Klimabilanz des WintersSo häufig Nebel gab es letztmals vor 30 Jahren
Der am Freitag zu Ende gehende Winter bot meteorologisch wenig Spektakel. Ausser in einem Bereich, den sich niemand wünscht.

- In diesem Winter gab es in der Schweiz besonders viele Nebeltage.
- In Luzern dürfte ein neuer Allzeit-Nebelrekord aufgestellt werden.
- Hochdrucklagen trugen zur ungewöhnlichen Nebelhäufigkeit bei.
- Wenige, intensive Niederschlagsereignisse verhinderten markante Trockenheit.
Nebel, Nebel und nochmals Nebel: So würden wohl viele Bewohnerinnen und Bewohner des Schweizer Mittellandes den Charakter des in diesen Tagen zu Ende gehenden Winters beschreiben. Wie aktuelle Daten zeigen, täuscht der subjektive Eindruck für einmal nicht. «Vor allem in der Zentral- und Ostschweiz haben wir das Winterhalbjahr mit den meisten Nebel- und Hochnebeltagen seit rund 30 Jahren hinter uns», sagt dazu Meteo-Schweiz-Klimatologe Stephan Bader.
Was bedeutet das in konkreten Zahlen? Von September bis Februar sassen die Luzernerinnen und Luzerner an nicht weniger als 49 Tagen unter einer Nebeldecke. Im Zürcher Unterland (Messstation Kloten) starrte man während 42 Tagen an eine Nebeldecke. Etwas weniger grau war es in Bern, «nur» 37 Tage lang.
Zu berücksichtigen ist, dass das meteorologische «Nebelhalbjahr» noch bis Ende März dauert. Man kann also davon ausgehen, dass noch weitere Nebeltage hinzukommen werden. Dies dürfte mit Blick auf die sich abzeichnende Wetterlage bereits in der kommenden Woche der Fall sein. Ab Sonntag wird nämlich wieder ein Hochdruckgebiet über Mitteleuropa die Regie übernehmen, es stellt sich eine Bisenlage ein. Neue Nebelrekorde seit Messbeginn sind also gebietsweise durchaus wahrscheinlich.
Hochdrucklagen für Nebel verantwortlich
Nebel entsteht, wenn Wasserdampf in der bodennahen Luftschicht kondensiert. Dabei besteht physikalisch kein Unterschied zwischen Wolken, Bodennebel und Hochnebel. Beim Hochnebel ist die Nebelschicht einfach von der Erdoberfläche abgehoben.
Begünstigt wird die Nebelbildung durch Feuchtigkeit, schwache Sonneneinstrahlung, wenig Wind, wenig Bewölkung und eine wannenförmige Topografie, in der sich Kaltluft wie in einem See sammeln kann. Nebel und Hochnebel gibt es in der Schweiz im Winterhalbjahr deshalb vor allem im Mittelland.
Hauptfaktor für die Nebelbildung ist die Wetterlage. Vor allem Hochdruckgebiete mit Kern über Mitteleuropa sorgen hierzulande im Winter fast unausweichlich für hartnäckigen Hochnebel. Gemäss Meteo Schweiz kam diese Wetterlage seit September etwa dreimal häufiger vor als im langjährigen Mittel. Die rekordverdächtige Zahl an Nebeltagen lässt sich also damit erklären.

Das entspricht einer Zäsur. Nach einer auffälligen Häufung zu Beginn der 1990er-Jahre hatte die Zahl der Nebel- und Hochnebeltage im Schweizer Mittelland in den letzten zwei Jahrzehnten nämlich tendenziell abgenommen.
Gemäss Stephan Bader sollten diese Schwankungen allerdings nicht überinterpretiert werden. Die Nebeltage werden hierzulande erst seit relativ kurzer Zeit (etwa 40 Jahre) einheitlich gemessen. Auch ein Zusammenhang mit der Erderwärmung lässt sich nicht herstellen.
Vor allem in den Bergen war es milder als üblich
Abgesehen vom Nebel bot der Winter 2024/2025 wenig Spektakel. Kräftige Winterstürme gab es keine. Die intensivsten Schneefälle traten am 21. November auf – also noch im meteorologischen Herbst. In den Tieflagen der Alpennordseite war der Winter im Vergleich zur langjährigen Klimanorm (1991–2020) je nach Region etwa 0,8 bis 1,2 Grad zu mild.
Deutlicher ist der Wärmeüberschuss hingegen in den Bergen. So war es zum Beispiel in Davos (auf knapp 1600 Metern Höhe) etwa 1,7 Grad milder als üblich. Die Hauptursache ist dieselbe wie schon bei der Nebelhäufigkeit: Es gab lange Perioden mit Hochdruckwetter, wobei es in den Bergen oberhalb der Nebeldecke sonniger und milder war als im Flachland.
Auch beim Niederschlag – dem zweiten wichtigen Faktor in der Klimatologie – zeigt der Winter keine grossen Auffälligkeiten. Zumindest auf den ersten Blick. In der Ostschweiz war es im Vergleich zur langjährigen Norm verbreitet zu trocken, wie die Daten von Meteo Schweiz zeigen. So kamen in Davos knapp 110 Liter pro Quadratmeter zusammen. Der Normwert liegt hier bei 190 Litern pro Quadratmeter.
Ansonsten bewegen sich die Niederschlagsmengen in der Grössenordnung der langjährigen Durchschnittswerte, gebietsweise war es sogar leicht zu nass. Das ist insofern kurios, weil der Winter wie bereits erwähnt insgesamt von Hochdrucklagen geprägt war. In der Theorie müsste daraus normalerweise eine ausgeprägte Trockenheit resultieren.
Dies war aber nicht der Fall. Der Grund: Wenige, aber sehr intensive Niederschlagsereignisse besserten die Bilanz auf. So regnete es zum Beispiel in Bern am 27. Januar fast 50 Liter pro Quadratmeter. Ein Viertel der gesamten Niederschlagssumme des Winters fiel in der Landeshauptstadt also innerhalb von nur 24 Stunden.
Ungewohnte Tropenluft im Winter
Verantwortlich für diese für den Winter aussergewöhnlich hohe Summe in kurzer Zeit war ein Tiefdruckgebiet, das sehr milde und feuchte Luftmassen zum Alpenraum schaufelte. Die Herkunft dieser Luft liess sich bis in die Tropen zurückverfolgen. Eine vergleichbare Wetterlage brachte auch am 4. Januar gebietsweise sehr hohe Regenmengen in wenigen Stunden. «Das ist etwas, das nach Lehrbuch in unseren Breiten gar nicht vorkommen sollte», kommentiert die Meteorologin Fabienne Muriset.
Dass solche «tropischen Grüsse» in der Niederschlagsbilanz für eine Überraschung sorgten, sei wenig verwunderlich. Das habe damit zu tun, dass Tropikluft insbesondere in Sachen Feuchtigkeitsgehalt spezielle Eigenschaften aufweise, sagt Muriset. Tropenluft könne unter anderem für fast sommerlich anmutende Gewitter im Alpenraum sorgen. Gemäss Einschätzung von Fabienne Muriset muss wegen der fortschreitenden Erderwärmung künftig wohl häufiger mit der Zufuhr solcher «unpassender» Luftmassen im Winter gerechnet werden.
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