ZSC Lions droht das Saisonende«Wie isst man einen Elefanten? Stück für Stück»
Die Zürcher liegen im Playoff gegen Biel 0:3 zurück. Weder Marc Crawford noch dem Club gelang es je, eine solche Hypothek wettzumachen. Dafür spielt der Trainer mit der Sprache.

Er wollte Revanche nehmen, dafür, dass ihm Biels Noah Schneeberger in Spiel 2 den extra fürs Playoff angefertigten Zahnschutz aus dem Mund gerissen hatte und darauf herumgetrampelt war. Chris Baltisberger war denn auch motiviert, teilte von Beginn weg Check um Check aus, beförderte Biels Viktor Lööv beinahe kopfvoran auf die Spielerbank. Doch zum Sieg reichte es dennoch nicht. Nach der dritten Niederlage in Folge droht dem ZSC am Mittwoch in der Swiss-Life-Arena nun der Sweep, das Ausscheiden ohne einen Sieg.
Christian Marti stand nach der 3:5-Niederlage am Montag mit leerem Blick in den Kabinengängen der Tissot-Arena, sinnierte darüber, wie man diese Seeländer doch noch bezwingen könnte: «Biel ist eine so flinke Mannschaft. Es ist schwierig, körperbetont zu spielen. Dreht der Gegner ab und rasselt in die Bande, sieht es so aus, als wären wir die grössten Übeltäter. Man muss aufpassen, dass man die Grenze nicht zu überschreitet. Biel verfügt über ein starkes Powerplay.»
In der Tat verwertete das Heimteam zwei von drei Überzahlgelegenheiten. Die erste nur 25 Sekunden nach der ersten Pause, als Baltisberger sich eine Strafe wegen eines Stockschlags eingehandelt hatte. «Ich versuchte, ein Tor zu verhindern, traf den Stock des Gegners. Er brach. Man kann die Strafe pfeifen, aber es ist bitter: Biel bekam drei Powerplays zugesprochen, wir keines. Wenn es nicht läuft, läuft es nicht», sagte Baltisberger.
Kärki fürs Powerplay gedacht – nur gabs keines
Der 31-Jährige war es, der bei Spielhälfte und nach 163 torlosen Minuten auf 1:2 verkürzte. Doch Biel antwortete postwendend, traf im zweiten Abschnitt insgesamt fünfmal. «Wir werden für Fehler hart bestraft», klagt Marti. «Marc Crawford wies uns auf die ersten und letzten Minuten eines Drittels oder nach Toren hin. Da müssen wir einfach besser sein. Und das beginnt bei mir. Ich stand auch bei Gegentreffern auf dem Eis.» So auch beim 2:0 von Toni Rajala. «Sobald sie die Scheibe haben, spielen sie diese langen Pässe und beginnen zu fliegen. Wenn du den Puck auch nur eine Sekunde aus den Augen verlierst, ist Rajala weg. Es ist extrem bitter und nervt. Wir spielten ein wirklich gutes erstes Drittel, hatten ein hohes Tempo. Doch dann wurden wir gebrochen.»
Trainer Crawford kann man nicht vorwerfen, nicht alles versucht zu haben. Er strich den Playoff-Topskorer Justin Azevedo und den zuletzt blassen Schweden Lucas Wallmark aus dem Kader, setzte auf Garrett Roe und zum erst dritten Mal in dieser Saison auf GCK-Stürmer Jarno Kärki, der fast einen Monat lang keinen Ernstkampf mehr bestritten hatte. «Ein grosser, starker Spieler. Er war fürs Powerplay gedacht. Bloss bekamen wir keines. Ich sah einige Strafen, die nicht ausgesprochen wurden», sagte Crawford, der zweimal den Ersatztorhüter Ludovic Waeber für einen Kurzeinsatz aufs Eis geschickt hatte, um eine zusätzliche Pause zu erzwingen. Einmal mit Erfolg.
«Machen wir es wie Micheli und ‹Zeiti›»
Crawford coachte über 1000 Partien in der NHL, führte Colorado zum Stanley Cup. Der Kanadier hat vieles erlebt, doch noch nie einen 0:3-Rückstand in einer Playoff-Serie gedreht. «Wie isst man einen Elefanten?», fragt der 62-Jährige. Und gibt die Antwort gleich selbst. «Stück für Stück.» Eine Metapher, der sich Ex-ZSC-Trainer Larry Huras gern bediente. So auch im Final 2001, als die Zürcher gegen Lugano 1:3 zurücklagen und am Ende doch noch den Pokal stemmten. Obwohl der Vergleich hinkt, sagt Baltisberger: «Machen wir es wie einst Micheli und ‹Zeiti›.»
Die Zürcher wissen selbst, dass es nicht die Entscheidung ist, verloren sie doch im letzten Jahr unter Rikard Grönborg den Final gegen Zug nach einer 3:0-Führung. Doch erst fünfmal wurde in der Schweizer Liga ein 0:3 gedreht. Dem ZSC, der letztmals im Viertelfinal 2016 gegen Bern – ebenfalls unter Crawford – 0:4 ausgeschieden ist, gelang es allerdings nie.
«Time to hunt», steht auf den Pullovern der ZSC-Spieler. Nun haben sie einen Elefanten eingefangen, müssen ihn erst einmal verspeisen. Gegen einen EHC Biel, der wie auf einer Mission scheint. «Wir haben nicht eine Saison lang so hart gearbeitet, damit es nun so endet. Wir werden sicher noch einen Gang höher schalten können», sagt Baltisberger.

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