Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Medien-Mogul steigt bei Messe Schweiz ein
Murdoch musste Zugeständnisse an den Messestandort Basel machen

James Murdoch (r.) hat sich in gewissen Geschäftsbereichen von seinem Vater Rupert Murdoch distanziert. Ihm geht es um mehr Nachhaltigkeit bei seinen Investitionen. Er soll politisch auch weniger konservativ sein als sein Vater.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Es war wohl nicht übertrieben, als Ueli Vischer, Verwaltungsratspräsident der Messe Schweiz Group (MCH), von «der wichtigsten Entscheidung seit der Gründung des Unternehmens» sprach. Am Freitagmorgen trat Vischer zusammen mit MCH-CEO Bernd Stadlwieser vor die Medien und verkündete offiziell, was schon seit Tagen durchsickerte: James Murdoch, Sohn des australischen Medienmoguls Rupert Murdoch, steigt mit seiner Lupa Systems LLC bei der MCH ein. Mit einem Aktienkapital zwischen 30 und 44 Prozent.

Vischer wählte ungewöhnlich deutliche Worte. «Wir sind zum Sanierungsfall geworden», sagte er, weshalb ein striktes und konsequentes Handeln unabdingbar geworden sei. Auch andere Bewerber interessierten sich für eine Beteiligung. Doch am Ende fiel die Wahl auf Murdoch. «Er investiert bis zu 75 Millionen Franken und lässt sich langfristig binden, will heissen: Er ist eine Verpflichtung eingegangen, nicht bald wieder zu gehen», sagte Vischer.

Murdoch selber war am Freitag nicht in Basel, er wurde via einer Videobotschaft zugeschaltet. In dieser entschuldigte er sich, dass er nicht habe kommen können und begründete das mit den Corona-Reiserestriktionen. Die MCH sei eine «grossartige Firma», und er wolle dazu beitragen, dass sie auch in der Zukunft von Basel und Zürich aus operieren könne. «Die Welt veränderte sich schon vor Corona und wird sich auch noch weiter verändern», so Murdoch. Was genau er aber für Pläne hat mit der MCH, das sagte er nicht.

Fünf Jahre lang mindestens soll Murdoch sein Aktienpaket behalten. Will er dann verkaufen, so muss ein neuer Investor die Verpflichtung für weitere zehn Jahre übernehmen. So jedenfalls der Plan. Die MCH geht davon aus, auf diese Weise eine schnelle Spekulation unterbunden zu haben. Wichtig für die Wahl Murdochs sei auch gewesen, dass er die neue MCH-Strategie «zu 100 Prozent mitträgt», wie Vischer sagte. Murdoch sei bereit, «sich in der Messe zu engagieren», weshalb von «smart money» gesprochen werden könne; damit ist mehr als Finanzierungshilfe gemeint – es geht auch um Erfahrungen, Kontakte und Beratung.

Begehrtes Know-how

Die zentrale Frage war: Was bedeuten diese Änderungen für das Filetstück der MCH, für die Art Basel? Zunächst mal keinen Verkauf, wie Stadlwieser unterstrich. Und Vischer schob nach: «Wir wollen die Art Basel nicht verkaufen, auch wenn das möglicherweise viel Geld bringen würde. Wir wollten die Gesellschaft nicht einem Investor übergeben. Deshalb hat Murdoch unsere Einschränkungen akzeptiert.» Vischer sprach von der «DNA unserer Gesellschaft», die auch weiterhin in der Schweiz Messen organisieren und veranstalten wolle. Das hat nicht zuletzt etwas mit den Hallen zu tun, die sich im Portfolio der MCH befinden. Die Immobilien seien zwar ein Problem in der MCH-Bilanz, sagte Vischer, doch auch ein wertvolles Anlagegut.

Murdoch, der im VR sitzen wird, soll wichtiges Know-how hineinbringen, wie sich die Art Basel besser zu Geld machen lassen kann, da diese Plattform international sehr bekannt ist. Als Ideen wurden Podcasts oder Masterclasses genannt. Mehr Details wollten Vischer und Stadlwieser dazu nicht verraten, nur so viel: «Wir wollen einen Mehrwert für die Kunden und unsere Galeristen schaffen.» Das alte Messe-Format werde zunehmend abgelöst, erklärte Stadlwieser, das sei ein internationale Entwicklung – und gerade im Bereich Technik gäbe es bei der MCH noch einiges nachzuholen.

Murdoch gilt als Mann mit grossen Kenntnissen, gerade auch im Technikbereich, so hat er bereits andere Medienunternehmen, sitzt bei dem Elektroautounternehmer Tesla im VR, und er war bei dem Kunstauktionshaus Sotheby’s ebenfalls im VR.

Doch in trockenen Tüchern ist die MCH-Rettung und -Neustruktur damit noch nicht ganz. Am 3. August kommt es zu einer ausserordentlichen GV. Der grösste private Aktionär, Erhard Lee, kündigte bereits Widerstand an. Vischer geht aber davon aus, dass er die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit erhält und somit der Einstieg Murdochs besiegelt werden kann.

Ueli Vischer verlässt MCH

Gelingt dies, ist die drohende Pleite vorerst abgewendet: Einerseits durch die Umwandlung eines Darlehens von 30 Millionen Franken des Kantons Basel-Stadt in Eigenkapital, andererseits durch eine Kapitalerhöhung von 74,5 Millionen Franken, an der sich alle Aktionäre durch die Ausübung ihrer Bezugsrechte beteiligen können. Lupa Systems LLC ist bereit, die neuen Aktien vollumfänglich zu übernehmen und alle Aktien zu erwerben, die nicht von den Aktionären bezogen werden.

Ein Drittel des Aktienkapitals bleibt in den Händen des Kantons Basel-Stadt, des Kantons Zürich sowie der Stadt Zürich. Die Kapitalbasis wird auch darum gestärkt , da der Kanton Basel-Landschaft sowie die Basler Kantonalbank die Rückzahlung der Anleihen um fünf Jahre hinausschiebt.

Diese Schritte haben zur Folge, dass der Verwaltungsrat neu aufgestellt und mit anderen Befugnissen ausgestattet wird. So wird Murdoch mit seinem Anteil von mindestens 30 Prozent ein Ankeraktionär – er erhält auch drei Sitze im Verwaltungsrat . Dieser wird verkleinert und umfasst künftig nur noch neun Sitze. Drei wird die öffentlich-rechtliche Seite innehaben, wobei nur noch ein Sitz dem Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt vorbehalten bleiben soll. SP-Finanzdirektorin Tanja Soland wird an der ausserordentlichen Generalversammlung zurücktreten. Drei Sitze stellen die freien Aktionäre. Überdies wird Ueli Vischer an der ordentlichen Generalversammlung der MCH 2021 abtreten.

James Murdoch konnte aufgrund der Corona-Restriktionen nicht persönlich nach Basel kommen und sandte deshalb per Video eine kleine Botschaft nach Basel.