GC geht in amerikanische HändeDie neuen GC-Besitzer versprechen Hollywood-Glamour im Letzigrund
Die Grasshoppers werden an den Los Angeles FC verkauft. Die chinesische Besitzerin Jenny Wang ist Geschichte. Die neuen Eigentümer wollen mehr lokale Verankerung.
«Grasshopper-Club Zürich. De Stolz vo Züri». So steht es auf zwei grossen Bannern am Mittwochabend.
Die Fussballer von GC haben zur Medienkonferenz geladen. Kurzfristig. Und es ist nach den Entwicklungen in den vergangenen Wochen keine Überraschung mehr, was sie um 19 Uhr im Bootshaus der Rudersektion verkünden. Der Club kommt in neue Hände. Die bisherigen chinesischen Eigentümer um Jenny Wang und den Fosun-Konzern verkaufen ihren Aktienanteil von 96,5-Prozent an die Amerikaner des Los Angeles FC.
András Gurovits, bisher und auch in Zukunft Vizepräsident und Repräsentant des alten, stolzen GC, ist glücklich. Er eröffnet die Medienkonferenz und dankt zwar Jenny Wang für ihr Engagement, sagt aber auch bald: «Ziel ist es, die Verbundenheit des GC-Profifussballs mit seinen Wurzeln und mit der Stadt Zürich wiederherzustellen, wieder zu stärken.» Ihm war es deshalb auch wichtig, dass die neue Zeitrechnung nicht auf dem GC-Campus in Niederhasli bekannt gegeben wird. Sondern an bester Stadtzürcher Lage beim Seebecken.
Als die Chinesen vor vier Jahren übernommen hatten, redeten sie bei GC vom «Aufbruch in die Zukunft» und von «ganz neuen Perspektiven». Jetzt ist Gurovits glücklich, dass die chinesische Ära vorbei ist. Er hatte sich schon lange daran gestört, wie der Club geführt wird. Und es hat ihm wehgetan, dass die Grasshoppers immer bedeutungsloser wurden. Sportlich. Und auch, was die Wahrnehmung in der Stadt Zürich angeht.
Eine Frau an der Spitze
Neben Gurovits sitzen Stacy Johns, Larry Freedmann und Harald Gärtner. Johns ist beim Fussballclub in Los Angeles Finanzchefin und COO, bei GC ist sie die neue Präsidentin. Freedman ist in L.A. Co-Präsident und CEO, in Zürich wird er Mitglied des Verwaltungsrats. Und Harald Gärtner spielt als Verantwortlicher des Europageschäfts des LAFC ab sofort eine entscheidende Rolle, wenn es bei GC um sportliche Entscheidungen geht.
Rund acht Millionen Franken sollen die Chinesen vor knapp vier Jahren für die Übernahme der Aktien bezahlt haben. Wie viel jetzt die Amerikaner überweisen und was sie zukünftig aufwenden wollen, darüber mag niemand in der Runde Auskunft geben.
Vermutlich ist der Kaufpreis ähnlich hoch wie vor vier Jahren. Und ganz sicher ist dieser Betrag nur ein kleiner Teil der Summe, welche die Amerikaner aufwenden müssen, um GC wieder erfolgreich zu machen.
Unter chinesischer Führung und mit überschaubarem sportlichem Erfolg machten die Grasshoppers bis zu 14 Millionen Verlust pro Saison. Die neuen Besitzer aber wollen nicht in der Super League dabei sein. Sie wollen vorne mitspielen. Nicht sofort. Aber doch bald. Stacy Johns sagt, sie wisse Bescheid über die bisherigen Zahlen. Und sie kündet an: «Wir wollen gewinnen. Und wir werden Geld ausgeben, um zu gewinnen.» Irgendwann redet sie sehr unverblümt davon, dass man «das hier wieder zum Leben erwecken» müsse.
GC wird Teil eines grossen Netzwerks
Der Los Angeles FC wurde 2014 gegründet und gewann 2022 erstmals die Major League Soccer (MLS). Zuletzt, in der Saison 2023, reichte es für den Final.
Dieser Match ging zwar verloren gegen Columbus Crew, der LAFC ist trotzdem eine amerikanische Erfolgsgeschichte. Einst bezahlte die Franchise 110 Millionen Dollar, um Teil der MLS werden zu dürfen. Seit 2023 hat das Team laut dem Wirtschaftsmagazin «Forbes» als erstes der MLS einen Wert von einer Milliarde Dollar.
Der Club ist ein Verein der Reichen. Auf der Website listet er gleich 26 Besitzer auf, einige sind Investoren, andere zugleich auch Direktoren im Club. Derzeit ist es Bennett Rosenthal, der den Kurs bestimmt. Er ist mit einer Finanzfirma zu einem Vermögen gekommen. Die beiden anderen Hauptaktionäre sind Brandon Beck, der mit dem Computerspiel «League of Legends» reich geworden ist, und Larry Berg, ein weiterer Investmentbanker.
Dann ist da der Filmproduzent Peter Guber. Er ist Präsident des LAFC und dazu noch Mitbesitzer der Basketball-Franchise Golden State Warriors und des Baseball-Teams Los Angeles Dodgers. Der Malaysier Ruben Gnalaningam ist auch noch beim Londoner Fussballverein Queens Park Rangers involviert. Henry Nguyen ist ein vietnamesisch-amerikanischer Geschäftsmann, der einst McDonald’s nach Vietnam brachte.
Hinzu kommen Prominente wie der ehemalige Basketballer «Magic» Johnson beispielsweise, die frühere Fussballerin Mia Hamm oder Schauspieler Will Ferrell. Dieser könnte demnächst im Letzigrund auftauchen, kündigt Larry Freedman an: «Er ist mit einer Schwedin verheiratet, sie sind häufig in Europa. Ihr könnt davon ausgehen, dass einige unserer prominenten Investoren in Zürich Spiele besuchen werden.»
In Europa unterhält der Club mit Bayern München eine strategische Partnerschaft im Nachwuchsbereich. Über seine Investoren ist er auch mit Inter Miami, Atlético Madrid, Chelsea und Strasbourg verbandelt. In Uruguay ist der Racing Club Montevideo Teil des Netzwerks, in Gambia eine Nachwuchsakademie. Zu diesem interkontinentalen Geflecht gehört nun also auch GC, der Rekordmeister aus der Schweiz, dessen letzter von bisher 27 Meistertiteln allerdings über 20 Jahre her ist.
Bei ihrem ersten Auftritt in Zürich betonen die neuen amerikanischen Besitzer, wie GC wieder schöne Zeiten erleben soll. Das Geld natürlich ist wichtig, weil ohne Investitionen nichts möglich ist. Die neuen Chefs aber wollen langsam vorgehen, mit den Angestellten reden, sich ein Bild verschaffen, erst dann Massnahmen ergreifen.
Sie wollen Vertrauen schaffen, die Gunst der GC-Anhänger gewinnen, wieder mehr Zuschauer ins Stadion locken, neue Gönner und Sponsoren finden. Larry Freedman sagt: «Wir wissen, dass es Arbeit zu erledigen gibt. Aber wir schauen hoffentlich besseren Zeiten entgegen.»
Gemeinsam. So lautet das Wort, das an diesem Abend immer wieder fällt. Das klingt zumindest gut und vernünftig für die Grasshoppers und ihre Anhänger nach Jahren voller Wirren. Es wurde nie klar, was die chinesischen Besitzer in Zürich wollten. Von einem Bekenntnis zum Club war nichts zu spüren.
Jenny Wang war genau einmal in Zürich. Und sie kann genau einen sportlichen Erfolg aufweisen: den Aufstieg im Jahr 2021 nach zwei Jahren in der Challenge League. Und sonst? Fielen die Grasshoppers vor allem durch Querelen auf.
Sky Sun, zwischenzeitlich Präsident, war mal da und mal nicht. Die Sportchefs Bernard Schuiteman und Seyi Olofinjana wurden zu Randfiguren in diesem Theater, Geschäftsführer Shqiprim Berisha zu einem Mann der grossen Worte.
Giorgio Contini, der Trainer der letzten Saison, kündigte gleich selbst. Der Verein schaffte es nicht, gesetzte und bei den Fans äusserst beliebte Spieler wie André Moreira und Petar Pusic zum Verbleib zu überreden, und verkaufte dann auch noch Dominik Schmid nach Basel. Überhaupt: Es kamen und gingen in den vergangenen Jahren Unmengen von Spielern.
Mit den Amerikanern soll es ruhiger werden
Auch der LAFC will dereinst mit jungen Spielern Geld verdienen. Sie sollen sich im eigenen, weltweit gespannten Netzwerk entwickeln – und dann mit Gewinn an andere Clubs abgegeben werden. Und doch ist die Hoffnung da, dass unter den Amerikanern weniger wirr und hektisch transferiert wird als unter den Chinesen. Präsidentin Johns jedenfalls stellt in Aussicht, dass auch der GC-Nachwuchs wieder «zu altem Glanz» zurückgeführt werden soll.
Johns selber will zwar immer wieder in Zürich vor Ort sein, leben wird die GC-Präsidentin aber weiterhin in Los Angeles. Das Ziel ist, dass demnächst ein CEO das Tagesgeschäft in Zürich übernimmt. Dieser soll, wenn nicht aus der Schweiz, so doch zumindest aus Europa kommen: «Weil wir in Los Angeles kaum jemanden finden werden, der die hiesige Kultur auf Anhieb versteht.»
Grosse personelle Änderungen sind vorerst nicht geplant. Matt Jacksons Zeit als GC-Präsident ist zu Ende, er geht zurück zu den Wolverhampton Wanderers. Ansonsten aber wollen die neuen Eigentümer erst einmal mit dem bestehenden Personal arbeiten.
Vielleicht kommen im Winter noch ein paar Spieler. Aber auch hier will der LAFC erst einmal zurückhaltend agieren. Vielleicht, weil er von den Hauruck-Aktionen seiner Vorgängerin gelernt hat.
Defizite in der Höhe von mehr als 30 Millionen Franken dürften die Chinesen während ihrer Zürcher Zeit gedeckt haben. Die verheerenden Zahlen machten es nicht leicht, diesen Verein loszuwerden. Und genau das wollten die Chinesen am Ende: den Club loswerden. Ohne weitere Verluste. Nun haben sie ihre schwierigste Aufgabe der letzten vier Jahre vollbracht.
Mit dem Kaufpreis, den laufenden Kosten und Investitionen ins Kader dürften die neuen Besitzer nur schon bis Saisonende rund 20 Millionen Franken in GC stecken. Der Los Angeles FC kann sich das leisten. Derzeit ist das Unternehmen dabei, frisches Kapital zu suchen. Die Rede ist von 700 bis 900 Millionen Dollar, die gesammelt werden sollen.
Dank an Jenny Wang
Gurovits dankt der ehemaligen Eigentümerin: «Mit der heutigen Übernahme geht eine fast vierjährige Reise mit Jenny Wang zu Ende. Mit ihr haben wir den Wiederaufstieg in die Super League geschafft. Und wir haben uns dort gehalten. Das darf man nicht unterschätzen. Darum hat Frau Wang unseren Dank verdient. Und sie war flexibel genug, dass die Aktien jetzt an den Los Angeles FC übergehen konnten.»
GC ist amerikanisch
Andras Gurovits bestätigt, was seit einiger Zeit alle gewusst haben: Die Grasshoppers werden us-amerikanisch. Der Los Angeles FC hat 96 Prozent der Aktien der Grasshopper Fussball AG gekauft. Die Zeit der chinesischen Besitzerin Jenny Wang ist nach dreieinhalb Jahren abgelaufen.
Die Liga hat bereits die Zustimmung zur Übergabe der Aktienmehrheit gegeben.
Es geht los
Die Medienkonferenz beginnt. Es sind anwesend: Andras Gurovits, der bisherige Vizepräsident der Grasshoppers, Stacy Johns, Larry Freedman und Harald Gärtner, der Europa-Chef von Los Angeles FC (v. l.).
Was wir erwarten
Die Grasshoppers haben einen neuen Besitzer. Der Verein informiert ab 19 Uhr über «eine bedeutende Neuankündigung». Dabei handelt es sich um den Verkauf der Aktien an die Investoren des Los Angeles FC. Gemäss Informationen dieser Zeitung wird ein US-Amerikaner neuer GC-Präsident. Andras Gurovits soll den Posten als Vizepräsident behalten.
GC wird damit Teil eines grossen internationalen Netzwerks, das von Nordamerika über Europa nach Afrika und Südamerika reicht. Nur wenige Stunden bevor der Verkauf an den Los Angeles FC offiziell wurde, hat die Gruppe einen Europachef ernannt. Der Deutsche Harald Gärtner soll «die europäische Geschäftsstrategie» der Amerikaner leiten. Er war Geschäftsführer beim FC Ingolstadt und zuletzt bei Klagenfurt tätig.
Seit Monaten war bekannt, dass GC-Besitzerin Jenny Wang den Schweizer Rekordmeister loswerden möchte. Seit der Übernahme im Frühling 2020 haben die chinesischen Eigentümer über 30 Millionen Franken in die Grasshoppers fliessen lassen.
Die Ziele waren gross. Innerhalb von fünf Jahren wollte GC um den Meistertitel spielen. Der sportliche Erfolg blieb allerdings überschaubar. Die Grasshoppers wurden in erster Linie Drehscheibe für viele junge Spieler aus aller Welt.
Der Los Angeles FC ist derzeit auf einem aggressiven Wachstumskurs. Laut dem Wirtschaftsmagazin «Forbes» ist das Team seit Frühjahr 2023 als erstes der Major League Soccer eine Milliarde Dollar wert.
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