Tötungsdelikt am BruggerbergDer «Höhlenmörder» muss in eine Klinik
Der Mann, der seinen Freund bei lebendigem Leib begraben hatte, wurde zu einer Freiheitsstrafe von über 19 Jahren verurteilt. Sie wird zugunsten einer «kleinen Verwahrung» aufgeschoben.
Das Obergericht des Kantons Aargau hat am Montag einen heute 25-jährigen Mann wegen Mordes und versuchten Mordes zu einer Freiheitsstrafe von 19 Jahren und zwei Monaten verurteilt. Aufgeschoben wird diese zu Gunsten einer stationären psychiatrischen Massnahme.
Mit seinem Entscheid wies das Obergericht die Berufung der Verteidigung ab und bestätigte das Urteil des Bezirksgerichts Brugg vom Oktober 2022. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann ans Bundesgericht weitergezogen werden.
Die Freiheitsstrafe wird zu Gunsten der stationären Massnahme für schwer gestörte Täter aufgeschoben. Diese hat kein im Voraus festgelegtes Ende. Die Entlassung hängt vom Behandlungserfolg ab. Die Massnahme wird deshalb im Volksmund auch «kleine Verwahrung» genannt.
Bei der Urteilseröffnung appellierte der vorsitzende Richter an den Beschuldigten. «Es liegt jetzt an Ihnen, Ihre Chance wahrzunehmen» und bei der Therapie so mitzumachen, dass sie Erfolg habe. Sei dies nicht der Fall, so drohe eine Verwahrung – «das muss Ihnen klar sein».
Der Schweizer hatte sich in den vergangenen Jahren im vorzeitigen Vollzug verschiedenen Therapieversuchen verweigert. Zudem fiel er mit Beschimpfungen, Drohungen und Tätlichkeiten gegenüber Betreuern und Insassen aufgefallen.
Ungünstige Prognose
Der Psychiater hatte dem jungen Mann eine schwere psychische Störung attestiert. Dennoch sei der Beschuldigte zum Zeitpunkt beider Taten voll schuldfähig gewesen. Die Prognose für ein künftiges deliktfreies Verhalten erachte er als «sehr ungünstig», sagte der Experte.
Die Staatsanwältin verlangte eine Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils. Der Verteidiger blieb mit seinen Anträgen chancenlos. Er wollte erreichen, dass sein Mandant als schuldunfähig eingestuft und freigesprochen werde. Darum verlangte er ein neues oder ergänzendes psychiatrisches Gutachten. Die Freiheitsstrafe sei im Fall eines Schuldspruchs deutlich zu reduzieren.
Dass der junge Mann eine stationäre Behandlung benötigt, war unbestritten. Anders als in der erstinstanzlichen Verhandlung forderte der Verteidiger nicht mehr kategorisch eine Massnahme für junge Erwachsene, die mit dem 30. Geburtstag enden muss.
Tödliche «Mutprobe»
Am 7. April 2019 brachte der Beschuldigte seinen 24-jährigen Kollegen unter dem Vorwand einer Mutprobe dazu, am Bruggerberg in eine enge Höhle zu kriechen. Dann versperrte er den Eingang mit Felsbrocken und Erde. Der lebendig Begrabene hatte keine Überlebenschance. Er erfror in der kalten Höhle.
Nur eine Woche zuvor hatte der Beschuldigte den gleichen Kollegen im Tessin einen Steilhang hinunter geschubst. Er überlebte mit Glück nur leicht verletzt und nahm an, es habe sich um ein Versehen gehandelt. Diesen Vorfall stufte das Gericht als versuchten Mord ein.
«Was sind Gewissensbisse?»
Ins Gericht gebracht wurde der Beschuldigte in Fussfesseln. Dies kontrastierte verstörend mit seinem weichen Kindergesicht. Auf Fragen antwortete er eifrig und wortreich. Manchmal verstand er nicht, was der Richter meinte. Als dieser ihn etwa fragte, ob er keine Gewissensbisse gehabt habe, fragte er zurück: «Was ist das?»
Im Gegensatz zur Tat am Bruggerberg bestritt der Beschuldigte, dass er den Freund im Tessin geschubst habe. Allerdings hatte er in den ersten Einvernahmen nach seiner Verhaftung von sich aus detailreich von dem Vorfall erzählt. Die Erzählungen stimmten überein mit dem, was der Freund seinen Eltern berichtet hatte. Das Gericht habe keine Zweifel, dass er den Freund gestossen habe, sagte der Richter.
SDA/pash/leu
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