TV-Kritik «Sing meinen Song»Kann es nach Baschi noch frischer werden?
Die vierte Staffel spielt gleich in der ersten Sendung ihren grössten Trumpf aus. Hinter dem Entertainer Baschi könnte sich aber Raum für interessante musikalische Experimente auftun.
Sechs Musiker, ein Sofa, viel Werbung: «Sing meinen Song» ist zurück. Wenn das Format zuletzt Gefahr lief, ein wenig zu schwerblütig daherzukommen, so wird in der vierten Ausgabe zumindest in der ersten Sendung viel dafür getan, mit dieser Bedächtigkeit aufzuräumen. «Ein Riesenpuff» sei diese Staffel gewesen, kündigte Moderator Seven im Vorfeld an, und tatsächlich: Es war in angenehmem Masse unordentlich.
Das hat viel mit Baschi zu tun, er ist der erste Star des Abends und ziemlich objektiv betrachtet auch das Aushängeschild der Runde. Seine Mutter soll in ihm noch immer einen ausgeprägten Chaoten sehen, so verrät er das gleich zu Beginn einmal, und tatsächlich ist dieser Sebastian Bürgin aus Gelterkinden der Ellenbogen in der Seite der Sendung, er lässt Sevens Emotionsschablone lustvoll verrutschen und weckt im Zuschauer Interesse an der einmal mehr so wahllos zusammengewürfelt scheinenden Gruppe.
Baschi erzählt vom Tod seines Vaters
«Tschugger»-Entdeckung und Stimmgewalt Anna Rossinelli, «DSDS»-Gewinner Luca Hänni, Altstar Peter Reber, Soul-Küken Joya Marleen und Rapper EAZ sind diesmal dabei. Der Generationenspagat ist bemerkenswert: Als Peter Reber 1985 von seinem Segelschiff aus den Longplayer «Grüeni Banane» lancierte, war Baschi als zweitältester der Runde noch nicht einmal geboren.
Gewisse Dinge haben sich gehalten in der auf Gran Canaria gedrehten Sendung. Es floskelt noch immer in viel zu zuverlässigen Abständen, Begriffe wie «Performance» oder «dankbar» sind so überpräsent wie das hölzern veranstaltete Product-Placement, alle sind immer entweder nervös, berührt oder baff, und alle haben eine tolle Zeit, von der ersten Sekunde an.
Vier Jahre habe er auf Sevens Anruf gewartet, erzählt Baschi aufgeregt und glaubwürdig.
Authentisch wird es, wenn der Moderator seinem Gast mal etwas Raum lässt, den einer wie Baschi natürlich gern und schnell einnimmt. Vier Jahre habe er auf Sevens Anruf gewartet, erzählt er aufgeregt und glaubwürdig. Der Mann ist ein Geschenk für jede TV-Sendung, in der er der Hauptdarsteller sein kann. Manchmal sitzt er tief im Polster, wenn er erzählt, wie er seinen Vater früh an den Krebs verloren hat oder wie sein Freund und Förderer urplötzlich an einem Herzinfarkt starb.
Um kurz darauf grinsend zu verraten, wo er seine Frau Alana Netzer, Tochter von Fussball-Grösse Günter, näher kennen gelernt hat (an einer Tankstelle!). Ein schiefer Blick, ein flacher Spruch, bei Baschi kann man sich jederzeit vorstellen, wie er nach dem Grümpelturnier einen Kasten Bier in die Garderobe schleppt.
Musikalisch ist alles blitzsauber
Und musikalisch? Da kommt alles gewohnt sauber daher, die Band hat ein paar Rochaden erlebt, wird aber noch immer vom künstlerischen Leiter und Schlagzeuger Massimo Buonanno geführt und unter anderen durch Sevens Bruder, den Multi-Instrumentalisten Micha Dettwyler, ergänzt.
In den Arrangements steckt viel Arbeit, und auch wenn die grossen musikalischen Würfe vielleicht erst noch folgen, passt die Auswahl. EAZ – auf dessen Sendung man sehr gespannt sein darf – macht aus Baschis Blödelei «Wenn das Gott wüsst» eine tiefgründige Beichte, und wer, wenn nicht Seebär Peter Reber, könnte Baschis «d Flügel uf (dr Wind chunnt)» wirklich glaubwürdig vortragen?
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Dass alle immer zu jedem Auftritt auch im Einzelinterview noch etwas sagen müssen, kann ähnlich ermüdend sein wie die langen Werbepausen – natürlich guckt man nach Möglichkeit zeitversetzt.
Selbst auf die Gefahr hin, dass die Sendung ihre Frische-Klimax mit Baschi schon erreicht hat, schalten wir wohl wieder ein. Alleine schon, um nach Möglichkeit noch einmal Peter Reber in seiner Rolle als Mentor zu erleben. Denn väterlicher als er kann niemand seine Hand auf eine Schulter legen und sagen: «Du bisch es Gschänk.»
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