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Meinung

Analyse zu Clubs und Corona
Wie viel Spass erlaubt die Krise?

Unter Dauerbeschuss: Die Schweizer Clubszene gilt derzeit als der Hotspot der Disziplinlosigkeit.
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Keine Branche steht gerade so in der Kritik wie die Party- und Eventindustrie. Nachdem sich in einigen Clubs des Landes Besucher mit dem Coronavirus angesteckt hatten, wurde die Stimmung schnell gehässig: Nach Partyverboten wurde geschrien, nach einem Ende der Spassgesellschaft gar. Und als ein Mannschaftsteil des FC Zürich positiv getestet wurde, wurde aus heiterem Himmel herbeispekuliert, dass sich die Betroffenen bestimmt in den sündigen Partymeilen Zürichs vergnügt hätten. In allem schlummerte der Vorwurf: Die Krise verlangt Disziplin von uns, die Clubbetreiber verkörpern mit ihrem Angebot die Antithese dazu.

Lasst die Puppen tanzen!

Als Ende Mai die ersten Lockerungsschritte für die Clubszene bewilligt wurden, war niemand mehr verblüfft als die Clubbetreiber selbst. Man hatte zwar Konzepte zur Wiedereröffnung vorgelegt, sich jedoch innerlich bereits auf einen längeren Stillstand eingestellt. Und als man gerade in den internationalen Chor von Leidensgenossen einstimmen wollte, der dies murrend beklagte, kam das: 300 Personen durften – staatlich abgesegnet – wieder Feste feiern. Die Szene war zu perplex, um diesen Umstand überhaupt bejubeln zu können.

Doch das Kleingedruckte dieser neuen Regelung war tückisch: Die zuständigen Ämter wurden nicht müde zu betonen, dass die Verantwortung nun bei den Clubbetreibern liege, denen von Imageschäden bis zu rechtlichen Konsequenzen allerlei Ungemach in Aussicht gestellt wurde. Die Botschaft, die vom Staat ausgesendet wurde: Wir möchten nicht weiter eine ganze Branche durch die Krise füttern, also öffnet eure Pforten, lasst die Puppen tanzen – und wenn sich jemand ansteckt, dann gehts euch an den Kragen.

Das Kerngebiet der Eventbranche ist es, Leute mit einem kulturellen Angebot froh zu machen, Spezialisten im Verhindern von Seuchen und von Katastrophen finden sich hier eher keine.

Man erarbeitete also mit den Behörden ein Schutzkonzept und startete den Versuchsbetrieb. Teils aus der Überzeugung, dass Kultur und Geselligkeit einer Stadt eher nützen als schaden, teils aus purem wirtschaftlichen Überlebenswillen. Und immer im Glauben, dass die Öffnung mit den epidemiologischen Fachstellen abgesprochen wurde. Das Kerngebiet der Eventbranche ist es, Leute mit einem kulturellen Angebot froh zu machen, Spezialisten im Verhindern von Seuchen und von Katastrophen finden sich hier eher keine. Und bis auf wenige Ausnahmen wurden denn auch zuverlässig alle behördlichen Vorgaben erfüllt.

Wie sicher wäre die Alternative?

Denn wenn uns dieses Virus eines gelehrt hat, dann dies: In unsicheren Zeiten werden wir zu Herdentierchen. Wir tun, wie uns geheissen wird. Und wenn Experten sagen, dass Clubbing ein kalkulierbares Risiko sei, dann wird dieses Angebot auch in Anspruch genommen. Dass das Ansteckungsrisiko in Clubs höher ist als auf dem heimischen Schaukelstuhl, ist allen klar.

Man hat beschlossen, dieses einzugehen und bestmöglich zu minimieren, mit der Option, die Übung zu beenden, falls die Sache ausser Kontrolle gerät. Und aus der Idee heraus, in Zeiten niedriger Fallzahlen auch Kultur, Spass und Zerstreuung wieder möglich zu machen.

Schaut man auf die Zahlen der tatsächlich in Clubs angesteckten Personen, dann erscheinen diese bisher weniger alarmierend als die Schlagzeilen, die sie generieren. Viele Ansteckungen passieren auf Reisen oder in der Familie. Und in der Hälfte der Fälle weiss man schlicht nicht, wo die Ansteckung überhaupt erfolgte. Gut möglich, dass der Druck auf das Veranstaltungswesen so gross wird, dass man das Experiment bald beendet. Falls dem so wäre, wären das nicht nur katastrophale Neuigkeiten für die Eventbranche – eine Wiederöffnung bliebe wohl auf lange Sicht nicht opportun.

Wo und unter welchen Schutzvorkehrungen sich die Jugend danach vergnügen und austauschen wird, will sich niemand ausmalen. Dass sie es tun wird, ist selbst in unsicheren Zeiten sicher.