«The Gentlemen»Guy Ritchie hat seine erste Serie für Netflix umgesetzt – cool und intelligent
Der Erfolgsregisseur bleibt seinen Themen treu: Der Achtteiler «The Gentlemen» zeigt, wie der britische Adel sich im Gangster-Dschungel bewähren muss.
Ganz felsenfest hat sich Freddy auf die Primogenitur verlassen, das adelige Erstgeburtsrecht (auch wenn er das Wort nicht richtig rausbekommt, «primogenital» stottert er …). Das Recht besagt, dass in einem britischen Adelsgeschlecht nach dem Tod des Vaters der erstgeborene Sohn alles erbt, den Titel, das Anwesen, den wertvollen Gainsborough im Salon – «Cornard Wood», geschätzte 8,4 Millionen Pfund wert – und vor allem: das Vermögen. Man kennt das zum Beispiel von William und Harry, den Söhnen von König Charles, der eine «the heir», der andere «the spare», der Reservenachkömmling.
Aber Ausnahmen sind auch bei der Primogenitur möglich, und bei der Testamentseröffnung erfährt Freddy, dass der Vater, der zwölfte Duke von Halstead, nicht ihn bedacht hat, sondern den jüngeren Bruder Eddie – was zu hitzigen Erregungsexzessen (du Brutus, du Judas), familiären Komplikationen, blutigen Missverständnissen führt.
Cannabisplantagen unter adligem Boden
«The Gentlemen» ist die erste Serie, die der Gangsterfilmer Guy Ritchie für Netflix kreiert, geschrieben und produziert hat, und die ersten beiden Folgen hat er auch inszeniert. Die Serie trägt denselben Titel wie Ritchies Erfolgsfilm von 2019. Beide behandeln einen wenig bekannten Aspekt der schwächelnden britischen Wirtschaft: wie geldknappe Adelshäuser ihren nutzlosen Grund grossen Kartellen zur Verfügung stellen für riesige unterirdische Cannabisplantagen. Wie geht man als Erbe mit dieser nicht ganz ungefährlichen Tradition um?
Guy Ritchie entwickelt das auf coole, intelligente, charmant-zynische Art und Weise, und immer wieder schaukelt sich der absurde Lauf der Ereignisse so irrwitzig hoch, dass sich alles nur in exzessiver Brutalität und mit viel Blut lösen kann.
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Daniel Ings («The Marvels») ist der unglückliche Freddy, er braucht das erwartete Geld ganz dringend, er hat Schulden bei Gangstern aus Liverpool, Kokain und Sportwetten, 8 Millionen Pfund – die Hälfte davon gnadenlose Zinsen. Theo James («The White Lotus») ist Eddie und durchaus bereit, dem Bruder zu helfen. Dafür tut er sich mit Susie Glass (Kaya Scodelario) zusammen, die die hochherrschaftlichen Cannabisplantagen koordiniert, für ihren Vater, der gerade einsitzt – es ist eine grosse Freude, Ray Winstone zuzuschauen, wie er sein Luxus-Knastleben auskostet.
Eddie ist im Grunde seines Herzens ein Familienmensch, er will möglichst schnell (aber auch profitabel) raus aus dem Cannabis-Deal. Ein Gegenspieler ist der undurchschaubare Mr. Johnston, mit einem t (Giancarlo Esposito). Die Dinge müssen sich ändern, um gleich zu bleiben, ist sein Motto. Der Adel, der in einem Zoo lebt, muss zurück in den Dschungel der Gangster. Dort aber gilt: Je weniger man mit Kriminellen zu tun haben will, desto stärker muss man selbst kriminell werden.
«The Gentlemen» (8 Folgen) läuft auf Netflix.
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