Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Zentrumsprojekte sind für Gemeinden eine Knacknuss

1 / 6
Bereits am 22. März könnte das nächste Projekt einer Behörde scheitern. Dann befindet die  Zolliker Gemeindeversammlung über zwei Initiativen. Sie konkurrenzieren das Vorhaben, das der Gemeinderat 2013 angestossen hat. Dieser möchte das Areal des ehemaligen Altersheims Beugi im Baurecht abgeben. Ein Investor soll darauf fünf Bauten mit Mietwohnungen, Gewerbe- fläche, Tiefgarage und Grossverteiler bauen. Initiant Stephan Brändli verlangt stattdessen, dass die Gemeinde selber baut. Und Jürg Widmer will, dass die Gemeinde das Areal ausschliesslich den Zolliker Baugenossenschaften im Baurecht abgibt.
Ein Zentrum beidseits der Gleise – das schwebte dem Gemeinderat einst in Küsnacht vor. Die Vorarbeiten begannen in den 90er-Jahren. Im Dezember 2007 endete das Vorhaben abrupt: Die Gemeindeversammlung lehnte die Gestaltungspläne für das bergseitige Areal an der Zürichstrasse und das seeseitige SBB-Areal ab. Viele fanden die Projekte überdimensioniert. Der Gemeinderat wollte an der Zürichstrasse für 70 Millionen ein Wohn- und Geschäftshaus samt Tiefgarage und einen Platz mit Bistro bauen – eine «Dorfterrasse», wie das Projekt hiess. Die SBB planten auf ihrer Seite zwei Wohn- und Geschäftshäuser.
Nachdem mehrere Vorgängerprojekte gescheitert waren, unternahm der Meilemer Gemeinderat ab 2001 einen neuen Anlauf. Das Projekt «Nucleus» unterlag aber im Juni 2008 an der Urne mit fast 60 Prozent Nein-Stimmen. Die IG Dorfkern hatte erfolgreich gegen den geplanten Baurechtsvertrag mit der Investorin Swisscanto opponiert. Ihrer Meinung nach wurden dieser zu viele Zugeständnisse gemacht. Hinter dem Gemeindehaus waren drei Häuser mit Wohnungen und Läden, eine  Tiefgarage sowie ein Dorfplatz statt des Parkplatzes vorgesehen. Geplant war auch die Erweiterung des Gemeindehauses.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Es gleicht einer Sisyphusarbeit: In wechselnder Zusammensetzung machten sich in Küsnacht Behörden daran, für das Areal Zürichstrasse eine neue Lösung zu finden. Vor 50 Jahren wurde der heutige Parkplatz eingerichtet – als Provisorium. Seitdem gab es mehrere Anläufe für eine Neugestaltung, die in unterschiedlichen Stadien nicht weiter verfolgt wurden. Am letzten Wochenende hätten es die Küsnachter wieder einmal in der Hand gehabt, dem Areal ein neues Gesicht zu geben. Stattdessen verwarfen sie beide Projektvorschläge – die Zentrumsentwicklung und das Parkdeck – mit einem praktisch identischen Nein-Anteil von gut 60 Prozent.

Die Deutlichkeit der Abfuhr überraschte auch Wilhelm Natrup, Chef des kantonalen Amts für Raumplanung. Sein Amt berät Gemeinden in ortsplanerischen Fragen. Eine Ablehnung solcher Projekte sei aber trotzdem eher die Regel als die Ausnahme, sagt Natrup. «Es gelingt fast nie im ersten oder zweiten Anlauf.» Dies, weil es um die emotionale Mitte eines Ortes gehe.

Grösste Herausforderung

Laut Natrup ist die Entwicklung der Zentren in vielen Gemeinden die grösste raumplanerische Herausforderung. «Wir sind überall mit der Problematik konfrontiert, dass die Zentren weniger belebt sind, weil sich das Einkaufsverhalten geändert hat.» Die Situation werde sich in den nächsten Jahren noch verstärken. Die Frage sei, was man dieser Entwicklung entgegensetzen wolle. «Man kann beispielsweise mit einem Grossverteiler eine gewisse Magnetwirkung erzielen.»

Auch in Küsnacht stand die Idee, für das Zentrumsprojekt einen Grossverteiler ins Boot zu holen, schon einmal zur Diskussion. Aber sie wurde wieder verworfen. Stattdessen setzte dort die vom Gemeinderat favorisierte Zentrumsentwicklung nebst der Tiefgarage auf zwei Hochbauten, von denen eines für die öffentliche Nutzung vorgesehen war. Das ebenfalls durchgefallene Konkurrenzprojekt sah nebst Parkplätzen nur eine kleine Parkanlage vor.

«Nicht vor der Haustür»

«Es gibt keine Patentrezepte für Zentrumsprojekte», sagt Wilhelm Natrup. Als wichtigsten Faktor zum Erfolg nennt er die Einbindung der Bevölkerung. «Ohne Mitwirkung sind solche Projekte von Beginn weg undenkbar.» Der weitere Prozess sei ein Ringen um einen Konsens, bei dem auch die Kritiker eingebunden werden sollten. Ebenfalls wichtig: Die Bürger müssten für die Pläne eine Notwendigkeit sehen.

Zentrumsprojekte gehen nicht widerspruchsfrei unter, wie das Beispiel Küsnacht zeigt. Denn auch hier hatte der Souverän mit dem Richt- und Nutzungsplan die Grundlage für die Verdichtung im Zentrum gelegt. Warum ist es so schwierig, zu verdichten? «Wir wissen aus Untersuchungen, dass die Mehrheit dafür ist. Aber nicht vor der eigenen Haustür», sagt Natrup.