«Despicable Me 4» im KinoEin Film wie ein Tiktok-Marathon
Hauptsache, noch mehr Minions: Die kleinen gelben Schurkenhelfer stehlen auch im vierten Teil der Animationsreihe «Ich – Einfach unverbesserlich» allen die Show.
Die Tiktokisierung des Kinos schreitet voran. Im Internet dominieren die Synapsen sprengenden Clips, die in einem endlosen Videostrom von einem Highlight zum nächsten springen und Teenager-Handys zum Glühen bringen. Im Kino dominieren die ähnlich nach Aufmerksamkeit kreischenden Minions: Auch im vierten Teil der «Ich – Einfach unverbesserlich»-Filmreihe sorgen die gelben Quälgeister für den meisten Spass, wie immer stehlen sie den anderen die Schau. Da ist es fast schon egal, ob sie einen Beitrag zur Handlung leisten (tun sie nicht) oder ob die Aneinanderreihung ihrer Abenteuer Sinn ergibt (tut sie natürlich auch nicht).
Hier geht es um die hohe Kunst der Physical Comedy, um die Lust am Zuschauen und an der Zerstörung. Da es die Filmreihe (und damit auch die ursprünglich als Schurkenhelfer eingeführten Minions) schon seit drei grossen Kinohits plus zwei noch grösseren Minions-Solo-Kinohits gibt, haben sich die Macher aus dem Hause Illumination etwas Neues ausgedacht: die Mega-Minions.
Fünf davon gibt es, jeder hat besondere Fähigkeiten, jeder sieht anders aus. Leider sind diese Minions nicht mehr so gleichförmig und glupschäugig wie ihre gelben Gesinnungsbrüder, sie mutieren zu etwas Grösserem, Gröberem, Grausameren. Mit Mega-Muskelkraft oder Mega-Laser-Augen sollen sie die Welt vor Bösewichten bewahren, bei ihren Rettungseinsätzen richten sie aber mehr Schaden an, als dass sie helfen würden. Eine alte Dame jammert: «Ich habe diese Superhelden so satt.»
Gru führt jetzt ein Familienleben
Damit liegt sie auf einer Linie mit dem Kinopublikum, das die Superheldenfilme aus den Häusern DC oder Marvel zuletzt auch eher satthatte. Diese Spitze konnten sich die Minions-Macher nicht verkneifen; dabei könnte ihre aggressiv vermarkteten Gaga-Helden irgendwann dasselbe Schicksal ereilen. So kann man die Erfindung der Mega-Minions auch als Versuch sehen, das gelbe Einerlei zu diversifizieren.
Und dann wäre da noch das eigentliche, recht dürre Story-Gerüst rund um den Ex-Schurken Gru, der längst ein beschauliches Familienleben führt, neuerdings mit Baby (Gru Junior). Gru Senior bekommt es mit einem ehemaligen Mitschüler zu tun, der nicht nur wie eine Kakerlake in Designerklamotten aussieht, sondern sich auch in eine Kakerlake verwandeln kann (dann allerdings ohne Designerklamotten).
Weiter treten auf: eine dicklippige Model-Freundin im Kardashian-Look, eine kindliche Erpresserin, ein Dachshund, eine Babyziege und eine Familie im Zeugenschutzprogramm. Das ist natürlich viel zu viel für einen Film, eine stringente Story erwartet aber vermutlich ohnehin niemand. Einen emotionalen Kern wie bei der Animationskonkurrenz von Pixar sucht man ebenfalls vergebens. Dieser Film etabliert einfach ständig neue Themen, Trends und Figuren, er springt von einem (sehr lustigen) Highlight zum nächsten – eben wie bei Tiktok. Irgendwann kannibalisiert der Film sich damit selbst, sorgt dabei aber zumindest für einen Overload an Chaos, Spass und vor allem: Anarchie.
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