Von Umweltschützer angeprangertWie Instagram einen Superreichen dazu brachte, seinen Privatjet zu verkaufen
LVMH-Chef Bernard Arnault war es leid, dass jeder die Bewegungen seines Flugzeugs verfolgen konnte. Dem Klimaschutz bringt der Verkauf jedoch vermutlich nichts.

Wurde Bernard Arnault gecancelt? Die Frage muss erlaubt sein, seit es Mode geworden ist, bei jedem sanften öffentlichen Widerspruch die Legende der Cancel Culture zu bemühen, nach der man heutzutage ja nicht mehr tun oder sagen dürfe, was sonst immer okay war. Tatsächlich sieht es auf den ersten Blick ein bisschen danach aus.
Der französische LVMH-Unternehmer (Moët Hennessy Louis Vuitton) und laut Forbes zweitreichste Mensch der Welt hat keinen Privatjet mehr, wie er dem französischen Sender Radio Classique verriet. Und ja, der Grund für den Verkauf sei tatsächlich ein Instagram-Account.
Auf dem Konto «Laviondebernard» (Deutsch: Das Flugzeug von Bernard) zeichnete ein Umweltaktivist seit Anfang Mai die Flugbewegungen des Jets nach. Das Konto fand schnell eine hohe Anzahl an Fans, weswegen Zehntausende Ende Mai darüber informiert wurden, dass der Jet mit der Kennzeichnung F-GVMA im Mai 176 Tonnen CO₂ ausgestossen hatte. Ein ähnliches Konto gibt es auch bei Twitter.
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Zum Vergleich: Durchschnittliche Franzosen sind für einen Ausstoss von fünf Tonnen im Jahr verantwortlich. Immer wieder war Arnaults Reiseverhalten fortan Thema in sozialen und gelegentlich auch traditionellen Medien.
Der französische Umweltaktivist war bei weitem nicht der erste Jetverfolger. Schon seit es die Luftfahrt gibt, stellen sich Hobbyfotografen an Flughäfen und fotografieren Flugzeuge. Mittlerweile gibt es Schnittstellen im Internet, über die man auf die Geodaten der Jets zugreifen kann.
Anfang des Jahres wurde die Praxis einer grösseren Öffentlichkeit bekannt, weil sich Tesla-Chef Elon Musk über einen Twitter-Account beklagte, auf dem ein junger Mann namens Jack Sweeney Musks Jet trackte. Der CO₂-Ausstoss spielte dabei keine Rolle, Musk-Fan Sweeney war laut eigener Aussage einfach eine Art digitales Supergroupie.
Mieten statt besitzen
Der französische Umweltschützer kombinierte also die altbekannte Praxis des Prangers mit einer automatisierten Datenabfrage im Internet, um «die umweltschädliche Lebensweise der Reichen sichtbar zu machen»: Umweltaktivismus im 21. Jahrhundert. Ob das nun smart oder verwerflich ist, hängt vom Standpunkt des Betrachters bezüglich einer Frage ab: Dürfen Superreiche den Planeten auch super stark mit CO₂ belasten?
Egal, wo man sich bei dieser Frage verortet, ökologisch besonders nachhaltig scheint das Arnault-Shaming nicht gewesen zu sein. Denn der Luxusunternehmer hat zwar bestätigt, dass seine Firma den Jet verkauft hat, weniger fliegen wollen die Arnaults dennoch nicht.
Möglich, dass der Umweltpranger die Arnaults lediglich auf eine potenzielle Sicherheitslücke aufmerksam machte.
«Im Endeffekt kann jetzt niemand sehen, wohin ich fliege, weil ich nun Privatjets mieten werde, wenn ich sie brauche», so Arnault senior. Die negative Publicity durch den Instagram-Account habe bei der Entscheidung weniger eine Rolle gespielt, so Sohn und Kommunikationschef Antoine Arnault.
Also nix Cancel Culture. Es sei einfach nicht gut, wenn Wettbewerber immer sehen könnten, wo die Firma gerade sei. Das könne der Konkurrenz verraten, was LVMH gerade vorhabe, so der jüngere Arnault. Möglich also, dass der Umweltpranger die Arnaults lediglich auf eine potenzielle Sicherheitslücke aufmerksam machte.
Wollte man den ökologischen Fussabdruck von Bernard Arnault nachhaltig verbessern, dann wäre es ohnehin sinnvoller, an einer anderen Stelle anzusetzen. Die australische Website «The Conversation» hat berechnet, dass es besonders die Jachten sind, die den Superreichen die Ökobilanz verhageln. Arnault wäre auch hier ein lohnendes Ziel für entsprechenden Aktivismus. Seine «Symphony» ist eines der grössten Privatschiffe der Welt, zudem besitzt er zwei Werften, die Jachten für andere Superreiche bauen.
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