Neues Geld für SolarfirmaMeyer Burger baut wieder Maschinen in Thun
Das Solarunternehmen erhält über eine Kapitalerhöhung 250 Millionen Franken. Davon profitiert auch der gebeutelte Standort Thun.

Meyer Burger bekommt nochmals eine Chance. Die Aktionärinnen und Aktionäre des krisengeschüttelten Solarunternehmens haben die fünfte Kapitalerhöhung seit 2009 gebilligt, mit sehr grossem Mehr.
98,5 Prozent stimmten an der ausserordentlichen Generalversammlung vom Freitag in Thun für die Ausgabe neuer Aktien. Das Solarunternehmen wird damit 250 Millionen Franken einnehmen.
An der gut zweistündigen Versammlung fielen zwar einige kritische Voten. Diese richteten sich aber nicht gegen die Kapitalerhöhung, womit die Aktionäre wieder zur Kasse gebeten werden. Sondern mehrere Teilhaber forderten, dass das Unternehmen jetzt endlich wieder profitabel werden und Dividenden auszahlen müsse.

Verwaltungsratspräsident Franz Richter nannte zwar kein Datum, wann es wieder eine Dividende geben werde. Aber Ende Jahr dürfte die operative Gewinnschwelle erreicht sein, und danach solle es weiter aufwärtsgehen. Richter dankte den Aktionärinnen und Aktionären für das Vertrauen und die Unterstützung der nun «beschleunigten Wachstumsstrategie».
Maschinen für US-Standort
Mit dem neuen Kapital will Meyer Burger die Produktion von Solarzellen und Solarmodulen ausbauen. Neben dem weiteren Aufbau der beiden Werke in Ostdeutschland soll in Goodyear im USA-Bundesstaat Arizona eine neue Fabrik eröffnet werden.
Von der Offensive profitiert auch der Standort Thun. Meyer-Burger-Chef Gunter Erfurt sagte am Rande der GV im Gespräch mit dieser Redaktion, in Thun würden wieder Maschinen produziert. Das ist die erste Stärkung für den Hauptsitz seit etlichen Jahren. Nach mehreren Abbaurunden war hier die Produktion Ende 2018 eingestellt worden. Von einst über 1000 Arbeitsplätzen verblieben nur etwa 70 Stellen in der Verwaltung sowie in Forschung und Entwicklung.
So wurden weiterhin Prototypen für neue Maschinen in Thun entwickelt. Dieses Fachwissen will Erfurt nun nutzen, um die neuesten Maschinen für die Modulproduktion in den USA herzustellen. Ob dafür zusätzliche Stellen geschaffen werden, liess er offen. Klar ist aber, dass die Maschinen nur für den internen Gebrauch sind. Meyer Burger wird also nicht wieder in grossem Stil Maschinen herstellen, nachdem sich dieses Geschäft mit der chinesischen Solarindustrie nicht ausgezahlt hat.
Grossaktionär in Russland enteignet
Die Neuausrichtung vom Maschinenbauer zum Solarmodul-Hersteller hatten Investoren um den Russen Pjotr Kondraschew durchgesetzt. Dieser ist heute noch mit einem Anteil von 10 Prozent grösster Aktionär. Kondraschew hatte angekündigt, dass er die Kapitalerhöhung unterstütze und entsprechend 10 Prozent der Kapitalerhöhung respektive 25 Millionen Franken beisteuere.
Zwar machte Kondraschew einst Karriere im sowjetischen Bergbau und wurde bei der Privatisierung des Kalisalzförderers Silwinit reich. Mit dem Regime von Russlands Präsident Wladimir Putin soll der 73-Jährige aber nicht verbandelt sein, heisst es aus informierten Kreisen. Er figuriere auf keiner westlichen Sanktionsliste.
Vielmehr sei Kondraschew in Russland mit einer entschädigungslosen Enteignung konfrontiert worden. Auch das Webportal «Intelligenceonline» berichtete, Kondraschew sei vor ein paar Monaten beim russischen Bergbauunternehmen Solikamsk Magnesium Plant ausgesperrt worden.
Ein Schiedsgericht und die russische Kartellbehörde hätten Kondraschews Mehrheitsanteile dem Staat übertragen, weil die Privatisierung in den 1990er-Jahren illegal erfolgt sei. Dabei stützten sie sich auch auf ein Regierungsdekret nach dem Angriff auf die Ukraine, wonach ausländische Gesellschaften keine russischen Firmen mehr besitzen dürfen, die für die nationale Sicherheit wichtig sind. Kondraschew wurde beschuldigt, Materialien aus dem Magnesiumwerk an das westliche Militärbündnis Nato zu liefern.
Kritiker sagen dagegen, Petr Kondraschew werde attackiert, weil dessen Gewinne nicht nach Russland zurückfliessen würden. Kondraschew lebt seit 2008 in Wien. Er hatte bei der letzten Kapitalerhöhung zur Rettung von Meyer Burger im Sommer 2020 zusammen mit verbündeten Aktionären rund 30 Prozent abgesichert und für 50 Millionen Franken neue Aktien gekauft.
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