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Suizidstatistik in der Schweiz
Warum häufen sich Suizide nur bei Mädchen?

Nicht nur die Anzahl Suizide: Auch Depressionen und Hospitalisierungen wegen mutmasslicher Suizidversuche haben bei jungen Frauen im Jahr 2020 zugenommen.

Die neusten Suizidzahlen, die das Bundesamt für Statistik (BFS) am Montag veröffentlicht hat, klingen auf den ersten Blick zuversichtlich: 2020, also im ersten Pandemiejahr, haben sich in der Schweiz erstmals seit 1964 weniger als tausend Menschen das Leben genommen. Die Zahlen gehen seit dem Höchststand Anfang der Achtzigerjahre kontinuierlich zurück. So lautet die Zusammenfassung einer Spezialauswertung aus der Todesursachenstatistik des BFS.

Damit scheint die Corona-Krise den meisten psychisch weniger stark zugesetzt zu haben, als man befürchtet hatte, zumindest im ersten Jahr der Pandemie. Doch es gibt eine grosse Ausnahme. «Bei unter 25-jährigen Frauen wurden etwas mehr Fälle gezählt als im Vorjahr», heisst es in der Mitteilung.

Fast dreimal mehr Suizide als im Vorjahr

Der Ausdruck «etwas mehr» ist jedoch relativ. 33 Suizide wurden in dieser Altersgruppe gemeldet; das sind acht mehr als im Jahr zuvor und 15 mehr als im Zehnjahresschnitt. Ausserdem beziehen sich die Zahlen auf die gesamte Altersgruppe der unter 25-Jährigen.

Schlüsselt man die Statistik weiter auf, zeigt sich ein deutlich krasseres Bild: 17 unter 20-jährige Frauen nahmen sich im Jahr 2020 das Leben. Im Vorjahr waren es noch sechs weibliche Teenager gewesen, also fast dreimal weniger. Zwischen 2010 und 2019 waren es im Schnitt sieben, die Suizid begangen haben. Bei kleinen Fallzahlen wie diesen können Schwankungen überproportional ins Gewicht fallen. Trotzdem ist dieser starke Anstieg bemerkenswert.

Zwar ist bekannt, dass die Corona-Krise den jungen Menschen psychisch tendenziell stärker zugesetzt hat als den älteren. Aber während die Suizidzahlen bei den unter 25-jährigen Frauen im ersten Pandemiejahr angestiegen sind, blieben die Zahlen bei den gleichaltrigen Männern praktisch unverändert (58 Fälle im Vergleich zu 56 im Vorjahr und zu 59 im Zehnjahresschnitt). Bei den Jungen unter 20 Jahren gab es ebenfalls keinen Anstieg. 

Gründe noch nicht identifiziert

Warum hat sich eine steigende Zahl Mädchen das Leben genommen? Und warum sind die Suizidzahlen bei den gleichaltrigen Jungen zwar generell höher, aber über die Jahre stabil? «Der Anstieg der Suizide bei jungen Frauen unter 20 Jahren im Jahr 2020 ist tatsächlich besorgniserregend», schreibt Simon Ming, Mediensprecher des Bundesamtes für Gesundheit, auf Anfrage. Auch Depressionen und Hospitalisierungen wegen mutmasslicher Suizidversuche hätten bei jungen Frauen zugenommen. Man nehme dies sehr ernst.

«Suizide sind in aller Regel multikausal und können oft nicht abschliessend erklärt werden.»

Simon Ming, Sprecher des Bundesamtes für Gesundheit

Was sind die Gründe für den einseitigen Anstieg? Konkret weiss das auch die Suizidprävention Schweiz nicht: «Das Bundesamt für Gesundheit steht in Kontakt mit Experten und Expertinnen aus der Praxis und mit dem BFS, um Erklärungsansätze so genau wie möglich zu identifizieren.» Grundsätzlich führe ein Ereignis alleine kaum zu einem Suizid. «Suizide sind in aller Regel multikausal und können oft nicht abschliessend erklärt werden.» 

BAG-Sprecher Simon Ming bemerkt jedoch, dass die Zahlen zu Suiziden kein zuverlässiges Bild über den Zustand der psychischen Gesundheit der Bevölkerung vermittelten. «Suizide stellen die Spitze eines Eisbergs dar: Die Zahl der Menschen, die einen Suizidversuch unternehmen oder an einen Suizid denken, liegt erheblich höher als die Zahl derer, die sich das Leben nehmen.»