Die neuen GrasshoppersDie Hymne? Weg! Der Heugümper? Weg! GC probiert es radikal
Am Tag des Spiels gegen Luzern veröffentlicht GC ein bemerkenswertes Statement. Es zeigt, dass die Eigentümer den Club ernst nehmen. Es könnte ihnen aber auch bald um die Ohren fliegen.
In seinem Song «Alles Neu» erzählt der Berliner Musiker Peter Fox von einer Transformation, einer Neuerfindung. Das Studio verbrennen, die alten Sachen in einem Sack verrotten lassen, bereit sein, die Welt zu retten, und so weiter. Alles, weil sein altes Leben eben schmeckt wie ein labbriger Toast.
Quintessenz der etwas mehr als vier Minuten: «Wenns dir nicht gefällt, machs neu!»
So in etwa liest sich auch ein Statement, das die Grasshoppers am Samstag veröffentlichen, bevor das Team im Letzigrund gegen Luzern spielt. Nur schon dieser Titel: «Die neue Ära beginnt.» Dann einige einleitende Worte und eine Auflistung. Kurzfazit derselben: Was alt ist, muss weg.
Am Samstagabend ist im Letzigrund davon schon einiges zu sehen. Oder eben nicht. Die GC-Hymne, erst vor zwei Jahren veröffentlicht, wird nicht abgespielt, sie besinge ein GC, das es so längst nicht mehr gebe. Bei Eckbällen und anderen Spielunterbrechungen gibt es keine Werbung. Der aufblasbare Heugümper, aus dem die Spieler jeweils auf den Platz liefen, ist weg.
Anderes wird folgen, so künden es die Grasshoppers an. Zum Beispiel soll der Weg von der Kabine zum Spielfeld «mit blauweissen Transparenten geebnet» werden, «um den Spielern eine letzte Motivation zu geben». Und Nöggi verschwindet. Sein Lied «Nume GC» wurde jeweils nach Heimsiegen gespielt, es stammt aus dem Jahr 1984.
«Zu sehr in der Vergangenheit gelebt»
Im Statement heisst es auch: «Mit 27 Meistertiteln und 19 Cupsiegen ist GC Zürich noch immer der erfolgreichste Fussballclub der Schweiz. GC wird stets mit Stolz auf seine glorreichen Zeiten zurückblicken. In den letzten Jahren hat der Club jedoch zu sehr in der Vergangenheit gelebt und sich damit den Weg für notwendige Neuerungen versperrt.»
Es soll also eine neue Zeit anbrechen bei GC. Überall werde investiert, heisst es, nicht nur in der ersten Mannschaft, auch im Nachwuchs, im Marketing und in jedem anderen Bereich. GC soll zudem auch wieder präsent werden in Zürich. Die Saisoneröffnung Anfang Monat fand in der Stadt statt, die erste Pressekonferenz ebenfalls.
Die Grasshoppers berieten sich in den letzten Wochen intensiv mit ihren Fans, es fanden Workshops statt, es wurde debattiert und diskutiert. Das Resultat: «Der Grasshopper-Club Zürich soll ein Verein sein, der seine Traditionen hochhält, ohne sich von seiner Vergangenheit abhängig zu machen.» Rekordmeister? Klar, eine Weile noch, aber das Wort soll aus dem Vokabular gestrichen werden.
Und wenn der Erfolg ausbleibt?
Bei GC liegt offenbar noch ganz viel Gerümpel im Keller, das wegmuss. Man kann diese Änderungen nun gut finden oder nicht, man kann die Hymne oder Nöggi oder sogar die Werbungen vermissen oder nicht. Aber immerhin zeigen die amerikanischen Eigentümer, dass sie sich Gedanken über diesen Verein machen. Und ihn nicht bloss als Umschlagplatz für Fussballer sehen.
Bloss: Liefert GC noch einmal eine Saison wie die letzte, könnte dieses Statement den Amerikanern auch bald einmal um die Ohren fliegen. Denn wem, der sich für diesen Verein interessiert, bringen dick aufgetragene Kampagnen etwas, wenn der Verein weiter Jahr für Jahr gegen den Abstieg kämpft?
Dazu ein Beispiel aus jüngerer Vergangenheit. Für ein Spiel gegen Lausanne verschenkten die Grasshoppers letzte Saison viele Tickets, am Ende waren 13’000 Personen im Stadion, so viele kommen sonst nur zum Derby gegen den FCZ. Das Publikum sah einen miesen Match, und ein beträchtlicher Teil der 13’000 ist offenbar nicht wiedergekommen. Das zeigt: Die Demonstration der Nähe zum Volk reicht nicht, ausschlaggebend ist am Ende das, was GC auf dem Rasen bietet.
Immerhin: Diese Woche haben die Grasshoppers mit dem 29-jährigen Benno Schmitz einen Spieler verpflichtet, der auf über 130 Einsätze in der ersten Bundesliga kommt. Er spielte zuletzt sechs Jahre beim 1. FC Köln. Es ist anzunehmen, dass ein Barrageteilnehmer der Super League einen solchen Spieler im Normalfall nicht einfach so bekommt. Und es heisst, dass noch weitere solche Transfers folgen könnten.
Ach ja, Fussball gespielt wurde am Abend auch noch. «Alles neu» galt auf dem Platz zwar nicht, aber immerhin «einiges neu». Nikolas Muci zum Beispiel schoss sein erstes Tor für die Grasshoppers in seinem zweiten Spiel, Aussenverteidiger Théo Ndicka kam auf seinen ersten Assist im GC-Trikot überhaupt.
Am Ende stand es 2:2, das ist bitter, weil die Grasshoppers nach dem 2:1 durch Pascal Schürpf bis zur 85. Minute führten. So lässt der erste Sieg noch auf sich warten. Genug im Gang ist aber so oder so bei diesen Grasshoppers.
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