Basler Strafgericht spricht UrteilEx-Kassiererin der Fondation Beyeler zu Freiheitsstrafe verurteilt
Die 54-jährige Frau wurde der mehrfachen Veruntreuung und der gewerbsmässigen Geldwäscherei für schuldig befunden.

Die ehemalige Kassiererin der Fondation Beyeler, der vorgeworfen wird, 986’126 Franken in die eigene Kasse abgezweigt zu haben, ist vom Gericht schuldig befunden worden. Dies wegen mehrfacher Veruntreuung und gewerbsmässiger Geldwäscherei. Die heute 54-Jährige wurde zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sieben Monaten unbedingt verurteilt. Sie erhält zudem eine Geldstrafe von 45 Tagessätzen zu 70 Franken. Der Fondation Beyeler schuldet sie 899’000 Franken Schadenersatz.
Das Dreiergericht unter dem Vorsitz von Marcia Stucki beurteilte den Fall zweigeteilt. Als erste Phase betrachtete es die Zeit seit der Einführung des neuen Kassensystems bei der Fondation Beyeler im Herbst 2018. Weil danach einem Kassenmitarbeiter die Stornierungen auffällig erschienen – sie waren nicht in seiner Handschrift, obwohl sein Name darauf stand –, nahm man diese unter die Lupe.
In den Augen des Gerichts steht fest, dass die 54-jährige Frau in ihrer Handschrift Belege unterzeichnete, die angeblich von ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stammten. «Man muss keine Grafologin sein, um Ihre Schrift zu erkennen», sagte Stucki im Rahmen der Urteilsverkündung. «Sie schreiben in grossen Bögen von unten links nach rechts oben, das ist gut erkennbar.»
Glaubhafte Zeugenaussagen
Die Aussagen der Zeugen am Mittwoch vor Gericht seien glaubhaft, so die Gerichtspräsidentin. Zudem liege vom Mai 2019 eine Videoüberwachung vor, die belege, dass die Verurteilte stets allein im Kassenhaus gewesen sei, wenn ein Storno gemacht worden sei. Stucki: «Das Muster wiederholte sich.»
Zur Sprache kam in diesem Zusammenhang auch eine SMS, die die Frau an den Mitarbeiter geschickt hatte, der ihr auf die Schliche gekommen war: «Pass auf, was du kommunizierst!», hatte sie ihm geschrieben. Es gab eine weitere Textnachricht des Mannes an den Chef der Aufsicht: «Langsam ist es auffallend» – sie betraf den Umstand, dass es vor allem Storni gab, wenn die Frau allein im Kassenhaus war. Kaum war sie im Juli 2019 freigestellt worden, hörten übrigens auch die ständigen Druckerprobleme auf, die als Grund für die Storni angeführt worden waren.
Die andere, viel längere Phase begann laut Stucki, fünf Monate nachdem die Verurteilte im Dienst der ISS Facility Services AG bei der Fondation Beyeler angefangen hatte. Anfang August 2008 fing sie damit an, Gelder vom Verkauf der Eintrittskarten in die eigene Tasche abzuzweigen.
Diese Phase war der Frau nicht eindeutig zu beweisen. Hier kommt die sorgfältige Überprüfung ihrer Kontobewegungen durch die Staatsanwaltschaft ins Spiel. Mit grossem Aufwand – so das Gericht – habe die Stawa tabellarisch festgehalten, welche Gelder eingegangen seien und wann. Und dem die Bezüge gegenübergestellt.
Das Gericht machte sich in seiner Beratung die Mühe, stichprobenartig verschiedene Monate zu vergleichen.
Ein klares Muster erkennbar
Auch hier war klar ein Muster erkennbar: War die Frau in den Ferien, wurde kein Bargeld eingezahlt. Einzahlungen gab es nur an Tagen, an denen sie arbeitete – oder wenn sie tags zuvor gearbeitet hatte. Was das Gericht beziehungsweise die Staatsanwaltschaft auch prüfte: Gab es solche Bargeldeinlagen im drei- bis vierstelligen Bereich vor der Beschäftigung bei der Fondation – oder nach der Freistellung? Die Antwort: nein. «Sie gingen drastisch zurück», so Stucki.
In den Augen des Gerichts war somit klar, dass die Verurteilte auch in dieser Phase deliktisch tätig gewesen war. Und hier nun kommt die Strategie der Frau und ihres Pflichtverteidigers Alex Ertl ins Spiel. Sie hatte sich in der Befragung am Mittwoch konsequent geweigert, zur Herkunft des Geldes Auskunft zu geben. «In Ihrem Fall aber drängt sich eine Erklärung auf», sagte Stucki, «es werden Ihnen schwere Delikte vorgeworfen.»
Unter diesen Umständen wäre es laut Gericht «das Erste gewesen, einen Grund für das viele Geld über so lange Zeit anzugeben. Selbst wenn Ihnen der Grund unangenehm gewesen wäre. Die Version eines Gönners, wie sie Ihr Verteidiger vorbrachte, ist unplausibel. Das Gericht darf unter diesen Umständen seine Schlüsse ziehen.» Und der Schluss lautete: Es gibt gar keine andere Erklärung als die unrechtmässige Bereicherung.
Stucki zitierte ein Bundesgerichtsurteil: «Es kann als belastendes Indiz gesehen werden, wenn man sich weigert, Erklärungen zu liefern.» Dazu komme, dass es ja für die zweite Phase – wie sie hier genannt wird – Beweise gebe.
Die Veruntreuung wiegt am schwersten
Was die rechtliche Würdigung anbetrifft, so steht die mehrfache Veruntreuung im Vordergrund. Der Frau wurde dabei nicht vorgeworfen, in die Kasse gelangt zu haben, sondern all das viele Geld an der Kasse vorbei abgezweigt zu haben.
Hier unterschied das Gericht die erste Zeit, als die Frau bloss Mitarbeiterin an der Kasse war, und die Zeit ab 1. August 2012, in der sie die Kassenleitung innehatte. «Man hatte Sie befördert, und so kam Ihnen eine noch grössere Verantwortung zu. Man hatte Vertrauen in Sie gesetzt.» Die Urkundenfälschung, ebenfalls erstellt, ergibt sich durch die gefälschten Storni.
Bleibt noch der Vorwurf der gewerbsmässigen Geldwäscherei. Als es während des Prozesses um dieses Thema gegangen war, hatte Alex Ertl eine Definition der US-Zollbehörde vorgelesen. Ein angeblicher Beleg dafür, dass dies im Fall seiner Mandantin nicht zutreffen könne. Er hatte von Staatsanwalt Karl Aschmann darauf aufmerksam gemacht werden müssen, dass in der Schweiz das Schweizer Strafrecht gilt.
Keine Reue erkennbar
Für das Gericht steht fest: Auch dieser Vorwurf trifft zu. Es gebe dazu einen ganz aktuellen Bundesgerichtsentscheid, so Stucki: «Durch den Verbrauch des Geldes wird die Einziehung vereitelt.»
All das zusammengenommen führte zur Verurteilung wegen mehrfacher Veruntreuung – das schwerste Delikt in diesem Fall. Dafür erhielt die Verurteilte eine Strafe von drei Jahren. Für die Urkundenfälschung eine Strafe von 3 Monaten und für die Geldwäscherei eine Strafe von 4 Monaten. Das Strafmass ist somit noch einen Monat höher ausgefallen als von der Staatsanwaltschaft gefordert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Von Geständigkeit und Einsicht könne keine Rede sein, so Marcia Stucki. Auch Reue sei nicht vorhanden. «Höchstwahrscheinlich hätten Sie so weitergemacht, wenn man Ihnen nicht auf die Schliche gekommen wäre.» Eine Strafmilderung wegen eines angeblich über Gebühr langen Verfahrens – wie Ertl geltend gemacht hatte – wurde vom Gericht nicht erkannt. Im Gegenteil, es lobte die Stawa für ihre Arbeit.
Ein Satz der Verurteilten, den sie im Rahmen der Verhandlung am Mittwoch gesagt hatte, mutet nun wie ein Hohn an: «Ich habe mir alles hart erarbeitet.»
Nach Intervention des Rechtsvertreters des Pflichtverteidigers wurde die Kommentarfunktion ausgeschaltet.
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