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Kunsthaus Baselland
Ein neuer Leuchtturm auf dem Dreispitz

Kunsthaus Baselland Drohnenbild. Fotos kostas maros, am 10.4.24
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Die drei Betontürme auf dem Dach des neu eröffneten Kunsthauses winken die Passanten schon von weitem herbei. Wer sich von der nahe gelegenen Tramstation nähert, geht am Hochhaus der Hochschule für Gestaltung und einem lang gezogenen ehemaligen Lagerhaus vorbei, dem der dänische Stararchitekt Bjarke Ingels coole Appartements aufgesetzt hat. Bald sieht man das an einen Hafenspeicher gemahnende Hochhaus von Herzog & de Meuron und davor das Haus der elektronischen Künste, das in einem renovierten Lagerhaus untergebracht ist.

Quartier für Kultur und Bildung

Dahinter versteckt – deshalb die Türme, die das neue Wahrzeichen des Kunsthauses Baselland sind – liegt das Ausstellungshaus, das bis anhin in Muttenz in einem unscheinbaren Fabrikgebäude im Schatten des St.-Jakob-Parks beheimatet war. Nun steht es mit seinen fast 2000 Quadratmetern Ausstellungsfläche auf dem Dreispitz, einem Industrie- und Gewerbegebiet, das sich im Besitz der Christoph Merian Stiftung befindet. Sie vergibt das Land auf dem riesigen Dreispitz-Areal im Baurecht und hat den südlichen, auf Münchensteiner Boden liegenden Teil in den letzten Jahren zum Kultur- und Bildungsquartier verwandelt. Es soll dereinst auch noch um neue, von Baselland finanzierte Bauten der Universität Basel erweitert werden.

Ines Goldbach, die Direktorin des Kunsthauses Baselland.

Ines Goldbach ist Herz und Seele des neu erbauten Kunsthauses, das sich prioritär der regionalen Kunst widmet – ein Alleinstellungsmerkmal in der Basler Kunstlandschaft. Im Unterschied dazu hat sich die Kunsthalle Basel, die vom Basler Kunstverein getragen wird, von der regionalen Szene zunehmend entfernt und feiert in erster Linie avantgardistisches Schaffen internationaler Provenienz.

Fulminante Eröffnungsausstellung

Seit 2013 ist Goldbach, die zuvor Kuratorin der Hallen für neue Kunst in Schaffhausen war, Direktorin des Kunsthauses Baselland. Als solche war sie fast pausenlos im Einsatz für die Realisierung des Bauprojekts. Jetzt steht sie stolz in den grossen Ausstellungsräumen aus Sichtbeton und Gipswänden, begrüsst die Journalistinnen und Journalisten, führt die Mitglieder des Kunstvereins durch die fulminante Eröffnungsausstellung, die so etwas wie das Best-of der vergangenen Ausstellungsjahre ist. Am Wochenende ist öffentliche Vernissage.

Pressekonferenz Kunsthaus Baselland, Stimmungsbilder Räumlichkeiten und Werke. Auf den Bildern: Architekt Andreas Bründler, Direktorin Ines Goldbach, Präsidentin Kunstverein BL Marina Meijer-von Tscharner, Stiftungsrat Tom Köchlin, Fotos kostas maros, am 10.4.24

Im Jahr 2013 begann der Kunstverein Baselland mit der Planung des Umzugs auf den Dreispitz. Eine führende Rolle spielte der damalige Vereinspräsident Anthony Vischer. Er holte bald auch Beat von Wartburg ins Boot, der als Leiter Kultur der Christoph Merian Stiftung und später als deren Präsident grosses Interesse an einer Aufwertung des im Entstehen begriffenen Kultur- und Bildungsquartiers auf dem Dreispitz hatte. Er hat das Projekt ideell und finanziell mit diversen Stiftungen gefördert und die ehemalige Lagerhalle an der Helsinki-Strasse 5 in Münchenstein im Baurecht zur Verfügung gestellt.

Aufwertung und Umnutzung

Die Pläne des Kunstvereins wurden auch von der Baselbieter Politik bereitwillig unterstützt. Ihr war es lieber, zusätzliche Kulturmillionen auf dem eigenen Kantonsgebiet zu investieren, als sie in die Stadt Basel zu transferieren. Nach wie vor bezahlt Baselland aber rund 10 Millionen Franken im Jahr an die kulturellen Zentrumsleistungen der Stadt.

Pressekonferenz Kunsthaus Baselland, Stimmungsbilder Räumlichkeiten und Werke. Auf den Bildern: Architekt Andreas Bründler, Direktorin Ines Goldbach, Präsidentin Kunstverein BL Marina Meijer-von Tscharner, Stiftungsrat Tom Köchlin, Fotos kostas maros, am 10.4.24

Der Regierungsrat des Kantons Baselland bewilligte schliesslich 2,5 Millionen Franken aus dem Swisslos-Fonds für das neue Kunsthaus Baselland. Er unterstützt damit den Bau mit einem Viertel der sich auf rund 10 Millionen Franken belaufenden Kosten. Ein weiteres Viertel kommt von der Stiftung des Kunstvereins Baselland, die den Erlös aus dem Kauf des alten Kunsthauses in Muttenz investiert. Die andere Hälfte der Baukosten wird mit Beiträgen von zahlreichen Gönnern gedeckt sowie von am Bau beteiligten Firmen, die auf Teile ihres Honorars verzichteten.

Ambitioniertes Programm

2022 war Spatenstich für das Bauprojekt der Basler Architekten Daniel Buchner und Andreas Bründler, die mit ihrem gewagten Entwurf bei einem Architektur­wettbewerb obsiegt hatten. Sie schlugen vor, die bestehende Halle mit ihrem Satteldach nicht dem Erdboden gleichzumachen, wie das einigen Konkurrenten vorschwebte, sondern Dach, Wände und Boden des bestehenden Baus zu übernehmen. Die drei auffälligen Leuchttürme des Gebäudes dienen nun als Tragkonstruktion für ein zweites Geschoss, das dank vieler Galerien und Öffnungen ungewohnte Durchblicke, Einblicke und Raumerlebnisse eröffnet.

El Anatsuis «Draying Line» vor Naama Tsabars Bodeninstallation «Melody of Certain Damage». Links Porträtzeichnungen von Gabrielle Goliath.

Bei unserem Besuch blieben wir erstaunt vor einem atemberaubenden, so abstrakten wie poetischen Wandbehang von El Anatsui stehen, einem der wichtigsten zeitgenössischen Künstler aus Afrika. Das Werk hängt hier als Leihgabe der in Südafrika beheimateten Goodman Gallery und verkörpert die Ambitionen des Kunsthauses und seiner Direktorin wie kein zweites: museale Qualität, museale Präsentation und gesellschaftspolitische Relevanz.

El Anatsui lässt seine Werke, die das Kunstmuseum Bern vor dreieinhalb Jahren in einer gross angelegten Ausstellung gezeigt hat, in einer Manufaktur in Ghana herstellen. In einer unglaublich aufwendigen Arbeit werden dort mit Kupferdraht platt gewalzte Flaschendeckel und Blechdosen zu Skulpturen zusammengenäht, die wie Textilien wirken. Gemäss El Anatsui soll seine Kunst an die Warenströme und Abhängigkeiten zwischen den Industrieländern und dem globalen Süden erinnern und die Gewaltgeschichte von Kolonialismus und Sklaverei wachhalten.

Treppenabgang mit Andrea Bowers «Chandeliers of Interconnectedness» und ihren «Feminist Fans» im Hintergrund rechts.

Das Werk fügt sich in eine Gruppenausstellung, die mit Grossformaten und ausgreifenden Installationen hauptsächlich weiblicher Künstler virtuos mit diesen ungewöhnlichen Räumlichkeiten umgeht. Vor El Anatsuis «Drying Line» liegen am Boden verteilt zahlreiche zerstörte Gitarren, verbunden mit Saiten, die zum Klingen gebracht werden können. «Melody of Certain Damage» nennt die in Israel geborenen New Yorkerin Naama Tsabar diese Installation, die als Klangteppich zum Wandbehang des aus Ghana stammenden Künstlers verstanden werden kann.

Dialog auf Augenhöhe

Beobachtet werden diese Werke von einer lose gehängten Serie grossartiger Porträts der Südafrikanerin Gabrielle Goliath, die mit ihren Zeichnungen ihrer Überzeugung Ausdruck geben will, dass «Schönheit kein Luxus ist, sondern eine Möglichkeit, unter eingeschränkten Bedingungen Möglichkeiten zu schaffen».

Pressekonferenz Kunsthaus Baselland, Stimmungsbilder Räumlichkeiten und Werke. Auf den Bildern: Architekt Andreas Bründler, Direktorin Ines Goldbach, Präsidentin Kunstverein BL Marina Meijer-von Tscharner, Stiftungsrat Tom Köchlin, Fotos kostas maros, am 10.4.24

Zentral für Ines Goldbachs kuratorische Arbeit sind, wie gesagt, Künstlerinnen aus der Region und solche, die mit der Basler Region eng verbunden sind. In der Eröffnungsausstellung sind das Gerda Steiner & Jörg Lenzlinger, Thérèse Bolliger, Daniela Keiser, Pipilotti Rist (sie besuchte die Videofachklasse an der Schule für Gestaltung in Basel), Renate Buser und Anna Winteler, von denen in den letzten Jahren Werke im Kunsthaus zu sehen waren. Ihre raumgreifenden Arbeiten in der Ausstellung stehen den internationalen Namen in dieser immer wieder aufs Neue überraschenden Ausstellung in nichts nach.

Denn hier liegt der eigentliche Erfolg des Kunsthauses Baselland: Es zeigt die Künstler der Region gleichberechtigt neben international bekannten Namen und führt mit ihnen einen Dialog auf Augenhöhe.

Eröffnungswochenende des neuen Kunsthauses Baselland, Helsinki-Strasse 5, 4142 Münchenstein.