellation verspricht einiges an Konfliktpotenzial.

Tessa Ott, gespielt von der 32-jährigen Carol Schuler, stammt aus einer reichen Unternehmerfamilie vom Zürichberg, von der sie sich abnabelte, in die städtische Subkultur flüchtete und als Psychologin angeblich nicht recht weiss, ob sie bei der Polizei richtig ist. Ihre Kollegin Isabelle Grandjean, verkörpert von der 40-jährigen Anna Pieri Zuercher, stammt aus einer Arbeiterfamilie aus La Chaux-de-Fonds und war als Juristin am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag tätig. Die beiden werden ihren ersten Fall nicht als beste Freundinnen angehen, so viel scheint klar.

Schweizer Amy Winehouse

Aber wer sind die beiden Schauspielerinnen? Was Carol Schuler betrifft: Die gebürtige Winterthurerin hat bereits «Tatort»-Erfahrung. Sie spielte in der Luzerner Fastnachtsfolge «Schmutziger Donnerstag» (2013) eine Prostituierte, die von einem einflussreichen Zunftmitglied missbraucht wird und – da der Zünfter tot aufgefunden wird – zu Kommissar Flückiger (Stefan Gubser) auf den Posten muss. Schuler hofft, dass sie bei ihrer Ermittlerin Tessa Ott einiges an Humor einfliessen lassen darf. Dazu wäre sie wohl befähigt, spielte sie doch 2016 auch in einer Folge der deutschen Comedyserie «Der Tatortreiniger» mit.

Vor allem aber darf man von Schuler, die aufgrund ihres Aussehens schon als Schweizer Amy Winehouse bezeichnet wurde, kraftvolle Darbietungen erwarten. Denn egal, was sie tut – mit ihrem beherzten, entschlossenen Spiel zwingt sie zum Hingucken. Das sah man bereits, als sie mit 14 Jahren ihre erste Hauptrolle im Fernsehfilm «Lieber Brad» (mit Mathias Gnädinger, 2001) spielte und dafür auf Anhieb den Schweizer Filmpreis als Beste Schauspielerin gewann.

Man darf gespannt sein, wie sich diese Wundertüte mit Freiheitsdrang im Krimikorsett entwickeln kann.

2006 zog Schuler nach Berlin, absolvierte eine Schauspielausbildung am Europäischen Theaterinstitut, startete eine Karriere als Rock-, Swing- und Soulsängerin und wechselte zwischen Bühne und Kinoleinwand hin und her. Eine ihrer prägnantesten Filmrollen ist jene in Christoph Schaubs «Nachtlärm» (2012), wo Schuler als unfreiwillige Kindsentführerin den Hauptdarstellern Alexandra Maria Lara und Sebastian Blomberg glatt die Schau stiehlt.

Seit der Saison 2017/18 ist die Schweizerin als festes Ensemblemitglied an der Berliner Schaubühne engagiert. Und das, obwohl Carol Schuler einst in einem Interview behauptete, dass sie sicher nie in einem Ensemble spielen werde. A propos: Die Schweizerin sagte auch, dass eine «Tatort»-Kommissarin für sie bestimmt keine Traumrolle sei. So gesehen darf man gespannt sein, wie sich diese Wundertüte mit Freiheitsdrang im Krimikorsett entwickeln kann und will.

Stimme der Vernunft

Weniger bekannt in der Deutschschweiz ist die in Bern geborene, aber vorwiegend in der Romandie tätige Anna Pieri Zuercher. Nach Ausbildungen als Pianistin und Schauspielerin war sie im Theater und im Kino zu sehen, ihre erste Film-Hauptrolle spielte sie in Alain Tanners Abschiedsgruss «Paul s'en va» (2004). Die in Lausanne wohnhafte Pieri Zuercher ist vor allem dank Westschweizer Fernsehserien wie «Station Horizon» (2015) oder «Anomalia» (2016) bekannt. Im Januar 2019 erhielt sie für «Doppelleben» («Double vie») den Schweizer Fernsehfilmpreis als beste Hauptdarstellerin. In den Zürcher «Tatort»-Folgen wird sie vermutlich die Bodenständigere der beiden Ermittlerinnen verkörpern und – im Vergleich zu ihrer potenziell flatterhaften Partnerin – mit der Stimme der Vernunft sprechen.