Unerschrockene UreinwohnerinSie wartete 50 Jahre auf eine Entschuldigung
Sacheen Littlefeather verweigerte 1973 im Auftrag von Marlon Brando einen Oscar – und wurde in der Folge systematisch diffamiert. Jetzt erst hat die Akademie öffentlich reagiert.
Sie nimmt es auf die beste Art: mit Humor. «Wir Indianer sind ausgesprochen geduldige Leute», sagte die heute 75-jährige Indigene Marie Louise Cruz, die sich Sacheen Littlefeather nennt, «es sind ja erst 50 Jahre vergangen.» Humor, fügte sie hinzu, sei «unsere Methode des Überlebens».
Damit kommentiert die Schauspielerin, Regisseurin und Bürgerrechtsaktivistin eine späte Einsicht. Denn Anfang Woche wurde ein Brief publik, den David Rubin der Geduldigen vor einem Jahr geschrieben hatte. Der Präsident der Oscar-Akademie entschuldigte sich darin für die Demütigungen, die Cruz bei der 45. Oscarverleihung und danach hatte erdulden müssen. Diese seien «anhaltend, unbegründet und nicht gerechtfertigt» gewesen.
John Wayne wollte auf sie los
Was war passiert? Die damals 26-jährige Aktivistin war 1973 vom Schauspieler Marlon Brando gebeten worden, an seiner Stelle aufzutreten, sollte er für seine Rolle in Francis Ford Coppolas Mafiafilm «The Godfather» den Oscar als bester Schauspieler erhalten. So kam es, und statt Brando betrat Sacheen Littlefeather in traditioneller Tracht die Bühne, wies die von Roger Moore angebotene Oscarstatue zurück, begründete in einer kurzen, improvisierten, ruhig vorgetragenen Rede Brandos Weigerung, den Filmpreis anzunehmen. Der Schauspieler bezog sich auf die Benachteiligung, welche die Indianerinnen und Indianer immer noch erdulden müssten.
Explizit solidarisierte sich Brando mit der damals laufenden Besetzung der Stadt Wounded Knee durch indianische Aktivisten, um gegen die schlechte Behandlung von Ureinwohnern zu protestieren. In Wounded Knee, South Dakota, hatten Soldaten der US-Armee am 29. Dezember 1890 gegen 300 Lakota-Indianer massakriert – Männer, Frauen und Kinder.
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Marlon Brando hatte eine lange Begründungsrede für seine Absage geschrieben, seine indianische Vertreterin musste sich auf Anordnung der Oscarfeier-Verantwortlichen auf sechzig Sekunden beschränken. Dennoch wurde sie von einem Teil des Oscar-Publikums ausgebuht und musste die Bühne unter Sicherheitsschutz verlassen. Backstage hinderten mehrere Männer den Western-Schauspieler John Wayne daran, auf seine Kollegin loszugehen. Andere Weisse hinter der Bühne verhöhnten und beschimpften sie.
Sie freut sich trotzdem
In der Folge wurde Littlefeather, deren Auftritt vor 85 Millionen Zuschauern als erste Protestrede der Oscarverleihungen gilt, systematisch diffamiert. Einzelne Medien behaupteten, dass sie gar keine echte «Native American» sei, dass sie ihre Rede nur der eigenen Karriere als Schauspielerin wegen gehalten habe und dass sie ohnehin nichts Weiteres sei als Marlon Brandos Geliebte. Nichts davon sei wahr, bekräftigte Littlefeather im Gespräch mit der BBC. Letztes Jahr eröffnete sie dem «Guardian», dass sie schwer an Brustkrebs erkrankt sei.
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Dennoch freut sich die 75-jährige Aktivistin über die öffentliche Entschuldigung der Akademie. Diese will sie an einer Feier im September im ganzen Wortlaut vortragen. Der Anlass soll im neuen, von Renzo Piano mitentworfenen Filmmuseum von Los Angeles stattfinden, das sich in seinen Ausstellungen demonstrativ um politische Korrektheit bemüht.
Den Oscar-Vertretern wird seit Jahren vorgeworfen, alte weisse Männer zu bevorzugen sowie Frauen und ethnische Minderheiten zu benachteiligen. Da kommt die Entschuldigung bei einer amerikanischen Ureinwohnerin gerade recht. Auch fast fünfzig Jahre nach ihrem Protest.
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