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Das Gehirn der Airline
Das passiert im Swiss-Kontroll­zentrum, wenn «Warschau» umgeleitet wird

Der Austausch zwischen Besatzungen und Operation Center passiert nicht nur vom Cockpit aus, sondern zuweilen auch im persönlichen Zwiegespräch. 
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Die Gewitterabkühlung vom Dienstagabend war vielen willkommen. Weniger gelegen kam sie der Crew von Swiss-Flug LX 1353 zwischen Warschau und Zürich. «Aufgrund der schwierigen Wettersituation wurde dem Piloten bald klar, dass aus der Landung in Kloten nichts mehr werden würde», sagt Mark Ansems. Als Head of Operations Steering ist er bei Swiss mit zuständig für das Netzwerk. Mit ihrem Problem wandte sich die Besatzung nun an das «Operation Control Center» (OCC) der Fluggesellschaft in Kloten.

In dieser Einsatzleitstelle laufen die Info-Fäden zusammen, von überall auf dem Streckennetz aus. Am Mittwoch hat die Swiss zusammen mit dem Bodendienstleister Swissport zum Mediengespräch eingeladen und einen Blick hinter die Kulissen geboten. Der Kern des Zentrums bilden die Tische für die NOC-Schnittstelle (Network Operation Control). «Hier findet in so einer Situation der erste Austausch mit dem Piloten statt», sagt Ansems. «Das NOC sammelt alle Daten wie Wetter, Treibstoff an Bord und verfügbare Flughäfen und gibt dem Cockpit eine Empfehlung ab.»

Flug 1353 empfahl man, nach Düsseldorf auszuweichen, was der Kapitän auch so umsetzte. «Das ist der Moment, wo es hier kurz lauter wird, indem jemand den ganzen Stock informiert, indem er ruft: ‹Der Warschau geht nach Düsseldorf›», sagt Ansems. Das beschert den Personen an den anderen Tischen Arbeit. 

Büro mit Pistensicht

Auf den ersten Blick könnte das OCC ein beliebiges anderes Büro sein. Multi-Monitor-Set-ups mit Laptop-Dockingstationen auf weiss-beigen Schreibtischen, eine etwas zu kleine Zimmerpflanze neben dem Drucker, ein Korb mit Bananen und eine Kaffeemaschine samt aufgeklebtem Wort «Smile!». Allerdings sieht man vom Fenster aus direkt aufs Flugvorfeld. Und auf den zweiten Blick sind die sechs Bildschirme pro Arbeitsplatz auffällig: Sie zeigen globale Live-Wetterkarten, Excel-ähnliche Einsatzpläne und da und dort ein Browserfenster mit der Seite von Flightradar24, wo der weltweite Flugverkehr in Echtzeit dargestellt wird.

«An einem idealen Tag hätte hier niemand etwas zu tun», sagt Mark Ansems. «Aber einen solchen Tag gibt es nicht.» Eine technische Panne am Flugzeug, ein plötzlich erkranktes Crewmitglied, ein medizinischer Notfall an Bord – oder ein Streik an Flughäfen oder von Fluglotsen irgendwo auf der Welt. Es gibt viele Gründe für Störungen, von suboptimal bis Krise. 

«So etwas wird sonst in einer halben Stunde abgearbeitet.»

Mark Ansems, Head of Operations Steering, zur Umleitung von LX 1353 nach Düsseldorf

Bei LX 1353 war es eben das Wetter. «Am Tisch nebenan muss die Crew Control nun ausrechnen, ob es nach der Zwischenlandung aufgrund der zulässigen Arbeitszeit der Besatzung überhaupt nach Zürich reicht oder ob man eine neue Besatzung nach Düsseldorf hochschicken muss», fährt Ansems fort.

Parallel dazu geht vis-à-vis das «Passenger Care Center» die Passagierliste des Flugs durch und sucht nach Lösungen für jeden einzelnen Fluggast. «Man schaut, ob VIPs auf dem Flug sind, die man direkt anrufen muss. Dann wollten die einen Passagiere nur nach Zürich, für die sucht man Alternativflüge oder gegebenenfalls Hotels. Andere wollten via Zürich zum Beispiel auf die Langstrecke, da gibt es vielleicht andere Lösungen direkt von Düsseldorf aus.» 

Nun wäre ein «Warschau», der nach Düsseldorf umgeleitet wird, für das Swiss-Nervenzentrum kein allzu besonderer Fall. «So etwas wird sonst in einer halben Stunde abgearbeitet», sagt Mark Ansems. Normalerweise. Jetzt aber ist Ferienzeit, und die Flüge sind voll. Die Swiss operiert mit nahezu 100 Prozent Auslastung, Umbuchungen sind so um ein Vielfaches schwieriger.

Erst am nächsten Tag 

Einen Tisch weiter musste sich auch die Stelle der «Hub Control» noch mit dem «Fall Warschau» befassen. «Hier geht es darum, an den betreffenden Gates für die Langstrecken-Anschlüsse zu melden, dass man dort nicht auf die Fluggäste aus Warschau zu warten brauche», sagt Ansems. Diese würden an jenem Abend sowieso nicht mehr kommen.

Derweil planen die Angestellten in der Ecke des «Flight Dispatch» den neuen, bislang nicht vorhandenen Flug von Düsseldorf nach Zürich. «Am Ende wurde entschieden, nicht am selben Abend nach Zürich zu fliegen.» Und so figurierte das Passenger Care Center bis spät in die Nacht als Reisebüro, das Hotelzimmer in Düsseldorf zu organisieren hatte, während der Airbus A220-300 am Mittag des nächsten Tages ausserplanmässig als LX 7353 wieder in Kloten aufsetzte.

Sechs Bildschirme sind für den Überblick über das Swiss-Streckennetz nicht zu viele. 
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