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Bei Flucht aus Afghanistan verloren
Vermisstes Baby wieder bei Familie

Hamid Safi, der das Baby am Flughafen in Kabul fand, übergibt Sohail dem Grossvater des Kindes.
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Ein Baby, das während der chaotischen Evakuierungen am Flughafen Kabul verloren gegangen war, ist nach fast fünf Monaten wieder bei seinen Verwandten. Das bestätigten Familienmitglieder der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag. Der damals zwei Monate alte Sohail Achmadi sei Mitte August verloren gegangen. Sein Vater Mirsa Ali Achmadi hatte ihn über einen Zaun am Flughafen einem US-Soldaten übergeben, damit das Kind nicht in der Menge zerquetscht werde. Achmadi hatte gehofft, kurz danach durch den Eingang zu kommen und sein Kind auf der anderen Seite des Zauns wiederzufinden. Just in diesem Moment drückten die Taliban die Menge aber zurück.

Achmadi arbeitete eigenen Angaben zufolge als Wachmann für die US-Botschaft in der afghanischen Hauptstadt. Wie Zehntausende andere Afghanen, die für die westlichen Streitkräfte und Länder gearbeitet hatten und Vergeltungsaktionen der militant-islamistischen Taliban nach deren Machtübernahme fürchteten, fuhr er zum Flughafen, um das Land zu verlassen.

Als die Familie es eine halbe Stunde später in den Flughafen schaffte, hätten sie ihr Baby nicht mehr finden können, sagte Achmadi. Die Familie habe monatelang keine Ahnung gehabt, was mit dem Säugling geschehen sei. Er selbst, seine Frau und vier weitere Verwandte leben nun im US-Bundesstaat Michigan.

Nach Medienberichten über die Suche der Familie konnte Sohail schliesslich in Kabul bei einem Taxifahrer namens Hamid Safi gefunden werden. Dieser sagte dem TV-Sender ToloNews, er habe das weinende Baby am Boden am Flughafen gefunden. Das Kind habe Kratzer auf der Brust gehabt. In diesem Moment habe er entschieden: «Ich nehme dieses Baby mit nach Hause. Wenn seine Familie gefunden wird, gebe ich es ihnen. Ansonsten ziehe ich es selbst gross.» Dies erzählte Safi im November in einem Interview mit Reuters. Er habe das Kind zum Arzt gebracht und wie seinen eigenen Sohn behandelt.

Wiedervereinigung nach fast fünf Monaten

Nach der Veröffentlichung der Geschichte über das vermisste Kind hatten einige Nachbarn von Safi dieses auf den Bildern erkannt und in Kommentaren unter dem Artikel geschrieben, wo es sich befand. So konnte der Grossvater von Sohail den Taxifahrer ausfindig machen. Er brachte ihm Geschenke, doch zunächst wollte Safi das Kind nicht wieder hergeben, er wollte mit seiner Familie ebenfalls in die USA gebracht werden. Nach einem erfolglosen Gesuch um Hilfe beim Roten Kreuz kontaktierte der Grossvater die lokale Polizei der Taliban und informierte diese über eine Entführung. Diese Beschuldigungen wies Safi zurück, er habe für das Kind gesorgt und es nicht entführt.

Die Polizei untersuchte den Fall und half dabei, eine Einigung zu finden. Die Familie von Sohail bezahlte eine Entschädigung von rund 100’000 Afghani (das entspricht etwa 900 Franken) für die Ausgaben, die Safi aufwenden musste, um fünf Monate für das Kind zu sorgen. Sohail sei schliesslich am Samstag in Afghanistan seinem Grossvater übergeben worden. «Jeder hat sich gefreut, als er uns das Kind gab», sagte der Grossvater. Die Verwandten hätten Musik gespielt und getanzt. Nur Safi und seine Familie seien traurig gewesen, Sohail zu verlieren. Sie hätten geweint, auch der Grossvater habe geweint, als er sich bei ihnen bedankt habe.

Sohails Grossvater Mirsa Mohammed Kasemi kann die Tränen nicht zurückhalten.

Der Vater forderte die USA und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) auf, sie bei der Familienzusammenführung in den USA zu unterstützen. Die Familie Achmadi konnte die Militärbasis in Texas, auf die sie nach der Evakuierung gebracht wurden, im Dezember verlassen. Nun solle Sohail in Michigan mit seinen Eltern und Geschwistern wiedervereinigt werden.

Bild eines anderen Babys ging um die Welt

Das Bild eines anderen Babys, das am Flughafen von Kabul über den Zaun gereicht wurde, wurde zum Symbolbild für die Verzweiflung einiger Afghaninnen und Afghanen bei der Flucht aus dem Land. Das 16-Tage-alte Mädchen hiess Liya und wurde von ihrer Mutter einem US-Soldaten übergeben. Auf der anderen Seite des Zauns wartete Vater Hameed, der bereits am Flughafen war, da er bei der Evakuierung half. Es war das erste Mal, dass Hameed und Liya sich trafen – Hameed hatte die Geburt verpasst, weil er der US-Armee half und den Flughafen nicht verlassen hatte.

Ein US-Soldat zieht das Baby am Arm über den Maschendrahtzaun.

Er hielt seine Tochter nur kurz in den Armen, bevor er sie einem anderen Soldaten übergab, um sich dann um seine Frau Sadia zu kümmern. Sie schaffte es erst Stunden später durch den Zaun, dann wurden die Eltern gemeinsam mit ihrer Tochter aus Kabul in die USA geflogen. «An diesem Tag habe ich mein Baby einem Fremden übergeben. Ich habe aber darauf vertraut, dass meine Tochter bei diesem Soldat sicher sei», sagte Hameed dem US-Sender CBS. Er überlege sich, seine Tochter zum zweiten Namen Marine zu nennen.

SDA/nih