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ZSC-Kult-Reporter
Walter Scheibli ist tot

Sportreporterlegende Walter Scheibli nimmt an seinem 80. Geburtstag die Ovationen des Publikums entgegen vor dem Eishockey Meisterschaftsspiel der National League A zwischen den ZSC Lions und dem EHC Biel-Bienne am Sonntag, 14. Oktober 2012, im Hallenstadion in Zuerich. (KEYSTONE/Walter Bieri)
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Walter Scheibli ist im Alter von 91 Jahren gestorben. Der Mann aus Unterstrass wurde als Reporter bei Radio 24 zum Symbol des ZSC schlechthin und erreichte so weit übers Eishockey hinaus Kultstatus. Sein Markenzeichen waren der gelbe Pullover, den er stets als Glücksbringer trug, sowie der immergleiche Abschluss seiner Live-Schaltungen, die er nach der Formel «Zett Ess Cee 2, Kloten 1, Walti Scheibli, Radio 24, aus dem Hallenstadion» zu beenden pflegte.

Nicht dass es in Scheiblis Anfangszeiten allzu viele Erfolge gegen den Rivalen zu vermelden gegeben hätte. In den 1980er-Jahren, als Scheibli fürs Zürcher Lokalradio von den Spielen zu berichten begann, war der ZSC als Liftclub zwischen den Ligen bekannt. Gerade in der höchsten Schweizer Spielklasse begeisterten weniger die Resultate, sondern mehr die faszinierende Clubkultur und das Erlebnis Hallenstadion. Und niemand verkörperte den ZSC besser als Scheibli mit seinem Enthusiasmus und nie erlahmenden Optimismus.

Diese Leidenschaft übertrug sich aufs Radiopublikum, sie übetrug sich aber auch auf die Spieler. Verteidiger Andreas Zehnder, von 1989 bis 2001 in Diensten des ZSC, erinnerte sich einst auf der Website des Clubs: «Zu Walti ging ich auch dann gerne zum Interview, wenn wir nicht so gut gespielt hatten. Denn er liess uns nie hängen.» Für Bruno Vollmer, den langjährigen Stürmer und heutigen COO, war es «immer ein Highlight, Walti vor dem Mikrophon Red und Antwort zu stehen.» Und Meistertrainer Kent Ruhnke befand: «Wenn man an den ZSC denkt, denkt man an Walter Scheibli – und umgekehrt. Er ist vielleicht der einzige Reporter, der einen grösseren Namen hat als alle Spieler.»

Die Fans skandierten seinen Namen

Das zeigte sich auch bei seinen Auftritten im Stadion. Es gehörte zum Spiel, dass die Fans ihre Legende feierten: Sie skandierten so lange seinen Namen, bis Walter Scheibli sich von seinem Kommentatorenplatz erhob und dem Zürcher Anhang zuwinkte. In den Drittelspausen schrieb er Autogramme. Und immer trug er sein breites Lachen zur Schau, blitzten seine Augen. Scheiblis Begeisterung für die Menschen war genauso gross wie seine Freude am Spiel. Und genauso echt wie seine Bescheidenheit.

Dass journalistische Distanz und sprachliche Korrektheit dabei manchmal auf der Strecke blieben, gehörte dazu. Dafür liess seine Tonlage nie Zweifel daran, auf welcher Seite ein Tor gefallen war. Scheibli machte keinen Hehl daraus, dass er immer auch oberster Fan seines Clubs war. «Dazu stehe ich», erklärte er anlässlich einer Würdigung zum 90. Geburtstag gegenüber dem ZSC, «aber ich behandle die Gegner immer mit Anstand und Respekt.»

So wurde Walter Scheibli gleich doppelt Zeuge. Einerseits davon, wie sich die Medienlandschaft veränderte: Als er 1983 sein erstes ZSC-Spiel kommentierte, gab es noch nicht einmal Teletext. Und als Live-Ticker und Pay-TV längst die Berichterstattung prägten, kommentierte er noch immer nach bewährter Manier aus dem Hallenstadion. «Ich bin bei der mechanischen Schreibmaschine stehen geblieben», erklärte er dazu, «mein Handy benutze ich nicht, und im Internet war ich noch nie.»

Zugleich erlebte Scheibli die grosse Transformation des ZSC: wie sich der finanziell wacklige Liftclub dank der Fusion mit der GC-Eishockeysektion in einen professionellen Grossbetrieb verwandelte, der auf einmal wieder Schweizer Meister werden konnte und mit einem riesigen Unterbau bis ins Detail durchstrukturiert war.

Mit seiner Leidenschaft und unbändigen Herzlichkeit schien Walter Scheibli auf den ersten Blick nicht mehr richtig zu diesem neuen ZSC zu passen. Wahrscheinlich verkörperte er genau darum den Geist dieses besonderen Clubs umso besser. Kein Wunder, heuerten die Lions ihn noch als 80-Jährigen an, um fürs hauseigene TV die Interviews zu machen. Die einzige Stimme, die den Verlust dieses Geistes in Worte fassen könnte, ist jetzt verstummt.