Tierbestattungen im WaldEwige Ruhe für Hund und Katz
Was, wenn das Haustier stirbt? Die Auswahl an Bestattungsmöglichkeiten wächst, und bald dürfte die Nachfrage nach einer würdevollen Ruhestätte erst recht steigen.
Spätestens wenn man zum ersten Mal ein Haustier hat, und dazu zählen seit Corona so viele Schweizerinnen wie nie, wird man früher oder später mit der Frage konfrontiert: Was, wenn der Hund an einem unheilbaren Tumor erkrankt oder das Büsi im falschen Moment auf die Strasse rennt?
Das fragte sich vergangenes Jahr auch der Hundehalter André Zillig aus Pfaffhausen ZH zum ersten Mal. Was er dann über das Danach von Tieren herausfand, hat den Informatiker so irritiert, dass ihn das Thema nicht mehr losliess.
Viele Haustiere enden auf Kadaverstellen
Manche Kleintiere landen im Garten – bei einem Gewicht von bis zu zehn Kilogramm ist das auf dem eigenen Grundstück erlaubt. Allerdings müssen dafür Regeln eingehalten werden: Das Loch etwa muss mit 1,2 Meter Erde bedeckt sein, und es darf kein Gartenumbau anstehen.
«Da fragt man sich schon, ob das ein würdiger Abschied für einen jahrelangen Begleiter ist.»
«Viele Haustiere werden jedoch auf Tierkadaverstellen entsorgt und enden zum Beispiel als Biodiesel oder als Brennstoff in der Zementverarbeitung», erzählt Zillig. Er sei kein Tieraktivist, «aber wenn man mal gesehen hat, wie Hunde und Büsis auf einem toten Dachs oder zwischen Schlachtabfällen im Container landen, fragt man sich schon, ob das ein würdiger Abschied für einen treuen Begleiter ist».
Neues Angebot: Tierwald
Gemeinsam mit einem Freund brütete er eine Idee aus: Wie wäre es, analog zu den rund 135 Schweizer Waldfriedhöfen für die Asche verstorbener Menschen ein Pendant für Tiere anzubieten? Das Echo bei Tierärzten, Haltern und Tierkrematorien sei so positiv gewesen, dass er sich auf die Suche nach privaten oder kommunalen Waldbesitzern gemacht habe, die bereit seien, ihre Parzelle als Bestattungsort im Grundbuch eintragen zu lassen.
In Erlenbach ZH wurden er und sein Geschäftspartner fündig: Rund 40 Bäume tragen dort das Tierwald-Logo und warten auf die erste Kundschaft; die Asche soll über die Wurzeln in den Kreislauf der Natur gelangen. Rund zehn Standorte im urbanen Einzugsgebiet, etwa von Bern, St. Gallen oder Luzern, sind das Ziel. Dort vermutet André Zillig seine Hauptzielgruppe. «In der Stadt leben viele Leute allein, für manche ist das Tier der wichtigste Bezugspunkt. Ihnen wollen wir einen Ort zum Trauern bieten.»
Die aktuelle De-luxe-Version, eine 200 Jahre alte Eiche, kostet 2500 Franken.
Günstig ist der Tierwald aber nicht: Das billigste Angebot – ein Gemeinschaftsbaum – kostet 400 Franken, ein exklusiver Baum, zu dessen Wurzeln man die Asche von bis zu fünf eigenen Tieren begraben kann, ist ab 800 Franken zu haben. Die aktuelle De-luxe-Version, eine 200 Jahre alte Eiche, kostet 2500 Franken.
«Wenn man bedenkt, wie viel Geld man zu Lebzeiten für ein Haustier ausgibt, relativieren sich die Preise», sagt Zillig. Das Dienstleistungsportal Prontopro.ch hat kürzlich analysiert, dass ein Hund im ersten Jahr mindestens 2000 Franken kostet, danach rund 900 Franken jährlich für Futter, Tierarztbesuche, Impfungen, Hundefriseur und so weiter. «Reich werden wir mit dem Tierwald aber sicher nicht.»
Halter wollen mit Tier bestattet werden
Objektiv gesehen ist solch ein Angebot aber nicht zwingend. Denn die Asche von Tieren darf in der Schweiz überall verstreut werden. Manchen Haltern ist eine fixe Ruhestätte, die über den Urnenplatz im Büchergestell hinausgeht, aber wichtig.
Die Tiere werden zurechtgemacht, aufgebahrt und in einer Zeremonie beigesetzt.
Das bietet der Tierfriedhof Wisenberg in Läufelfingen BL – er ist einer von zwei in der Schweiz. Die Bestattungen laufen ähnlich ab wie bei Menschen: Die Tiere werden zurechtgemacht, aufgebahrt und auf Wunsch zeremoniell beigesetzt.
Die Nachfrage sei jedoch rückläufig, sagt die Gründerin Marlies Mörgeli. Vor 20 Jahren seien es noch 100 bis 120 Erdbestattungen pro Jahr gewesen, inzwischen noch etwa die Hälfte davon. Die meisten Tierhalter würden heutzutage auf die Kremation setzen, ausser, sie möchten ihr Tier wie Muslime aus religiösen Gründen nicht einäschern lassen.
«Was dafür häufiger vorkommt, ist, dass Tierhalter nach ihrem Tod im selben Grab wie ihr Liebling beigesetzt werden möchten.» Das habe nichts mit Vermenschlichung zu tun, sondern mit der Würde des Tiers», entkräftet Marlies Mörgeli den Vorwurf, den sie immer mal wieder zu hören bekommt.
«Früher wurden jene Tierhalter für ein bisschen verrückt gehalten, die ihren Hund oder ihre Katze kremieren liessen.»
Skeptische Reaktionen kennt auch Esther Sager, die seit über 20 Jahren für das Tierkrematorium Schweiz mit Standorten in Dübendorf ZH und Seon AG tätig ist. Allerdings werden diese immer rarer. «Früher wurden jene Tierhalter für ein bisschen verrückt gehalten, die ihren Hund oder ihre Katze kremieren liessen, heute erscheint man in gewissen Kreisen als gefühllos, wenn man sein Tier bei der Kadaverstelle entsorgen lässt.»
400 Tierkremierungen pro Woche
Die stetig steigenden Zahlen sprechen für sich. Aktuell werden an den beiden Standorten rund 400 Tiere pro Woche kremiert, vor allem Hunde und Katzen. «Wir verzeichnen aber auch eine ganz klare Zunahme bei den übrigen Heimtieren wie Vögeln, Meerschweinchen, Hühnern oder Enten.» Das geht mit dem Statuswandel der Tiere zum vollwertigen Familienmitglied einher.
Man hat die Wahl zwischen einer Sammelkremation – die Asche kommt dann ins Gemeinschaftsgrab – und einer Einzelkremierung. Der Preis ist abhängig vom Gewicht und Extraleistungen. Bei einer durchschnittlichen Katze kostet das zwischen rund 200 und 350 Franken.
Auch Schmuckurnen bietet das Tierkrematorium an – Anhänger, in denen man einen Teil der Asche bei sich tragen kann, jeder fünfte Halter möchte inzwischen so einen. Oder Diamantschmuck aus der Asche, was zwischen 2500 und 25’000 Franken kostet. «Jedes Jahr haben wir zig Bestellungen dafür.»
Der ewige Vorwurf der übertriebenen Tierliebe sieht Sager in diesem Fall «überhaupt nicht». «Wir machen ja nichts mehr für das Tier, wir machen es für den Menschen.» Sie schätzt, dass sich das in den kommenden Jahren verstärken wird, vor allem wenn es bei jenen Haltern zum Thema wird, die sich während Corona erstmals ein Haustier zugelegt haben, um ihre Einsamkeit zu überbrücken. «Das wird sich sicher auf den Stellenwert des Abschieds auswirken.»
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