Wiederauftreten von Mykoplasmen WHO besorgt wegen Lungenentzündungen in China – auch Schweiz betroffen
Die Weltgesundheitsbehörde appelliert an die chinesische Bevölkerung, präventive Schritte gegen Atemwegserkrankungen zu ergreifen. Laut einer Studie sorgen Mykoplasmen auch in der Schweiz für eine «Rekordzahl» an Infektionen.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die chinesische Bevölkerung aufgefordert, «Massnahmen zur Verringerung des Risikos von Atemwegserkrankungen zu ergreifen» und die Behörden um weitere Informationen zu einer Häufung von Lungenentzündungen bei Kindern im Norden des Landes gebeten. Die WHO rief Chinas Bevölkerung auf, sich impfen zu lassen, sich von Erkrankten fernzuhalten und bei Symptomen zu Hause zu bleiben, hiess es in einer am Mittwoch in Onlinediensten veröffentlichten Erklärung der UNO-Gesundheitsbehörde.
Ein Sprecher bestätigte die Angaben gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Laut WHO haben in China seit Mitte Oktober Fälle «grippeähnlicher Erkrankungen» im Vergleich zu den Vorjahren zugenommen.
Auf einer Pressekonferenz am 13. November führten die chinesischen Behörden die Zunahme der Atemwegserkrankungen auf die Aufhebung der Corona-Massnahmen und die Verbreitung bekannter Krankheitserreger zurück. Am 21. November berichteten örtliche Medien und die Gesundheitsbehörde Promed von einer Häufung nicht diagnostizierter Lungenentzündungen bei Kindern in Nordchina.
Seit Corona verschwundene Bakterien Mykoplasmen sind zurück
Nach über drei Jahren Abwesenheit sind die Lungenentzündung verursachenden Mykoplasmen zurück. Das belegt die Studie eines internationalen Forschungsteams unter Schweizer Leitung, die am Donnerstag im Fachblatt «The Lancet Microbe» veröffentlicht wurde.
Die Nationale Gesundheitskommission Chinas führt die Zunahme solcher Erkrankungen im Land auf die Verbreitung dieses Erregers nach Aufhebung der Corona-Massnahmen zurück. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua am Mittwoch berichtete, verzeichnet vor allem die Grippe in Peking einen «steilen Aufwärtstrend». Auch Mykoplasmen-Infektionen seien in letzter Zeit vermehrt aufgetreten. Die Studie zum Wiederauftreten der Mykoplasmen wurde deshalb früher als ursprünglich geplant veröffentlicht.
Deutliche Zunahme auch in der Schweiz
«Auch in der Schweiz gibt es derzeit eine deutliche Zunahme», sagte Studienleiter Patrick Meyer Sauteur vom Kinderspital Zürich auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Wie sich die Infektionen hierzulande entwickeln, werde nun genau beobachtet.
Inzwischen haben auch die Infektionen mit Mykoplasmen das Niveau vor der Pandemie erreicht oder sogar übertroffen, wie das Forschungsteam unter der Leitung von Meyer Sauteur in der Studie nachweist. «Wir erleben gerade das lange erwartete Wiederauftreten von Mykoplasmen-Infektionen und verzeichnen bereits jetzt Rekordzahlen in der Schweiz», so der Arzt.
Über drei Jahre abwesend
Mykoplasmen (Mycoplasma pneumoniae) gehörten vor der Pandemie zu den häufigsten bakteriellen Erregern von Lungenentzündungen bei Kindern. Zudem können sie auch zu Erkrankungen der Haut und der Schleimhäute oder des Nervensystems führen. Mit den Corona-Massnahmen waren die Bakterien verschwunden und so lange weggeblieben, dass Forscher rätselten, ob sie überhaupt wiederkommen.
«Aus Sicht der Wissenschaft war das absolut faszinierend», sagte Studienleiter Patrick Meyer Sauteur. Auch bei anderen Krankheitserregern führten die Massnahmen gegen Covid-19 zu einem Rückgang der Übertragungen. Mit Ausnahme der Mykoplasmen kehrten sie aber nach Aufhebung der Massnahmen fast alle wieder zurück.
AFP/SDA/step
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