Schöner Schein
Der Dokfilm über das Fyre-Festival zeigt, wie der Anlass legendär gescheitert ist, und legt die Leere der Influencer-Kultur offen.
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Sie zahlten Abertausende von Dollars, um dabei zu sein. Geblieben sind vom Fyre-Festival aber keine schönen Bilder, sondern Szenen von Plünderungen und Fotos von durchnässten Matratzen, die im April 2017 auf den Social-Media-Kanälen kursierten. Und dann tauchte noch ein weiteres Bild auf: Zwei Scheiben trockenes Brot, ein Stück Käse und ein bisschen Salat lagen da verloren in einer Takeaway-Box – anstelle von Instagram-optimiertem Essen, das den 5000 Besuchern des Fyre-Festivals versprochen worden war.
Das Bild des Sandwichs steht längst stellvertretend für das Desaster am Fyre-Festival. Glaubt man dem Dokumentarfilm «Fyre: The Greatest Party That Never Happened», der seit Freitag auf Netflix zu sehen ist, dann war dieses auch der endgültige Grund für den Abbruch der Veranstaltung, bevor sie richtig begonnen hatte.
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Essen, das instagrammable ist (und schmeckt)? Fehlanzeige, wie das Bild eines Festivalbesuchers zeigt. Quelle: Twitter
Das Luxusfestival wurde vom brillanten Verkäufer Billy McFarland, einem sogenannten Tech Entrepreneur, und dem alternden Rapper Ja Rule initiiert. Sie verkauften das Festival als Wunschtraum, den sich nur die reichen Kinder leisten können. Influencer und Supermodels wie Kendall Jenner liessen sich für einen aufwendig inszenierten Werbefilm einspannen, was bereits reichte, dass die horrend teuren Tickets rasch ausverkauft waren. Schöne Leute, grossartige Musik und eine atemberaubende Landschaft auf einer Privatinsel, die einst dem Drogenbaron Pablo Escobar gehörte – was will man mehr?
Die Antworten sind ganz einfach: Toiletten beispielsweise. Trinkwasser auch. Oder einen trockenen Ort zum Schlafen. An jeglicher funktionierender Infrastruktur mangelte es, als die noch frohgemuten Besucher auf der Insel, die natürlich keine Privatinsel war, von Miami her eintrafen. Bevor das Chaos ausbrach.
Kein Mitleid mit den betrogenen Rich Kids
Es ist beim Schauen des Dokumentarfilms das Naheliegendste, Schadenfreude zu bekunden. Und sich nochmals darüber lustig zu machen, wie diese Rich Kids, die den Besuch des Festivals auch als sozialdarwinistische Geste gegen die Loser daheim in ihrem traurigen Alltag verstanden, gestrandet sind. Und natürlich: Mitgefühl muss man für sie nicht empfinden, auch nicht für den scharlatanähnlichen Billy McFarland, der letzten Herbst wegen betrügerischer Geschäfte zu sechs Jahren Haft verurteilt worden ist. Mitgefühl gibts nur für die einheimischen Arbeiter, die noch immer auf ihr hart erarbeitetes Geld warten.
Der Fall des Fyre-Festival, der neben dem Netflix-Film auch in einer Dokumentation des Streamingkonkurrenten Hulu behandelt wird, legt auch die Leere der Influencer-Kultur offen – die fähig ist, von Investoren Millionen von Dollars an Land zu ziehen. Und zu verbrennen.
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Das Gegenteil vom erhofften Luxus: Chaos. Eine Fahrt durch das Zeltlager des Festivals. Quelle: Twitter
Das Fyre-Festival ist in gewissem Sinne das radikalste Festival der Geschichte. Denn McFarland und seine Komplizen haben nur das auf die Spitze getrieben, wonach sich die Besucher von Festivals heute sehnen. Nach Luxus, nach Exklusivität auch, die heute etwa das Coachella-Festival in der kalifornischen Wüste bietet. Nicht zu vergessen ist jener Faktor, den Festivals auch hierzulande seit je versprechen: Dabei sein bei einem Moment, der historisch oder legendär werden könnte.
Wie war das noch mal mit Woodstock?
Man darf dann schon fragen, ob denn das Woodstock-Festival – dessen 50. Geburtstag man in diesem Jahr nostalgisch feiern wird – so sehr anders war als das Fyre-Festival. Denn schlitterten die Woodstock-Veranstalter nicht haarscharf an einer organisatorischen Katastrophe vorbei, die dank dem mythischen Konzertfilm längst übertüncht worden ist?
Tatsächlich erhofften sich die Organisatoren des Fyre-Festival, dass sie noch einmal davonkommen, wie im Film zu sehen ist. So wie die Macher des Woodstock-Festivals. Stattdessen wird ihr Festival nun mit jener Veranstaltung verglichen, die im Dezember 1969 die Friedensträume der Hippies beerdigte: Es war das Free Concert im kalifornischen Altamont, wo ein Afroamerikaner von den Hells-Angels-Securities erstochen wurde.
«Fyre: The Greatest Party That Never Happened» auf Netflix
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