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Kopf des Tages
Jack muss ran

Olympiasieger am Reck, Drillmeister im Trainer: Jack Günthard, 1974.
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Stellen Sie sich vor: Man schneidet von jeder Schweizerin und jedem Schweizer das Übergewicht ab. Dann wird das derart gewonnene Fett irgendwo im Land zu einem Haufen aufgeschüttet. Darauf wird das Fett in Zugwaggons gestopft. Schliesslich fährt der Zug los. Können Sie sich vorstellen, wie unglaublich lang dieser Zug dann wäre? Und wie grässlich der Anblick – überall dieses wabbelnde, schmierige Fett?

Dieses Beispiel habe Jack Günthard einmal gebracht, erinnert sich Beni Thurnheer, der Mitte der 70er mit Günthard die Radiosendung «Fit mit Jack» produzierte. Radio Beromünster, morgens um acht.

«Günthard war ein Prediger», sagt Thurnheer am Telefon. Die letzte Minute der Sendung habe er jeweils gebraucht, um vor Gesundheitsgefahren zu warnen, etwa eben vor dem Übergewicht.

Nachfrage ist gross

Dieser Tage gibt Günthard, der vor vier Jahren gestorben ist, ein posthumes Comeback. SRF stellt seine alten Sendungen online, zeigt einen Ausschnitt in der «Tagesschau», bietet seit Anfang Monat mit «Fit mit Adriano» eine Adaptation mit Langläufler Adriano Iseppi an.

Viele Zuschauer verlangten nach Fitnessübungen für zu Hause, erklärt eine SRF-Sprecherin. Also muss der alte Jack wieder ran mit seiner «Mutter aller Fitnesssendungen» (Beni Thurnheer). Mit den Videos öffnet SRF ein Wurmloch in eine vergangene Welt, eine frühere Schweiz.

«Darf ich euch bitten, den Tisch wieder wegzuräumen?», sagt Günthard im freundlichen Kommandoton zur tief im Sofa hockenden Familie Lehmann, die sofort aufsteht, den Tisch wegräumt und sich bemüht, die Übungen ordentlich auszuführen. «Jack Günthard, das war die alte Magglingen-Schweiz. Zucht und Ordnung, ziemlich militärisch», sagt Beni Thurnheer.

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Günthard – kantiges Gesicht, Nabholz-Trainer, Porschefahrer – war der Vorturner der Schweiz, erst im Radio, dann im Fernsehen. Davor studierte er Sportwissenschaften an der ETH und gehörte zu den Top-Athleten des Landes.

Mit über 30 Jahren wurde er Olympiasieger am Reck und Europameister am Barren, als Coach drillte der Zürcher die Nationalmannschaften der Schweiz und Italiens zu beachtlichen Erfolgen.

Bodenturnen am Eidgenössischen Turnfest in Zürich: Jack Günthard, 1955.

«Mit Disziplin ist alles möglich, das war sein Motto», sagt Thurnheer. Rhythmusgefühl allerdings habe Jack Günthardt keines gehabt. Um die Übungen zu erleichtern, wurden sie mit Musik unterlegt, aber Günthard habe es einfach nie geschafft, im Takt zu turnen. «Irgendwann verlor der Musikinstruktor jeweils die Nerven und sagte zu Jack: ‹Ach, mach doch einfach!›»

Ersatzkleider bereitlegen

Jack Günthard war ein Idol zumal des konservativen Milieus, die NZZ schwärmte von seiner «suggestiven Überzeugungskraft». Heute wirken seine Auftritte vor allem hölzern, gerade auch in ihrer erzwungenen Lockerheit. Etwa wenn Günthard den Zuschauern ein «Muskelkäterli» androht oder von Bewegungen wie «Palmen im Wind» erzählt.

Brauchbar seien die Übungen aber nach wie vor, sagt Beni Thurnheer. «Jack hat sie ja damals sehr überlegt und nach sportwissenschaftlichen Kriterien zusammengestellt.» Allerdings solle man sich vorher besser ein paar Ersatzkleider bereitlegen, wenn man ernsthaft mitturnen wolle mit Jack Günthard.

Das Fitnessprogramm von SRF für die Corona-Zeit finden Sie hier.