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Zehnkämpfer Simon Ehammer
Weltklasse – obwohl er in Appenzell geblieben ist

Traut sich zu, den Schweizer Rekord von 1988 zu brechen: Mehrkämpfer Simon Ehammer.  
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Freitagmorgen, 9 Uhr: Auf der 400-m-Bahn der idyllischen Sportanlage Landhaus in Teufen, Kanton Appenzell Ausserrhoden, perfektionieren ein Dutzend Zöglinge der Sportlerschule Appenzell ihren Laufstil. Hinter der Tribüne übt eine Gruppe Kugelstossen: zwei Oberstufenschülerinnen, ein -schüler – und ein Weltklasseathlet. Simon Ehammer, eine der ganz grossen Schweizer Leichtathletikhoffnungen, feilt im ungleichen Quartett unter Anleitung von Sportschulleiter René Wyler an der diffizilen Wechselschritttechnik.

Und dem Zehnkämpfer gelingen starke Trainingsstösse. «Jawohl», entfährt es Ehammer. Ein breites Lächeln zieht über sein Gesicht. Die Fortschritte der jüngsten Vergangenheit bereiten Freude, die Morgeneinheit hat das Gefühl bestätigt. Die Athleten holen ihre Kugeln, wischen den Sand ab und legen sie in die dafür vorgesehene Kiste. Auch Ehammer. Doch er läuft nochmals zurück, greift nach der Abdeckung und zieht sie zusammen mit Coach Wyler über den Sand.

In der Sportlerschule Appenzell hat Simon Ehammer 2013 selber auf den Sport zu setzen begonnen. Er besuchte die Sekundarschule in Teufen, eine Partnerschule der Sportlerschule. Er genoss die gezielte Förderung an der Sportlerschule und sah die ergänzende Wirkung der zwei Abendtrainings in seinem Verein TV Herisau unter Trainer Beat Schluep.

Die rätselhaften Nuller? Abgehakt

Die Kombination trug schnell Früchte: 2015 stand er bei den U-15 als Zweiter auf dem Podest des UBS Kids-Cup-Finals, dem landesweiten Vorzeigenachwuchsprojekt von Swiss Athletics mit mittlerweile über 150’000 teilnehmenden Schülerinnen und Schülern. 2017 folgte das internationale Debüt mit der U-18-EM (19.), 2018 die U-20-WM (3.).

Der Aufstieg setzte sich auch nach dem Vereins- und Trainerwechsel zum TV Teufen und zu Karl Wyler fort. Rasant fort. 2019 gewann Ehammer Gold an der U-20-EM, im Corona-Sommer 2020 verpasste er beim Sieg an den Schweizer Mehrkampfmeisterschaften den 32-jährigen Schweizer Rekord von Beat Gähwiler lediglich um 13 Punkte. Und im vergangenen März forderte der 21-Jährige an der Hallen-EM den acht Jahre älteren Weltrekordhalter Kevin Mayer aus Frankreich: Ehammer lag auf Medaillenkurs – bis zum Nuller im Stabhochsprung.

Medaillentraum geplatzt: An der Hallen-EM im polnischen Torun scheiterte Simon Ehammer im Stabhochsprung dreimal an der Anfangshöhe von 4,50 m. 

Dieses Missgeschick ärgerte den ehrgeizigen Newcomer. Er hinterfragte sich und beschäftigte sich mit seinem Tun – zumal ihm dasselbe Malheur bereits fünf Wochen zuvor an den Schweizer Hallenmeisterschaften widerfahren war. Er sagt: «Wie das geschehen konnte, ist mir ein Rätsel geblieben. Aber solche Dinge passieren auch den Besten immer wieder.»

Dennoch brauchte das Abhaken Zeit. Ehammer legte eine mehrwöchige Stabhochsprung-Trainingspause ein und wandte sich an seinen Mentaltrainer. Bei der tieferen Auseinandersetzung erkannte er: «Den ganzen Winter begleitete mich eine gewisse Unsicherheit beim Stabspringen. Ich fühlte mich nie richtig wohl.» Inzwischen sieht er dieses Thema als abgehakt. Das Visualisieren gelungener Sprünge und perfekter Bewegungsabläufe sowie Sporthypnose halfen ihm.

Teufen statt US-College

In die Sportlerschule trat Ehammer 2013 ein. Inzwischen wäre er ihr eigentlich längst entwachsen: nach Schulabschluss, Lehre als Sportartikelverkäufer und Sportler-RS. Trotzdem baut er noch immer auf das Institut, auf deren Fördermöglichkeiten und Trainer. Sechs Wocheneinheiten absolviert er hier, die Absprache mit dem Heim- und Vereinstrainer (zwei Einheiten) klappt.

Schulleiter René Wyler übernimmt die Gesamtplanung sowie Kraft- und Techniktraining, Bruder Karl Wyler leitet Ehammer im TV Teufen an und betreut ihn an den Wettkämpfen. In diesem Gefüge, dieser Kombination von Einfachheit und Professionalität, fühlt sich Ehammer wohl. Das begründet, warum er Angebote von US-Colleges und grossen Trainernamen stets ablehnte.

«Ich bin zu 120 Prozent überzeugt.»

Simon Ehammer

Eine Stärke von diesem Umfeld ist die Flexibilität, Entwicklungsschritte erfolgen dosiert und überlegt. Die Spitzensport-RS im Winter ist bestes Beispiel: In Magglingen arbeitete Ehammer nach den Wochenplänen von René Wyler, Mehrkampf-Nationaltrainer Nicolas Gentsch koordinierte. Dabei galt das Hauptaugenmerk den Würfen, die Disziplinspezialisten Terry McHugh und Hansruedi Meier unterstützten vor Ort. Auf diese Weise gelangen Ehammer markante Fortschritte.

Den zweiten, individuellen Teil der Spitzensport-RS verbrachte er aber wieder in seinem vertrauten Umfeld im Appenzellerland.

Sein Anspruch heisst Schweizer Rekord

Vor diesem Hintergrund kommt dem Saisoneinstieg eine besondere Bedeutung zu – und der erfolgt am Wochenende in Götzis. Ehammer ist zum ersten Mal dabei im Mehrkampf-Mekka in Vorarlberg. Ganz seinem Charakter entsprechend möchte er aber nicht bloss schnuppern, sondern Akzente setzen. Er verspricht: «Im Zehnkampf ist vieles möglich, ich gebe in diesem speziellen Rahmen Vollgas.»

Er traut sich die Olympia-Limite von 8350 Punkten zu – ganz im Wissen, dass er dafür den gültigen Schweizer Rekord (8244 Punkte von Beat Gähwiler 1988) sowie den «eingefrorenen» (8334 von Stefan Niklaus 1983; der Speer hatte damals einen anderen Schwerpunkt) übertreffen muss. «Ich bin zu 120 Prozent überzeugt», sagt Ehammer. Es klingt überzeugend. Dass er auch mit 21 noch ein gelehriger Schüler ist, hat der Appenzeller längst bewiesen.

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