Geldberater: Der Marktschrei(b)erGeduld bringt Schoggi – von Lindt & Sprüngli
UBS und Credit Suisse sind nur für starke Nerven +++ Swiss Life kaschiert frühere Verfehlungen +++ Logitech nach dem Rekordjahr +++ Transocean ist hoch verschuldet.

Lindt & Sprüngli: Halten
Mit Lindt & Sprüngli wären Sie reich geworden. Die Titel des Schokoladeherstellers hatten in den letzten 20 Jahren eine Gesamtperformance (Kursgewinn plus Dividende) von 1230 Prozent. Nur wenige Unternehmen an der Schweizer Börse schnitten in diesem Zeitraum besser ab. Es gelingt den Kilchbergern immer wieder, sich mit innovativen Produkten gegen den Trend zu gesunder Ernährung zu stemmen. Doch die Pandemie hat Lindt gebremst. Weniger Passanten in Innenstädten und kaum noch Verkäufe an Flughäfen liessen die Umsatz- und Gewinnzahlen einbrechen. Ich denke, das ist nur eine Delle. Der Konzern wird mit anhaltend hohen Marketingausgaben weitere Marktanteile gewinnen und rasch auf das alte Profitabilitätsniveau zurückkehren. Eine Wiederholung der aussergewöhnlichen Performance erwarte ich in den kommenden Jahren nicht. Aber wer Geduld mitbringt, wird mit den Schoggi-Aktien auch in Zukunft den Markt schlagen. Der soeben angekündigte Rückkauf eigener Aktien stützt den Kurs zusätzlich. Halten
UBS, Credit Suisse: Halten
Ich habe etwas verpasst. Seit ihrem Tiefpunkt vor einem Jahr haben sich die Aktien von UBS und Credit Suisse ungefähr verdoppelt. Trotzdem könnte sich ein Einstieg in die Schweizer Grossbanken noch lohnen – für Leute mit starken Nerven. Der einen (UBS) droht eine Milliardenbusse in Frankreich, die andere (CS) verzeichnet bei ihrer Jagd nach Erfolg immer wieder Rückschläge. Gerade jetzt erleidet sie wegen der Pleite des 10-Milliarden-Greensill-Fonds einen Imageschaden. Doch wie heisst es so schön: Rückschläge sind Kaufgelegenheiten. Wann soll man Grossbank-Aktien halten, wenn nicht jetzt? Die Zinslandschaft sieht aus Bankensicht heute viel besser aus als noch vor einem halben Jahr. Höhere Renditen und eine steilere Zinskurve mit grösseren Unterschieden zwischen lang- und kurzfristigen Zinsen bringen den Banken potenziell Hunderte Millionen Franken Zusatzeinkommen. Eine Trendumkehr im Zinsgeschäft ist ein Kaufsignal für Bankaktien. Ich hoffe nur, dass die Zinssteigerungen den Aktienbörsen nicht den Boden entziehen. Das würde nicht nur den Bankaktien schaden. Halten
Swiss Life: Kaufen
Swiss Life ist siegessicher: Trotz weniger Gewinn zahlt der Versicherer mehr Dividende. Das Corona-Jahr hat zwar Spuren hinterlassen im Sparergebnis, weil beim Investieren der Kundengelder wegen der Zinslage weniger blieb. Stabil war aber der Saldo, der nach Ausgaben für die finanzielle Absicherung von Invaliditäts- und Todesfällen resultiert. Gestiegen sind die von den Finanzproduktmaklern des Konzerns kassierten Gebühren sowie die Honorare für die Verwaltung von Geldvermögen und Liegenschaften. Mit dieser guten Entwicklung kann das Management kaschieren, dass es wegen früherer Verfehlungen beim Vertrieb steuersparender Versicherungsprodukte an US-Bürger eine Rückstellung buchen musste. 2021 wird das Sparergebnis der Vorsorge- und Versicherungsgelder durch die Zinssituation weiterhin gebremst. Aber vieles deutet darauf hin, dass der Konzern mit Vermögens- und Immobiliendiensten sowie der Versicherungsvermittlung mehr verdient. Auch verleihen die im Januar wieder aufgenommenen Aktienrückkäufe den Valoren Pfiff. Kaufen
Logitech: Kaufen
Der Kursrutsch bei Technologie-Titeln verschont auch die Börsenlieblinge nicht. So haben die Aktien des PC-Zubehör- und Gaming-Spezialisten Logitech seit Anfang Woche rund ein Zehntel ihres Werts eingebüsst. Und das, obwohl die Westschweizer an einem Investorenanlass am Montag ausgesprochen zuversichtliche Signale ausgesandt hatten: Nach dem Rekord-Pandemiejahr 2020/21, in dem der Umsatz mehr als 60 Prozent zulegte, soll es trotz hoher Vergleichsbasis mit leichtem Wachstum weitergehen. Auch die Bruttomarge soll sich nochmals verbessern; das, obwohl die Marketingausgaben hochgeschraubt werden, um den Absatz weiter zu befeuern. Die Logitech-Führung ist für eine vorsichtige Prognosepraxis bekannt, und so habe ich wenig Zweifel, dass diese Ziele gut erreicht werden können, zumal sich der Trend zum Homeoffice und der globale Boom in E-Sports und Gaming auch nach dem Auslaufen der Pandemie fortsetzen werden. Mit einem für das laufende Jahr geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 24 sind die Aktien attraktiv bewertet. Ich würde die Kursschwäche nutzen, um die Position aufzustocken. Kaufen
Transocean: Verkaufen
Noch gar nicht so lange ist es her, da war Transocean Teil des Schweizer Leitindex SMI. Doch vieles ist passiert seit dem Delisting 2016 des im Kanton Zug beheimateten Konzerns. Heute notiert der auf Offshore spezialisierte Ölförderer nur noch in New York und muss durch schwere See navigieren. Zu schaffen macht Transocean insbesondere der seit Jahren tiefe Ölpreis. Grosse Energiekonzerne, an die Transocean seine Bohrplattformen vermietet, haben ihre Bohrvorhaben zurückgefahren und die Investitionsausgaben für die kommenden Jahre gekürzt. Auch wenn Transocean-Titel auf dem höchsten Stand seit 12 Monaten notieren und die Ölpreise zuletzt wieder über 60 Dollar pro Barrel gestiegen sind, bleibe ich skeptisch. Wie andere auf die Offshore-Förderung spezialisierte Konzerne ist Transcocean hoch verschuldet. Es ist ein Rennen gegen die Zeit: Kann der Konzern von den steigenden Ölpreisen profitieren und ausreichend Liquidität generieren, um seine Schulden bedienen zu können, oder muss er doch Gläubigerschutz unter Chapter 11 anmelden? Diese Wette ist mir zu unsicher. Verkaufen
Diese Kolumne wird von den Redaktorinnen und Redaktoren der «Finanz und Wirtschaft» verfasst. Sie haben sich verpflichtet, nicht in den entsprechenden Titeln aktiv zu sein. Wer die Tipps dieser Kolumne umsetzt, tut das auf eigenes Risiko. Die SonntagsZeitung übernimmt keine Verantwortung.
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