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Google mischt den Hörbuch-Markt auf

Ben Becker ist einer der Stars unter den deutschen Hörbuchsprechern.
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Was bis gestern ein Gerücht war, ist heute Realität: Google verkauft im Play Store nebst Apps, Musik, Filmen und Serien und E-Books nun auch Hörbücher, wie Google dies offiziell angekündigt hat. Im Schweizer Onlineshop sind bereits entsprechende Angebote publiziert.

Viele begrüssen diese Sortimentserweiterung. «The Verge» schrieb vor kurzem über den möglichen Markteintritt: «Das wäre bedeutsam: Google könnte Amazons Dominanz infrage stellen.» Denn bislang beherrscht Amazon mit seiner Tochter Audible den Markt der gesprochenen Bücher. 2013 hat die Zeitschrift «The Atlantic» das offensichtlich festgehalten und Audible zum «König der Hörbücher» gekürt.

Schon damals wurden in den USA mehr als die Hälfte der Hörbücher als Download und nicht mehr als CD ab­gesetzt. «Und fast alle Downloads kommen von Audible.» Reuters hat den Marktanteil der Amazon-Tochter 2015 im deutschsprachigen Raum auf über 90 Prozent geschätzt.

Die Stärke von Amazons Hörbuchtochter ist ein riesiges Sortiment mit inzwischen mehr als 200'000 Titeln – nicht nur gesprochene Bücher, sondern auch Hörspiele und Podcasts. Ein ­beachtlicher Teil des Angebots sind Eigenproduktionen, die nur über Audible erhältlich sind.

Ein Abo­modell ­bindet die Hörer an den Anbieter, indem Mitglieder pro Monat ein Hörbuch zu einem stark reduzierten Fixpreis be­ziehen können. Denn Don Katz, der Gründer von Audible, hat schon Anfang der Nullerjahre erkannt, dass Hör­bücher «ein Massengeschäft mit niedrigen Margen sind».

«Wie eine glückliche Kindheit»

Katz hat sein 1995 gegründetes Unternehmen 2008 für 300 Millionen US-Dollar an Amazon verkauft. In einem Porträt der «Süddeutschen Zeitung» erklärt er, wie er zum «Herr der Vorleser» wurde. «Vorgelesen zu bekommen, ist eine intime Erfahrung. Es erinnert an eine glückliche Kindheit», sagte er.

Doch bevor er die Sache in die Hand genommen habe, seien Hörbücher ein schlechtes ­Medium gewesen, findet Katz. Der Pionier des Mediums war Books on Tape, der 1975 angefangen hatte, Bücher auf Kassette zu verleihen. Doch der Hörer musste ständig Kassetten drehen oder auswechseln. Und die Sprecher hätten «mit Absicht langweilig und monoton gelesen».

Audible war über Jahre auch der einzige Lieferant für Hörbücher im iTunes Store von Apple. Erst Anfang 2017 haben die beiden Unternehmen die gegenseitige Exklusivitätsvereinbarung auf­gegeben: Seitdem darf Apple auch Hörbücher aus anderer Quelle anbieten. Und Audible hat das Recht, auch andere Plattformen als den iTunes Store zu beliefern.

Freiwillig war dieser Verzicht nicht: Sowohl die EU-Kommission als auch das deutsche Bundeskartellamt hatten 2015 ein Verfahren gegen Amazon und Apple eingeleitet.

Absolute Kontrolle

Es gibt auch andere Kritik an Audible. 2015 ging es um eine geplante Flatrate, die der Börsenverein des Deutschen Buchhandels als Missbrauch der Marktmacht brandmarkte: Der US-amerikanische Dominator würde den kleinen deutschen Hörbuchverlagen existenz­bedrohende Konditionen diktieren.

Im gleichen Jahr haben sich amerikanische Autoren über die «schrecklichen Autorenhonorare» beklagt: «Amazon hat die absolute Kontrolle über die Preise und behält 60 Prozent für sich selbst», berichtete The-digital-reader.com.

In der Schweiz ist das Hörbuch durch den Übergang von der CD zum Download unter Druck geraten. Vor zehn Jahren, als das Medium einen eigentlichen Boom erlebte, ging eine Produktion auf CD für 32 Franken über den Ladentisch. Das ist vorbei. Bzbasel.ch zitierte im ­Oktober letzten Jahres Oliver Bolanz, den Leiter des Merian-Verlags: «Das Download-Geschäft lohnt sich nur für massentaugliche Produkte.»

Online ist wenig Geld zu holen

Typischerweise geht ein Hörbuch online für um die 10 bis 12 Franken weg. Der ­Erlös für den Verlag ist höchstens die Hälfte, und er muss auch die Produktionskosten und Honorare begleichen.

Da erstaunt es nicht, dass das Hörbuch dem Buchhandel Umsatzeinbussen beschert. Im Marktreport 2016 des Buchhändler- und Verlegerverbands schlugen sie mit minus 6,9 Prozent zu Buch.

Immerhin: Es gibt Alternativen zu Audible. Der vielversprechendste ist hierzulande der «Spartarif» von Orell Füssli. Das Abo kostet 12.90 Franken und verschafft regelmässigen Hörern eine Einsparung von bis zu 70 Prozent gegenüber dem regulären Verkaufspreis (siehe Übersicht).

Wie viele Nutzer der Spartarif hat, will Orell Füssli Thalia nicht sagen. Ebenso wenig teilt das Unternehmen mit, wie gross der Anteil der Hörbücher im Vergleich zum gedruckten Lesestoff und zum E-Book ist. Die Tendenz sei aber in beiden Fällen steigend, lässt Mediensprecher Alfredo Schilirò durchblicken. Bei Orell Füssli machen die Downloads gegenüber der CD erst ein Drittel aus – da besteht noch grosser Aufholbedarf.