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Regionalfussball unter Druck
Angst vor Ansteckungen: Wenn der Chef wegen Covid-19 rot sieht

Ein Schiedsrichter zeigt einem Spieler die Rote Karte: Dies würden einige Arbeitgeber symbolisch auch gern mit Angestellten tun, die Fussballspielen.
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«Vier bis sechs Fälle pro Woche im ganzen Gebiet», zählt der Fussballverband Region Zürich (FVRZ) laut Willy Scramoncini aktuell. «Das sind erfreulicherweise weiterhin wenig», ergänzt der Leiter der Abteilung Spielbetrieb. Doch was ist, wenn die Corona-Fallzahlen in Fussballclubs und auf deren Plätzen schlagartig ansteigen? «Dann appellieren wir weiterhin an die Vereine, die Schutzmassnahmen strikt einzuhalten», antwortet Scramoncini. Ein Saisonabbruch sei wenn immer möglich zu vermeiden.

Der Ball soll weiterrollen, aber natürlich nicht um jeden Preis. Wo liegt denn die Schmerzgrenze? Eine solche ist offenbar nicht definiert. «Die Hoheit obliegt dem Schweizerischen Fussballverband», klärt der FVRZ-Funktionär auf. «Gibt es zu viele Spielverschiebungen in einem Regionalverband, kann dieser in Bern einen Abbruch der Meisterschaft beantragen.» Eine konkrete Zahl lässt sich Scramoncini allerdings nicht entlocken. Allen Fussballbegeisterten bleibt so nur eines: Hoffen, dass die Covid-19-Neuansteckungen tief bleiben – vor allem im Sport.

Plötzlich fehlen Spieler

Schweizweit ist zwar bislang kein Fall bekannt, wonach sich ein Amateurfussballer im Rahmen eines Spiels mit dem Virus infiziert hat. Teams wurden in Quarantäne beordert, weil Spieler im familiären oder beruflichen Umfeld in Kontakt mit positiv getesteten Personen gerieten. Und doch spielen einige Arbeitgeber offensichtlich mit dem Gedanken, ihren Angestellten vom Fussball abzuraten – oder tun dies bereits. «Immer mehr kommt vor, dass Spieler einer Mannschaft nicht mehr zur Verfügung stehen», bestätigt Scramoncini. Besonders der Firmen-Fussball sei betroffen. «Etwa weil sich Unternehmen mit Schichtarbeit darum bemühen, dass Angestellte möglichst wenig Kontakte untereinander haben.»

Auch Roger Inglin hat von Arbeitgebern gehört, die ihre Angestellten am liebsten nicht mehr im Fussball sehen würden. Er präsidiert den FC Phönix Seen, dessen zweite Mannschaft letztes Wochenende nach dem positiven Testresultat eines Akteurs eine Drittliga-Partie verschieben musste. «Nur einige Spieler, die sehr eng mit ihm in Kontakt waren, mussten in Quarantäne und sich testen lassen», klärt Inglin auf. Für ihn ist klar: «Die Verunsicherung ist riesig, überall und nicht nur im Sport.» Doch die Fussballer von ihrem Hobby fernzuhalten, erhöhe sie zusätzlich. «Schliesslich bemühen sich alle Vereine enorm, die Schutzmassnahmen umzusetzen und einzuhalten.»

Konsequenzen in Kauf nehmen

Diesbezüglich geht der FC Bülach überaus vorsichtig vor. Einem Spieler des Fanionteams wurde der Trainingsbesuch untersagt, nachdem sich dieser mit einer Person getroffen hatte, die durch einen anderen Kontakt hätte infiziert sein können. Sportchef Nicolas Bizirianis versichert: «Wir achten sehr darauf, das Infektionsrisiko innerhalb des Vereins möglichst tief zu halten.» Dafür nehme der Verein alle Konsequenzen in Kauf. «Umso frustrierender wäre es dann, Rückschläge hinnehmen zu müssen, sollten sich andere Clubs weniger an die Schutzmassnahmen halten.» Der Unterländer Club äussert Bedenken zum Vorgehen des FVRZ. «Weil wir im Gegensatz zum Verband die Meisterschaft nicht um jeden Preis durchboxen wollen», erklärt Bizirianis. Schliesslich sei Gesundheit unbezahlbar und sie stehe deshalb über allem.

Jörg Bosshart, Präsident des FC Wallisellen, befürchtet gar einen Meisterschaftsabbruch. «Es wurden ja schon x Spiele verschoben, irgendwann mag das der Spielplan nicht mehr schlucken», begründet er seine Bedenken. Auch die Zweitliga-Mannschaft Wallisellens konnte letztes Wochenende nicht antreten. Weil gleich sieben von acht Arbeitskollegen eines Spielers positiv getestet worden waren und dann auch sein Test so ausfiel, begab sich das ganze Team in Quarantäne. Der Verein hat daraufhin sämtliche Spieler und Staffmitglieder des Fanionteams testen lassen, das Ergebnis fiel bei allen negativ aus. Bosshart bringt null Verständnis dafür auf, dass Arbeitgeber im Fussball ein Ansteckungsrisiko sehen. «Dieses gehe ich ja jedes Mal ein, sobald ich die Wohnung verlasse», sagt er.

Das Recht auf Fussball

Als Präsident des FC Thalwil äusserst sich Roger Leutwyler ähnlich: «Ein Restrisiko gibt es immer.» Die Erstliga-Mannschaft des Vereins vom Zürichsee musste ihre Saisonvorbereitung unterbrechen, nachdem sich ein Spieler in den Sommerferien mit Covid-19 angesteckt hatte. Das Training wurde erst wieder aufgenommen, als alle Testresultate (inkl. Staff) negativ ausgefallen waren. Leutwyler ist überzeugt: «Die Ansteckungszahlen im Sport haben bei weitem nicht ein solches Ausmass wie an Orten, wo noch mehr Menschen zusammenkommen.» Für ihn ist deshalb unvorstellbar, dass ein Arbeitgeber seinen Angestellten die Ausübung ihres Hobbys verbieten könne. «Die Firmen müssen sich allgemein Überlegungen machen, wie sie mit dem Thema Quarantäne umgehen sollen.»

Rechtlich haben die Arbeitgeber jedenfalls keinen Spielraum. «Sie geht grundsätzlich nichts an, was ein Angestellter in der Freizeit macht», sagt Hans Strittmatter. Er ist Geschäftsleiter von Arbeitgeber Zürich VZH, der rund 2200 Mitgliederfirmen zählt. Ein Ausfall eines Mitarbeiters wegen einer behördlichen Quarantäne-Anordnung könne für ein Unternehmen zwar schmerzhaft sein. «Doch der Arbeitgeber kann nur an die Angestellten appellieren, sich vorsichtig zu verhalten. Diese sind verpflichtet, die berechtigten Interessen ihres Arbeitgebers
zu wahren», führt der Rechtsanwalt weiter aus. Es gehe auch nicht zu verlangen, dass die Mitarbeiter Ferientage opfern, wenn sie in Quarantäne beordert werden. Nur eines sei nicht ausgeschlossen: «Vielleicht fragt sich der Arbeitgeber irgendwann, ob er den richtigen Mitarbeiter an Bord hat.» Abschliessend hält Strittmatter fest, dass sich an der Rechtslage in absehbarer Zeit wohl nichts ändern werde.

Absehbar ist allerdings der Herbsteinzug. Die Fussballer sind Kälte und Nässe ausgesetzt, die Grippe wird umgehen und die Verunsicherung schüren. FVRZ-Spielabteilungsleiter Willy Scramoncini kann sich indes noch auf «etwas mehr Spielverschiebungen als im Normalbetrieb» stützen und betonen, dass «die Ansteckungsgefahr im Fussball kleiner ist, da draussen gespielt wird». Und eben hoffen, dass sich daran nichts ändert.

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