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Millionenbusse für Schwarzenbach-Anwalt in Kunstaffäre

Als die Zollfahndung 2017 Bilder im Dolder beschlagnahmte, bestellte der Anwalt Journalisten in eine Suite des Grandhotels. Foto: Reto Oeschger
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Das hat es, soweit bekannt, bisher noch nicht gegeben: eine Millionenbusse für einen Schweizer Anwalt. Verurteilt als Mit­­täter. Gebüsst, weil er bei den mutmasslich illegalen Geschäften seines Klienten eine zentrale Rolle spielte.

Solche Anschuldigungen erhielt der Zürcher Anwalt Ulrich Kohli (76) am Mittwoch per Post von der Eidgenössischen Oberzolldirektion. Sie wirft ihm vor, er habe Urs Schwarzenbach, Kunstsammler und Eigentümer des Hotels Dolder Grand oberhalb des Zürichsees, geholfen, 8 Millionen Franken an Mehrwertsteuern zu hinterziehen. Dabei geht es um unverzollte Kunstschätze im Wert von über 100 Millionen Franken.

Die Behörde verurteilt Kohli zu einer Busse von 2 Millionen Franken. Zudem muss er dem Staat zusammen mit den Mitbeschuldigten 8 Millionen Franken Mehrwertsteuern bezahlen. Auf Anfrage sagt er: «Ich bestreite die Vorwürfe vehement und verlange eine gerichtliche Beurteilung.»

Kohli traf Trump

In den letzten Monaten hat die Oberzolldirektion in derselben Sache bereits Urs Schwarzenbach zu einer Busse von 7 Millionen Franken und Mathias Rastorfer von der Galerie Gmurzynska in Zürich zu einer solchen von 3,5 Millionen Franken verurteilt. Alle diese Entscheide sind nicht rechtskräftig. Die Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe.

Bilder – Zollbehörde schreitet im Dolder ein

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Abgesperrt: Der Bereich, in dem die Lastwagen standen, ist für den restlichen Verkehr nicht zugänglich. (7. März 2017)
Laut einer Strafverfügung der Zollbehörde hat Schwarzenbach «vorsätzlich» 11 Millionen Franken an Einfuhrsteuern hinterzogen.
Überreaktion des Zolls: Urs Schwarzenbach, Besitzer des Dolder Grand, wehrte sich nach der Razzia in seinem Haus im März 2017.

Rechtsanwalt Ulrich Kohli ist eine schillernde Figur. Er umgibt sich gerne mit Prominenz. Nach eigenen Angaben hat er sich in der Vergangenheit auch schon mit Donald Trump in den luftigen Höhen auf dem Dach eines New Yorker Wolkenkratzers aufgehalten. Er soll dem damaligen Immobilienmogul und heutigen US-Präsidenten zwei Apartments abgekauft haben.

In Szene setzte er sich auch in der Affäre Schwarzenbach. Er fungierte nicht nur als Anwalt des Hoteliers, sondern zum Teil auch als dessen Kommunikationsverantwortlicher. Als die Zollfahnder im März 2017 im Hotel Dolder anlässlich einer Razzia wertvolle Bilder von den Wänden nahmen, weil Schwarzenbach sich weigerte, seine Mehrwertsteuerschulden zu bezahlen, informierte Kohli die Medien und bestellte Journalisten in eine Suite des Grandhotels. Der Anwalt schreibt unter dem Pseudonym James Douglas auch Kriminalromane.

Errichtete Offshore-Firmen

Kohli kennt Urs Schwarzenbach, seit sie als junge Männer in der Schützengesellschaft Küsnacht im Kanton Zürich ihre Schiessübungen absolvierten. Später trafen sie sich auch im Militär. Die Oberzolldirektion ist überzeugt, dass Millionär Schwarzenbach, Galerist Rastorfer und ­Anwalt Kohli gemeinsam ein ausgeklügeltes System zur Umgehung der Mehrwertsteuer ausgeheckt haben. Auf 90 Seiten ­beschreibt die Zollverwaltung in ihrer Strafverfügung vom Dienstag im Detail, wie die Männer ­gemäss ihren Ermittlungen ­vorgegangen sind.

Kohli errichtete für Schwarzenbach teils bereits vor Jahrzehnten fünf Offshore-Firmen. Wenn Schwarzenbach wertvolle Kunst kaufte, tat er das über diese Briefkastenfirmen. So kaufte die Galerie Minerva in Liberia 2006 das Werk «Paloma à l'orange» von Pablo Picasso für 8,5 Millionen Franken. Oder die New Gallery Inc. erwarb 2007 für 700'000 Franken das «AI» von Robert Indiana. Kohli war für alle Firmen zeichnungsberechtigt, zum Teil allein unterschriftsberechtigt, manchmal Stiftungsrat oder Verwaltungsratsmitglied.

Viele Bilder lagerten über ­Jahre in der Schweiz, ohne dass ­dafür je Mehrwertsteuer bezahlt worden wäre. Das ist nur dann erlaubt, wenn die Bilder für den Export ins Ausland bestimmt sind. In vielen Fällen liess Schwarzenbach seine Kunstschätze deshalb ab 2008 für ­kurze Zeit beispielsweise nach Deutschland oder England exportieren, um sie gleich wieder in die Schweiz einzuführen.

Galerie nur vorgeschoben

Um dabei die Einfuhrsteuer zu umgehen, liess er die Bilder und Skulpturen über die bekannte Galerie Gmurzynska am Paradeplatz in Zürich importieren. Galerien geniessen ein Zollprivileg, das sogenannte Verlagerungsverfahren. Sie dürfen Kunstgegenstände zollfrei importieren, weil sie die Werke meist rasch wiederverkaufen und exportieren. Doch im Fall von Schwarzenbachs privater Kunstsammlung wurde die Galerie laut Zollbehörde nur vorgeschoben.

Schwarzenbach und Rechtsanwalt Kohli setzten zwar mit der Galerie Kommissionsverträge auf, die Kohli als Vertreter der Offshore-Firmen unterschrieb. Galerien verdienen Kommissionen, wenn sie für Eigentümer Bilder verkaufen. Doch die Galerie Gmurzynska suchte offenbar gar keine Käufer für die Werke. In den beschlagnahmten Unterlagen seien keinerlei Verkaufsbemühungen der Galerie ersichtlich, steht im Entscheid.

Dokumente zeigen laut Strafverfügung im Fall des Picassos sogar, dass die Galerie nicht wusste, wo sich das Bild, das sie angeblich zum Verkauf in Kommission hatte, befand. In der Kommissionsliste der Galerie war als Standort das Dolder angegeben. Doch das Bild hing ­viele Jahre in Schwarzenbachs Villa Meridiana in St. Moritz. Das ­zeige, so die Behörde, dass die ­Galerie «nur dazwischengeschaltet wurde, ohne dass ihr je eine Verfügungsgewalt zuteilwurde».

Kohlis Verschulden wiege schwer, denn er habe «eine zentrale Funktion» in der ­«ausgearbeiteten, standardisierten und entsprechend umgesetzten Vorgehensweise» eingenommen, steht in der Verfügung. Ulrich Kohli wird der «mehrfach vorsätzlich» begangenen Hinterziehung der Mehrwertsteuer für schuldig erklärt.

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Video: Razzia im Dolder