Der EM-Knüller in der StadtSommer-Leiden an der Langstrasse
Zwei Gefühlswelten, getrennt durch wenige Meter. Wie die spanischen und die Schweizer Fans 120 Minuten und 9 Penaltys durchlebten.
Kann noch etwas schiefgehen? Eigentlich nicht. Schliesslich haben wir Yann Sommer. Ungefähr so lässt sich die Stimmungslage im Piccolo Giardino zusammenfassen, als das Penaltyschiessen ansteht.
Wir verfolgen den EM-Viertelfinal mitten im Fangedränge beim Schöneggplatz, im Zürcher Langstrassen-Quartier, wo die Schweizer Fans und jene des spanischen Nationalteams in Rufdistanz die Partie verfolgen. Hier die Schweizer Fans, die beide Strassenseiten besetzen und auch in der nahe gelegenen Hotelbar lautstark mitfiebern. Dort – keine 100 Meter entfernt – die Spanier in der Toro Bar. Von Anfang an gehen sie emotionaler mit dem Spiel mit, auch wenn das stereotypisch klingen mag.
Das hat auch damit zu tun, dass die Partie für sie läuft. Die Spanien-Fans sind hier in der klaren Überzahl. Aber bei einigen von ihnen ist durchaus eine Zerrissenheit spürbar, weil sie zum Schweizer Team sehr wohl auch eine gewisse Nähe haben. Es vermischen sich «Hopp Elvedi»-Rufe mit «Viva España».
Im Piccolo Giardino geht es entspannter zu und her. Der Fernseher mit dem schwarzen Streifen mitten durchs Bild hat schon bessere Tage gesehen. Der Ton? Ist vielleicht in den ersten zwei Reihen zu hören.
Trotzdem waren die Sitzplätze sehr begehrt. Um 15 Uhr, drei Stunden vor Anpfiff, waren alle Stühle auf der Terrasse besetzt. Und sie werden nur nach 90 Minuten kurz frei, als viele vor der Verlängerung den Toilettengang wirklich nicht mehr länger aufschieben können.
Es ist ja auch spannend! Das merkt auch, wer nicht permanent auf den Bildschirm linst: Die Übertragung auf der anderen Strassenseite ist etwas schneller, entsprechend hören die Fans im Piccolo Giardino stets akustisch, wenn es brenzlig wird. Und das wird es, je länger das Spiel läuft, desto öfter.
Es sind Tausende, und sie feiern
Aber da ist ja dieser eine Schweizer Spieler, dem das alles nichts anzuhaben scheint. Sommers Paraden werden je länger, desto frenetischer gefeiert – jene in der Verlängerung so laut wie das einsame Schweizer Tor.
Irgendwann ist diese durchzittert. Penaltyschiessen. Auf der Militärstrasse ist zu dem Zeitpunkt für Autos längst kein Durchkommen mehr. Auf der Langstrasse dasselbe Bild. Alle versuchen, irgendwo einen Blick auf einen TV-Bildschirm zu erhaschen. Es sind Tausende. Und sie feiern: den Pfostenschuss der Spanier. Die Parade Sommers. Und werden doch ganz still, als die Schweizer Bälle einfach nicht den Weg ins Tor finden wollen.
Als beim letzten spanischen Penalty auch Sommer machtlos ist, wirkt es, als habe jemand das Stromaggregat abgestellt. Der Lärm in der Schweizer Kurve, zwischen Piccolo Giardino und Hotelbar, ist von einer Sekunde auf die andere weg.
Laut ist es nur noch drüben in der Toro Bar. Dort aber noch eine ganze Weile. Irgendwann erholen sich auch die Fans in den roten Schweiz-Trikots. Und feiern an der Langstrasse weiter. So nah an der nächsten Fussballsensation waren sie schliesslich noch nie.
Fehler gefunden?Jetzt melden.