Entscheid des BundesgerichtsEx-Freundin entführt: Stationäre Massnahme für gekränkten Täter
Ein 36-Jähriger wird wegen Freiheitsberaubung mit drei Jahren Gefängnis bestraft. Die Strafe wird zugunsten einer Therapie aufgeschoben.
Folgendes ist passiert: Der damals 34-jährige Beschuldigte trifft im Mai 2019 seine Freundin trotz Kontaktverbot (er hatte sie mehrmals geschlagen) in einem kleinen Dorf im Tösstal. Man will miteinander reden.
Der Mann fordert die Frau dann aber mit einem Fusstritt dazu auf, auf den Beifahrersitz ihres Autos zu sitzen. Obwohl er keinen Führerschein mehr hat, fährt er sie in ein nahe gelegenes Waldstück. Auf der Autofahrt fordert er die Frau auf, das Handy auszuschalten – andernfalls würde er es aus dem Fenster werfen.
Am Waldrand angekommen, sprechen sie stundenlang über die Beziehung, wobei sich das Verhalten des Mannes immer wieder von fürsorglich zu aggressiv verändert. Er schlägt auch mehrmals zu. Nachdem er ihr heftig mit der Faust ins Gesicht geschlagen hat, fährt er die verletzte Frau schliesslich mit dem Auto um 3 Uhr nachts ins Spital.
Nach der ärztlichen Behandlung lässt er sich um 5.30 Uhr von der Frau nach Hause fahren. Auf dem Weg eskaliert die Situation erneut. Da wird es der Frau zu viel. Sie hält an, flüchtet und stoppt ein vorbeifahrendes Auto. Dieser Autofahrer ruft schliesslich die Polizei.
Freundin ist nur aus Angst geblieben
Wie die Zürcher Vorinstanz kommen die Lausanner Richter zum Schluss, dass die Schilderungen der Ereignisse durch das Opfer glaubhaft seien. Sie deckten sich auch mit den Angaben des Beschwerdeführers zu den Abläufen des Abends. Dieser verlangte jedoch einen Freispruch vom Vorwurf der Freiheitsberaubung und Entführung.
Seiner Ansicht nach wäre es der Ex-Freundin jederzeit möglich gewesen, zu gehen. Die Frau blieb jedoch aufgrund von früheren Gewaltausbrüchen des Mannes – und damit aus Angst. Zwar hegte sie noch Gefühle für ihren Ex-Freund, wie sie in der Untersuchung aussagte. Diese Kombination sei bei Opfern von Beziehungsdelikten jedoch nicht ungewöhnlich, hielt die Zürcher Justiz laut Bundesgericht korrekt fest.
Weil die Frau die leichten Körperverletzungsdelikte nicht anzeigte, konnten sie von den Behörden nicht verfolgt werden. Diese konnten nur tätig werden, weil es sich bei der Entführung und der Freiheitsberaubung um Offizialdelikte handelt, bei denen die Behörden von sich aus eine Untersuchung einleiten müssen.
Auch die Anordnung der stationären Massnahme hält das Bundesgericht für verhältnismässig und angebracht. Ein Gutachten ergab, dass der Mann an einer «kombinierten Persönlichkeitsstörung» leidet und die Gefahr weiterer vergleichbarer Delikte wahrscheinlich ist.
Urteil 6B_641/2021 vom 30.3.2022
SDA/lia
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