Frau Meyer, wie viele Abweichungen vom Fahrplan gab es am Donnerstagabend?

Ein grosser Teil der Züge war verspätet. Im Schnitt haben wir pro Tag rund 800 Abweichungen vom normalen Fahrplan. Am Donnerstag waren es mehrere Tausend. Es benötigte wirklich alle Kräfte, um die Probleme zu beheben.

Die Kaltfront wurde lange zuvor angekündigt. Würden sich die flächendeckenden Verspätungen nicht verhindern lassen?

Sie lassen sich lediglich reduzieren. Es ist wie zu Hause: Wenn innert Kürze so viel Schnee fällt, schafft man es nicht unmittelbar, alle Wege auf einmal schwarz zu räumen. Jede Weiche ist potenziell gefährdet, einzufrieren, weil die Weichenheizungen kaum nachkommen, den Schnee zu schmelzen. Auch alle Züge, die sich gerade nicht bewegen, drohen eingeschneit zu werden. Einige Lokführer kommen zu spät, weil die Züge, mit denen sie anreisen, verspätet sind. Das alles auf einmal zu beheben, ist sehr zeitaufwendig. Unser Ziel war es, dass alle Passagiere nach Hause kommen. Und das ist uns – unter Inkaufnahme von teils grossen Verspätungen – auch gelungen.

Wie haben sich die SBB auf die Situation vorbereitet?

Wir haben zusätzliche Lokführer im Einsatz, die Züge bewegen, damit sie nicht eingeschneit werden. Ebenso mussten die Bügel, die an die Fahrleitung reichen und die Lok mit Strom versorgen, bewegt werden. Auch sie frieren leicht ein. Wir haben Gleisarbeiter im Einsatz, die Weichen überwachen und sie bei Bedarf freischaufeln oder mit Bunsenbrennern enteisen. Und wir haben zusätzliche Leute aufgeboten, die Perrons freischaufeln.

Dann muss man immer mit Ausfällen und erheblichen Verspätungen rechnen, wenn es so stark schneit?

Ausfälle mussten wir insgesamt nur wenige verzeichnen. Verspätungen allerdings sind bei solchen Schneefällen immer zu erwarten. Vor allem wenn ein Tiefdruckgebiet wie gestern die ganze Schweiz betrifft. Die Störungen haben sich mit der Kaltfront von Westen nach Osten bewegt. Wenn in der Westschweiz die ersten Störungen auftauchen, hat das rasch auch Einfluss auf den Verkehr im Mittelland und im Osten. Innert zwei Stunden war die ganze Schweiz betroffen.

Wie kann ich mich als Fahrgast auf einen solchen Schneefall vorbereiten?

Passagiere sollten sich frühzeitig über die aktuellen Fahrpläne informieren wie etwa die App. Wir versuchen dort, so gut wie möglich über alle Unregelmässigkeiten zu informieren. Das ist uns gestern leider nicht gelungen, da die App im Verlaufe des Abends vorübergehend ausgefallen ist. Das ist aufgrund der vielen Abfragen entstanden. Die Verspätungen wurden nicht mehr richtig angezeigt. Die Anfragen waren sehr hoch, sodass die Echtzeitdaten teilweise nicht auf den Fahrplan übertragen wurden. Das war keine gute Leistung, und wir entschuldigen uns dafür.

Wird es in Zukunft wieder zu Ausfällen der App kommen bei ähnlichen Ereignissen?

Das wollen wir vermeiden und sind dran, zu klären, weshalb es so weit kam. Normalerweise fahren die Server bei grossen Störungen automatisch ihre Kapazität hoch. Wenn die Störungen punktuell sind, gelingt uns das auch sehr gut. Da der gestrige Schneefall zu einer sehr hohen Anzahl Nachfragen in der ganzen Schweiz geführt hat, waren die Server überlastet.

Wie lange dauert es nun noch, bis die Züge auf dem Schweizer Netz wieder fahrplanmässig rollen?

Die Züge fahren mittlerweile alle wieder, wenn auch einzelne Verbindungen noch immer mit Verspätungen. Schweizweit gesehen liegen wir aber seit 15 Uhr wieder auf einem Pünktlichkeitswert von über 90 Prozent.