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Wahl der Woche (69)
Dauerregen oder Hochnebel?

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Liebe Leserinnen und Leser, in der Kolumne «Wahl der Woche» streiten sich unsere Redaktorin Simona Pfister und unser Redaktor Sven Behrisch über die kleinen und grossen Dinge des Alltags. Letztes Mal ums Geld, heute ums Wetter.

Simona Pfister: Beim Dauerregen passiert wenigstens etwas

Ich mag eigentlich jedes Wetter. Ausser Hochnebel. Hochnebel hasse ich. Hochnebel ist das Schlimmste. Er ist der Schimmelkäse des Wetters (ich hasse Schimmelkäse, und er stinkt). Er zersetzt das Licht und den Lebenswillen, alles ist wie gefroren in seinem Grau, die ganze Umgebung von dem Unlicht zerstört, der Lebenswillen gefriert von November bis Februar. «Ein fester, grauer Himmel; man könnte Lust bekommen, ein’ Kloben hineinzuschlagen und sich daran zu hängen», so sagte es Büchner in seinem «Woyzeck», und der hat bekanntlich immer recht. Da lobe ich mir den Dauerregen, da passiert wenigstens etwas, Wasser fliesst, der Himmel ist in Bewegung, Menschen rennen durch die Strassen mit Zeitungen und Schirmen, und vielleicht müssen sie sogar ein wenig lachen, weil sie von der Gischt lustige Grimassen schneiden. Vor allem aber können sie dem Dauerregen entfliehen, wenn sie wollen, ja zu Hause unter der Decke ist sein Trommeln sogar gemütlich und schön. Dem Dumpf des Hochnebels aber, dem entwischt nichts.

Sven Behrisch: Intimes im Nebel

Als ich ein ganz junger Schreiber war, sagte mir einmal ein ganz alter, grosser Autor, der mein Chef war: Der Text darf nicht unter die Bettdecke. Was er damit meinte, ist, dass man nicht über Intimes schreiben soll, zumindest nicht, wenn man über sich selbst schreibt. Ich erwähne das, weil es in einem November war, als er mir das sagte, und draussen hingen schwer und tief die Wolken, und ich hatte einen kurzen Artikel geschrieben, in dem es am Rande darum ging, dass ich einmal sehr verliebt war, in einem November vor langer Zeit, als die Wolken schwer und tief über dem Lande lagen.

Überhaupt habe ich mich immer im November verliebt. Immer kroch mit der Euphorie eine kühle Feuchtigkeit empor, kam mit der Wonne auch der Wind, war der rosa Himmel grau. Und wie ich nun nach oben sehe und der dicke, lüsterne Nebel über mir wabert, denke ich an den einen oder anderen Spätherbst zurück, als … aber das ginge jetzt wirklich zu weit unter die Wolkendecke.