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Katholischer Priester in New York
«Father G» hinterlässt ein Vermögen – und einen Sohn 

Bemerkenswert für einen Pfarrer: Louis Gigante hinterlässt Millionen und einen Sohn.
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Er hat viel Gutes getan, darin sind sich die Bewohnerinnen und Bewohner in der ganzen Bronx einig. Nämlich mehrere Tausend Häuser bauen lassen, viele Leute beraten, ihnen rechtliche Hilfe oder eine Arbeit zukommen lassen und was es sonst noch an Problemen gab, die er zu lösen half. Mit seinem weissen Haar und der schwarzen Soutane war er leicht zu erkennen, überall bekannt und von den meisten geschätzt. 

Erst jetzt, nachdem Louis Gigante im Oktober mit 90 Jahren gestorben ist, erfährt die Öffentlichkeit zwei Details aus seinem Leben, die nicht zu einem katholischen Strassenpriester und überhaupt nicht zu einem katholischen Priester passen. Erstens hinterlässt Gigante die Summe von 7 Millionen Dollar und zweitens einen heute 32-jährigen Sohn, das war auch seiner Kirche bekannt; jetzt soll Luigino das ganze Vermögen des Vaters erben. 

Mit Baseballschläger bewaffnet

Father G, wie Louis Gigante überall genannt wurde, wuchs als jüngster von fünf Brüdern in Manhattan auf. Seine Eltern, die bis zuletzt kein Wort Englisch konnten, waren aus Neapel nach New York ausgewandert, der Vater war Uhrmacher, die Mutter Näherin.

Dank dem Talent ihres jüngsten Sohnes beim Basketball konnte dieser studieren, wurde Priester, lernte Spanisch und zog in den lateinamerikanischen Teil der South Bronx, um als Strassenpriester zu helfen. Die Gegend bleibt eine der gefährlichsten von New York, viele sterben dort schon jung. Manchmal ging Father G mit einem Baseballschläger auf die Strasse, um sich im Notfall verteidigen zu können.

Die Wahrheit lag, wie so oft im Katholizismus, irgendwo in der Mitte.

Wie brutal es in der Umgebung zuging, zeigt die Karriere seiner vier älteren Brüder: Alle entschieden sich, der Mafia beizutreten. Der Älteste, Vincent, den sie «das Kinn» nannten, übernahm sogar die genuesische Mafia, die das organisierte Verbrechen von New York während Jahrzehnten dominierte. Und obwohl die Gegner von Father G, von denen er viele hatte, ihm wiederholt Mafia-Kontakte unterstellten, stritt er diese stets ab.

Hat er Kinder sexuell belästigt?

Da er sich zugleich weigerte, gegen seine Brüder auszusagen oder sie zu verurteilen, lag die Wahrheit, wie so oft im Katholizismus, irgendwo in der Mitte. Als sein ältester Bruder 1997 verhaftet und wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, verweigerte Father G ebenfalls die Aussage und musste dafür einige Tage ins Gefängnis. Dass er in den Sechzigerjahren ein Mädchen und einen Buben sexuell belästigt haben soll, hat er nie kommentiert; zwar kam es zu einer Anklage, aber nie zu einem Urteil. Das lässt sich als weiterer Hinweis darauf lesen, dass auch bei seiner Biografie nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist.

Aber die Leute in den Slums der South Bronx erinnern sich lieber an das Gute bei ihm als an das Zwielichtige oder das Schlechte. Father Gigante, lobte seine Diözese, habe den grössten Wiederaufbau von Häusern in ganz New York geleistet. Dazu kommt, dass er als Mitglied der Demokratischen Partei zwar vergebens für den amerikanischen Kongress kandidierte – er verlor aus Ungeduld und Naivität –, dass er es aber zweimal ins Stadtparlament schaffte. Ausserdem schloss er Ehen, hielt Messen ab, empfing Beichten und sprach Totenmessen. Ein Mann für fast alles.