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Prozess in Frauenfeld
Ex-Stadtschreiber der Wahlfälschung schuldig gesprochen

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Der frühere Stadtschreiber von Frauenfeld, Ralph Limoncelli, ist vom Bezirksgericht Frauenfeld der Wahlfälschung schuldig gesprochen worden. Er soll bei den Thurgauer Grossratswahlen im März 2020 Wahlzettel manipuliert und dadurch das Ergebnis verfälscht haben.

Das Gericht verurteilte den 50-Jährigen zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 12 Monaten und zu einer Busse von 3000 Franken, wie es am Mittwoch bekanntgab. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Limoncelli will den Fall ans Obergericht weiterziehen, wie sein Verteidiger erklärte.

Die beiden Richter und die Richterin sahen es als erwiesen an, dass der ehemalige Stadtschreiber und frühere CVP-Grossrat nach der Wahl vom 15. März 2020 rund 100 unveränderte Wahlzettel der GLP vernichtete und durch SVP-Wahlzettel ersetzte, die er aus dem Restbestand an Wahlunterlagen nahm.

Das Gericht folgte weitgehend den Anträgen von Generalstaatsanwalt Stefan Haffter, der die Anklage mit akribisch zusammengetragenen Indizien begründet hatte. Das Strafmass setzte das Gericht mit 12 Monaten aber leicht tiefer an als die von Haffter geforderten 15 Monate. Die Probezeit beträgt zwei Jahre.

Das Gericht sei überzeugt, dass es eine Manipulation der Wahl gegeben habe, sagte der Gerichtspräsident in einer kurzen Urteilsbegründung. Es gebe «keine vernünftigen Zweifel», dass sich die Sache so zugetragen habe wie von der Staatsanwaltschaft dargestellt.

Aufschlussreiche Kontrollblätter

Aufschlussreich waren für das Gericht unter anderem die Wahl-Kontrollblätter, also die Protokolle der Wahlauszählung in der Stadt Frauenfeld. Zwischen diesen Protokollen und den veröffentlichten Zahlen für die GLP und die SVP waren nach der Wahl grössere, nicht erklärbare Diskrepanzen festgestellt worden.

Limoncelli sei es nicht darum gegangen, den Grünliberalen zu schaden, sagte der Gerichtspräsident. Vielmehr habe er vermeiden wollen, als Leiter des Wahlbüros für einen erheblichen Fehler bei der Auszählung verantwortlich zu sein. Der Verurteilte habe Zugang zu den Wahlzetteln und zum Rest-Wahlmaterial gehabt.

Eine andere Täterschaft – etwa Mitglieder des Wahlbüros, Hauswarte oder Mitarbeitende der Einwohnerdienste – kamen für das Gericht laut dem Vorsitzenden praktisch nicht in Betracht. Limoncelli habe dank seiner beruflichen und politischen Erfahrung gewusst, wie viele Stimmen für eine Sitzverschiebung nötig waren.

Dass der Verurteilte kurz nach der Wahl allein zwei Nachkontrollen der Wahlzettel durchführte, könne man ihm nicht vorwerfen. «Er wurde allein gelassen», sagte der Gerichtspräsident. So habe es die Staatskanzlei unterlassen, ihn beim Nachzählen zu unterstützen.

Fall kommt vor Obergericht

Limoncelli will das Urteil nicht akzeptieren, wie sein Verteidiger sagte. Der Beschuldigte hatte an der Verhandlung vom Dienstag jede Schuld von sich gewiesen. Die Beweise für eine Wahlfälschung und gegen ihn als Täter seien völlig ungenügend. Limoncelli sprach von einer «frei erfundenen Theorie» des Staatsanwalts.

Durch die Wahlfälschung hatte die SVP im Bezirk Frauenfeld zunächst einen zusätzlichen Sitz auf Kosten der Grünliberalen (GLP) gewonnen. Auf Insistieren der GLP wurde die Wahl überprüft. Die Staatskanzlei erstattete Strafanzeige. Die Strafuntersuchung richtete sich zuerst gegen unbekannt, Limoncelli kam erst später unter Verdacht.

Der Grosse Rat korrigierte im Juli 2020 die Sitzverteilung und sprach den fraglichen Sitz der GLP zu. Limoncelli trat im August als Stadtschreiber von Frauenfeld zurück und wurde freigestellt.


SDA/sep