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Regenschirme und donnernde Bässe am Obersee

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Ein zufriedenes Publikum.
Trotz der bisweilen ungemütlichen Witterungsverhältnisse herrschte...
...beim Auftritt des Hamburger Sängers Jan Delay und seiner Band Disko No. 1 beste Stimmung.
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Jetzt erst recht, sagten sich 5100 Blues'n'Jazz-Fans am Freitag und strömten trotz der kühlen Temperaturen und der angesagten Regenschauer aufs Festgelände. Bis zum Schluss harrten dann aber, verglichen mit anderen Jahren, doch nicht mehr allzu viele aus. Denn bald nach Konzertbeginn setzte ein heftiger Dauerregen ein. Die Schuld dafür nahm Bob Geldof – ganz der Held – sogleich auf sich: «We come from Ireland so we've brought you the rain.»

1984 hatte er mit seinem nicht ganz unumstrittenen soziopolitischen Engagement zugunsten der Opfer der Hungersnot in Äthiopien weltweit für Schlagzeilen gesorgt: Er nahm den Song «Do they know it's Christmas» zusammen mit Stars wie Sting und Bono auf und machte daraus eine der meistverkauften CDs überhaupt. Auch in den folgenden Jahren generierte der Ire Millionen mit den «Live Aid»-Konzerten, was ihm sogar eine Nominierung für den Friedensnobelpreis einbrachte. Als Rock- und Popmusiker gründete der heute 65-Jährige 1975 die «Boomtown Rats», die er in Rapperswil wieder aufleben liess mit dem an irische Volksmusik erinnernden «I don't like Mondays» als Auftakt und «The Great Song of Indifference» zum Schluss. Dazwischen der beliebte Mix aus Pop und Rock. Leider sprang der Funke nicht ganz vom Star auf die Fans über, denn sie waren getrennt durch einen vom Dach der Bühne niederplatschenden Wasserfall! «Shit, this rain», kommentierte Geldof.

Initimes Jazzspiel

Dabei hatte der Abend doch so stimmungsvoll und vor allem trocken begonnen mit Johnny Fontane and The Rivals und seiner charismatischen Gastsängerin Justina Lee Brown auf dem Curtiplatz. Und mit Soulvirus, der 2003 gegründeten Schweizer Soul-Funk-Band, auf dem Fischmarktplatz.

Doch bereits um 20.00 Uhr öffneten sich dann die Schleusen. Trotzdem drängelten die Leute – so weit es die Schirme zuliessen – nach vorn, um die knapp 16-jährige Jazzpianistin Emily Bear, die schon für Barak Obama, in der Carnegie Hall, in Montreux gespielt hat, aus nächster Nähe zu bewundern. Und das lohnte sich wahrlich: Echterer Jazz war dieses Jahr am Blues'n'Jazz nicht zu hören. Mit unglaublicher Leichtigkeit und Sicherheit flogen ihre Hände über die Tasten, dabei wirkte die junge Amerikanier völlig entspannt. Ebenso souverän führte sie ihre Songs ein: der folgende Song sei für Grandma, habe sie als Neunjährige geschrieben, und sei ihrem Mentor Quincy Jones gewidmet. Überhaupt strahlte ihr Auftreten eine Heiterkeit aus, die sich von Beginn weg auf das Publikum übertrug. Tosender Applaus war dem Teenager, ihrem Bassisten und dem Schlagzeuger darum sicher. Auf dem Fischmarktplatz begeisterte währenddessen Popa Chubbys laut-wilder Bluesrock – welch ein Gegensatz zu Bears intimem Jazzspiel.

Danach nistete sich Toronzo Cannon auf der Curtiplatzbühne ein, der, obwohl ein echter Shooting Star des Blues, leider ein wenig im Schatten von Bob Geldof stand. Cannon sang denn auch von den Schattenseiten des Lebens- Vom «Chicago Way», wie seine neue CD heisst. Und man nahm dem Busfahrer von Chicago, der auf einer Linkshänder-Gitarre spielte, jedes Wort ab. Die kraftvolle, elastische Stimme und der melancholische Blues-Sound begeisterten und verleiteten einige trotz des Regens zum ekstatischen Tanzen. Wenigstens konnten sie sich dabei etwas aufwärmen, denn es war windig am Seeufer. Am windigsten auf dem Kapuzinerzipfel, wo für einmal kein romantischer Sonnenuntergang zu bewundern war, sondern ein regelrechter Sturm die kleine Bühne beinahe wegfegte. Frank Powers liess sich allerdings nicht beirren und hielt das Publikum an, gegen den Wind anzupfeifen. Das gab sich alle Mühe, lauschte dann aber lieber seiner geschmeidigen Stimme.

«It is so beautiful»

Am Samstag liess sich die Sonne zwar ebenfalls nicht blicken, aber es regnete auch nicht mehr, sodass sich 7500 Interessierte auf dem Festgelände einfanden und eine entspannte Volksfeststimmung aufkam. Headliner war die Berner Mundartband Züri West, die eigentlich ebenso wenig wie Jan Delay am Donnerstag und Bob Geldof am Vortag zur Blues-und-Jazz-Szene gehört. Aber jedes Festival braucht Publikumsmagnete, und das ist die Band mit 30-jähriger Geschichte um ihrem populären Frontmann Kuno Lauener allemal. Nach längerer Funkstille haben sie im Frühling ihre neue CD «Love» veröffentlicht. Einige der neuen Songs gab Züri West in Rapperswil zum Besten, wie zum Beispiel «Verchoufe Ds Huus», der Song eines Aussteigers und «Quitte» über das Älterwerden. Laueners Lieder bestechen dank der Einheit von Text und Melodie: jedes Wort sitzt. Leider verstand man diese als Zuschauer nicht immer, so dominant waren die Bässe bisweilen.

Den Auftakt am Samstag hatten die CC Smugglers auf der Curtibühne gemacht: Sechs junge Briten – Lehrer und Sozialarbeiter –, die Jazz, Blues, Folk und Country zu einem eigenen Sound kombinieren. «New Roots Music» nennen sie ihre Musik, die die keltischen Wurzeln nicht verleugnen kann. Ihr ungekünstelter, vergnüglicher Auftritt verbreitete allseits gute Laune. Nicht weniger authentisch Marc Amacher, der sich ohne grosse Begeisterung zu einer Teilnahme bei der letzten Staffel «The Voice of Germany» hatte überreden lassen und es dann gleich bis ins Finale schaffte. Mit seiner rauen Stimme und seiner sprühenden Energie sang er sich in die Herzen der dicht an dicht stehenden Zuhörenden. Darunter befand sich auch Thomas Furrer, der Rapperswiler Bauchef, der das Konzert des Strassenbauers mit einem Schmunzeln im Gesicht sichtlich genoss.

Nur ein Musiker kam in diesem Jahr solo ans Blues'n'Jazz: der 18-jährige Elsässer Flo Bauer. Doch auf der winzigen Bühne auf dem Kapuzinerzipfel – wohl die schönste Bühne der Schweiz – musste er sich nicht verloren vorkommen. Gleich nach ihm trat die Blues-Sängerin Kyla Brox aus Manchester auf, die schon sieben mal für den britischen und drei mal für den European Blues Award nominiert worden war. Sie begeisterte mit ihrer höchst dynamischen und kraftvollen Stimme. «Sa voix est super», kommentierte Flo Bauer voller Bewunderung.

Das Blues'n'Jazz-Festival hat sich in den letzten 20 Jahren zu einem festen Bestandteil der Schweizer Musikszene gemausert, was allerdings nicht heisst, es müsse nicht weiterhin für seine finanzielle Absicherung kämpfen. Deshalb wurden dieses Jahr die kostenlosen Sonntagnachmittagskonzerte gestrichen. Es bleibt zu hoffen, dass ein weiterer Abbau verhindert werden kann, denn das Festival ist eine Bereicherung für die Stadt Rapperswil-Jona. «Rapperswil is unreal – it is so beautiful», brachte es die Jazzpianistin Emily Bear auf den Punkt. «You must be happy to live here.»