Nachruf auf Techno-PionierManuel Göttsching ist tot
Der Deutsche Musiker gehörte zur Krautrock-Band Asha Ra Tempel. Mit seiner Komposition «E2-E4» nahm er 1981 die Clubmusik vorweg.
Der Gitarrist und Musiker ist nach Angaben des Radio-1-Moderators Olaf Zimmermann, der mit ihm befreundet war, bereits am 4. Dezember in Berlin gestorben. Göttsching hatte 1970 mit dem Keyboarder Klaus Schulze und dem Bassisten Hartmut Enke die Gruppe Ash Ra Tempel gegründet. Die galt mit ihrer Mischung aus elektronischer und improvisierter Musik neben Tangerine Dream und Can als Vorreiter jener Musik, die englische Journalisten onkelhaft Krautrock tauften. Schulze stieg ein Jahr später aus, um seine Solokarriere als Elektrokomponist zu starten. Irgendwann war Göttsching dann alleine mit dem Projekt, das er daraufhin Ashra nannte.
Später kamen wieder Musiker dazu, da hiess die Band dann Ash Ra Tempel Experience und man sollte das alles nicht mit allzu strengem Popkritikerblick betrachten. So frei wie die Musik waren auch die, die sie produzierten. Da war viel Spiritualität und Philosophie dabei, der elektronische Klang war ein neuer Kosmos, den sie eroberten und die Improvisation ein Ritual. 2000 fanden Göttsching und Schulze auch wieder zusammen, spielten ein Album mit dem Titel «Friendship» ein und traten in der Royal Festival Hall in London auf. Die Band gab es in all ihren Inkarnationen eigentlich bis zu Göttschings Tod.
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Seinen Platz in der Musikgeschichte fand Göttsching aber vor allem mit seinem ersten Soloalbum. Das hiess «E2-E4», was ein beliebter Eröffnungszug im Schach ist. Göttsching hatte das fast einstündige Stück an einem Tag im Dezember 1981 im Alleingang im Berliner Studio Roma aufgenommen. Streng genommen ist es eine Meditation über zwei Akkorde, um die herum Sequencer- und Drumcomputer-Motive mäandern. Dazwischen tropfen und wabern Soundeffekte. Erst nach einer halben Stunde kommt seine Gitarre dazu, improvisiert und verhallt durch die Elektronik, die sich wie Wolkenfelder durch die Stunde zieht.
«E2-E4» gilt heute mit seinem hypnotischen Minimalismus als Blaupause für Ambient und Techno. 1984 erschien die LP in einer Auflage von tausend Stück auf Klaus Schulzes Label Inteam. Zum Meilenstein wurde die Platte aber nicht in Europa, sondern in Amerika. Der legendäre DJ Larry Levan legte sie bei seinen orgiastischen Sets in der New Yorker Paradise Garage oft in voller Länge auf. Bald nahmen DJs aus den frühen Techno- und House-Szenen in Chicago und Detroit das Album in ihr Repertoire auf. Live spielte Göttsching das Stück lange nicht selbst. Erst 2006 gab es im Berliner Club Berghain eine Europapremiere. Zwei Jahre später folgte die Amerikapremiere im New Yorker Lincoln Center.
Bis zu seinem Tod blieb Manuel Göttsching einer der kreativsten und aktivsten Musiker der elektronischen und improvisierten Musik. Bei der «digitale düsseldorf» spielte er «E2-E4» 2017 noch einmal live. Mit der Ash Ra Tempel Experience gab er 2018 noch ein Konzert in der Elbphilharmonie. Sein letztes Konzert gab er vergangenes Jahr zusammen mit Hans-Joachim Roedelius im Berliner HAU. Über die Umstände seines Todes ist bisher noch nichts bekannt. Göttsching wurde 70 Jahre alt.
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