AboInterview mit russischem Aktivisten«Mobilisierte können überall hingeschickt werden, auch in die Kampfzone»
Sergei Kriwenko und seine Leute unterstützen Russen, die nicht zum Militär und in die Ukraine wollen. Doch Behörden und Gesetze erschweren es immer mehr, dem Einsatz zu entgehen.
Herr Kriwenko, immer mehr Frauen und Mütter berichten im Internet davon, dass ihre mobilisierten Männer und Söhne unvorbereitet und ohne Ausrüstung in den Krieg geschickt wurden.
Zunächst muss man verstehen, dass diese Meldungen kein vollständiges Bild abgeben. Die Militärbehörden sprechen von 300’000 Mobilisierten, aber schon dazu gibt es viele Fragen. Journalisten haben versucht, die Lage mithilfe von Standesamtsbescheinigungen einzuschätzen, und sind auf 500’000 Mobilisierte gekommen. Die Nachrichten im Internet betreffen Dutzende, Hunderte oder Tausende, die Ausmasse sind schwer zu beurteilen. Wahrscheinlich sind zwischen 30’000 und 50’000 Menschen nach der Mobilmachung direkt in den Krieg geschickt worden, ohne Ausbildung. Die Militärbehörden sagen, sie hätten erst kürzlich in der Armee gedient, ihren Militärberuf noch nicht vergessen, bräuchten keine zusätzliche Vorbereitung. In gewissem Sinn ist das eine Lüge, weil die Verwaltung in der Armee schlecht funktioniert. Es wurden sehr wahrscheinlich sehr viele nicht ausgebildete Menschen in die Ukraine geschickt.