Fluchtgefahr und SuizidrisikoEpstein-Vertraute wird auf Schritt und Tritt überwacht
Sexualstraftäter Jeffrey Epstein nahm sich in Untersuchungshaft das Leben. Für seine kürzlich festgenommene Ex-Freundin Ghislaine Maxwell gilt deshalb höchste Sicherheitsstufe.
Ohne grosse mediale Beobachtung wurde am Montag die kürzlich festgenommene Vertraute des Sexualstraftäters Jeffrey Epstein, Ghislaine Maxwell, von einer Haftanstalt im Bundesstaat New Hampshire in ein New Yorker Gefängnis verlegt.
Im Brooklyner Metropolitan Detention Center sind mehr als 1600 weibliche und männliche Häftlinge untergebracht. Der Ort sei so berüchtigt, dass eine Richterin einmal sagte, sie würde Frauen wegen der «unbeschreiblichen» Bedingungen nur ungern dorthin schicken, bemühten US-Medien einen Vergleich.
Für Maxwell heisst es voraussichtlich am Freitag erstmals: Termin vor Gericht. Staatsanwaltschaft und Verteidigung baten um einen Anhörungstermin, wie aus einem Brief an Richterin Alison Nathan in New York hervorging. Eine Bestätigung des Termins gab es zunächst nicht.
Mehrere Pässe, mehrere Millionen
Bestätigt ist indes die Forderung der Staatsanwaltschaft. Die 58-jährige Maxwell darf nicht gegen Kaution aus der Haft entlassen werden, weil ein «extremes» Fluchtrisiko bestehe. Die in Frankreich geborene, in Grossbritannien aufgewachsene und in den USA lebende Maxwell habe drei Pässe, schreibt die Staatsanwaltschaft. Zudem hätten Ermittler 15 Bankkonten von ihr mit zwischenzeitlich mehr als 20 Millionen Dollar identifiziert.
Drei Pässe, grosse Geldsummen, weitreichende internationale Verbindungen: Die Staatsanwaltschaft sehe angesichts der Möglichkeit einer langen Gefängnisstrafe überhaupt keinen Grund, dass Maxwell in den USA bliebe, so die Argumentation.
Nebst der Fluchtgefahr besteht aber auch ein Suizidrisiko. Epstein wurde letztes Jahr von derselben Strafverfolgungsbehörde wegen Sexhandels verhaftet – und beging dann Suizid in seiner Gefängniszelle in Lower Manhattan. Um einen ähnlichen Vorfall zu verhindern, werde Maxwell mit höchster Sicherheitsstufe bewacht. «Sie wollen sicherstellen, dass sie vor Gericht steht», wird eine anonyme Quelle in der «New York Post» zitiert.
Maxwells Gefängniszelle sei kameraüberwacht, und wann immer sie die Zelle verlasse, werde sie auf Schritt und Tritt von Gefängnisbeamten begleitet.
Versteckt in den Wäldern
Vor ihrer Festnahme hielt sich Maxwell in einer riesigen, abgeschieden liegenden Villa auf. «Tucked Away», so der Name des «wunderschönen Anwesens», wie es New Yorks FBI-Chef William Sweeney nannte; versteckt in den Wäldern von Bradford, New Hampshire. Das Luxusresort habe sie mit Bargeld bezahlt.
Die New Yorker Szene liebte Ghislaine Maxwell für ihren britischen Upperclass-Akzent, ihren Witz und ihre Unerschrockenheit. Sie ist die Tochter von Robert Maxwell, des britischen Medienmoguls, der vor 19 Jahren unter aufsehenerregenden Umständen ums Leben kam: Er fiel von Bord seiner Jacht Lady Ghislaine. (Lesen Sie mehr dazu hier.)
Dass die schillernde Figur jetzt die Spinne im Netz eines illegalen, bis in die höchsten Kreise reichenden Frauenhandels gewesen sein soll, überraschte wohl nicht viele, obschon Maxwell jedes Wissen über Epsteins Machenschaften und jede Beteiligung daran zuvor zurückgewiesen hatte.
Mehrere Opfer werfen der 58-Jährigen vor, sie habe aktiv junge Mädchen rekrutiert, um Epsteins sexuelles Verlangen zu befriedigen, und sich auch selbst an dem Missbrauch beteiligt. Missbrauchsopfer Virginia Giuffre gab 2015 in einer Zivilklage gegen Epstein und Maxwell an, die Britin habe sie vor Jahren als Sexsklavin für Epstein rekrutiert.
2008 war Epstein schon einmal einem Bundesverfahren entgangen, indem er eine Vereinbarung mit der Staatsanwaltschaft einging. Epstein bekannte sich damals teilweise schuldig und bekam eine milde Haftstrafe. Viele Frauen, die Epstein Sexualverbrechen vorwerfen, halten Maxwell für eine Mittäterin.
Nun erhoffen sich die Ermittler von ihr Aufklärung über das gesamte Netzwerk Epsteins und darüber, ob prominente ehemalige Weggefährten des Multimillionärs wie Prinz Andrew, Donald Trump oder Bill Clinton auch in den sexuellen Missbrauch von Minderjährigen verstrickt waren.
red
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