Schach-Grossmeister spielt gegen Kinder
Für die Kinder von Chess4Kids war es ein Erlebnis: Sie spielten gegen den US-Grossmeister Maurice Ashley, den die Schachschule auf einen Besuch in Horgen eingeladen hat.

Mehr als eine halbe Stunde lang ist der 11-jährige Alexander höchst konzentriert vor seinem Schachbrett gesessen. Nun rutscht er ein bisschen unruhig auf dem Stuhl herum, wippt mit den Beinen. Doch die Aufmerksamkeit auf die Schachfiguren kehrt zurück, als sein Gegenspieler Maurice Ashley näherkommt und vor seinem Brett haltmacht. Alexander ist jetzt am Zug, er verschiebt einen schwarzen Läufer. Der 51-jährige Ashley überlegt kurz und rückt einen Springer vor. Zwei Schritte, dann steht er vor dem Brett von Alexanders Nebenspieler.
Gespielt wird simultan. Ashley nimmt es am Mittwochnachmittag im Horgner Vereinslokal von Chess4Kids gleichzeitig mit 16 Mädchen und Buben sowie zwei älteren Teilnehmern auf. Alexander schreibt die beiden soeben gespielten Züge auf. «Er wird die Partie zu Hause nochmals nachspielen», sagt sein Vater Tore Bratvold. Er redet im Flüsterton, wie alle zuschauenden Eltern im Raum. Denn stören will keiner.
Alexander ist im Spiel auf den 64 Feldern talentiert. «Kürzlich ist er an der Zürcher Meisterschaft bei den U13-Jährigen Zweiter geworden», flüstert der Papa noch.
Dank sozialer Medien
Ashley ist kein gewöhnlicher Erwachsener, der Schach spielt. Er ist vielmehr ein Ausnahmekönner seines Fachs und der erste Afroamerikaner, der einen Grossmeistertitel trägt. Diese seltene Auszeichnung bekam er 1999 an einem Turnier in New York. Hierzulande sind erst vier gebürtige Schweizer zu Grossmeistern ernannt worden. Ashley wurde vor Jahresfrist in die US Chess Hall of Fame aufgenommen. Er ist als Botschafter des Spiels mit der über 1500-jährigen Geschichte weltweit unterwegs. Nach Horgen brachte ihn das soziale Netzwerk Linkedin. Ein paar Chats mit Bea Johner, der Leiterin von Chess4Kids, und die Sache kam ins Rollen.
Der unterhaltsame Nachmittag unterstreicht, dass Schach keine Altersgrenzen kennt, Jung gegen Alt antreten kann. Dass es allerdings zu einem ungleichen Kräftemessen kommen würde, war von vornherein klar. Nachdem der Grossmeister rund 25- mal an jedem Brett an den Tischen vorbeigeschaut hat, streichen die ersten Mädchen und Buben die Segel. Auch Alexander gibt wenig später auf. Flüsternd bittet sein Vater um ein Autogramm und ein Selfie mit dem Grossmeister.
Knirps bietet Paroli
Usanz ist, dass das finale Matt den Verlierern erspart bleibt, die Unterlegenen vorzeitig die Niederlage akzeptieren. So handhabt es auch Noe Lassoued, einer der älteren Teilnehmer. «Ich respektierte die Überlegenheit des Gegners», sagt er. Plötzlich habe ihm der zweite Turm gefehlt, damit sei es nach 30 Zügen zu Ende gewesen.
Erstaunlich lange Paroli bietet der erst sechsjährige Kishan seinem Widersacher Paroli. Ashley kommt vor dessen Brett durchaus ins Grübeln, ehe er ihm respektvoll zur Leistung gratuliert. Als letzter Schüler bleibt schliesslich der zwölfjährige Lennox Binz im Rennen. Ashley setzt sich für die Endphase nun seinerseits auf einen Stuhl, umringt von Zuschauern. Die Sensation bleibt aus, aber der Grossmeister sagt lobend: «Lennox und auch Kishan sind schon fast erschreckend talentiert.» Sie hätten ideenreich gespielt und auch unter Druck gewusst, was zu tun sei.
Zu seiner Stippvisite in Horgen, die heute Abend mit einem Abschlussfest im Vereinslokal zu Ende geht, sagt er: «Ich fühle mich sehr entspannt.»
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