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Es braucht vier Tore, um ihn zum Lächeln zu bringen

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Da! Endlich! Es regt sich etwas in seinem Gesicht, ein Lächeln nur, ganz schnell ist es wieder weg. Vier Tore hat es gebraucht für diesen emotionalen Ausbruch. Vielleicht wird Josip Ilicic just in diesem Moment bewusst, zu welch illustrem Kreis er jetzt gehört. Zu Lionel Messi, Mario Gomez und Robert Lewandowski. Nur ihnen ist bisher gelungen, was Ilicic am Dienstagabend schaffte: vier Tore in einem Spiel der K.-o.-Phase der Champions League zu erzielen.

Es sind keine 90 Sekunden vorbei, da marschiert Ilicic, dieser auf den ersten Blick behäbig und bullig wirkende Slowene, erstmals durch Valencias Abwehr. Die ist ziemlich verblüfft, erst der vierte Mann vermag ihn aufzuhalten. Mit einem Foul. Der 32-Jährige verwandelt den Penalty gleich selbst. Auch bei der Entstehung des zweiten ist er irgendwie beteiligt, danach trifft er noch zweimal nach einem Konter. Beim 4:3 –vorbereitet durch Remo Freuler – schlenzt er den Ball unnötig schön unter die Latte. Dann eben das Lächeln.

Der wichtigste Mann der Spektakeltruppe

Atalanta ist das Team der Stunde, die Spektakelmannschaft Italiens. Das abgeriegelte Land freut sich in Zeiten des Coronavirus mit seinem Underdog, Ilicic und Kollegen halten im Estadio Mestalla ein Trikot mit der Aufschrift «Bergamo, das ist für dich: Gib nicht auf» in die Kamera. Das Portal primabergamo.it antwortet: «Danke Jungs, für dieses immense Geschenk.» Bergamo wird in den Medien auch als Wuhan Italiens bezeichnet, Ärzte berichten von dramatischen Zuständen.

Da kommt das Champions-League-Märchen gerade recht. Und auch in der nationalen Meisterschaft sorgt Atalanta für einige Unterhaltung. 70 Tore erzielte der Viertplatzierte in nur 25 Serie-A-Spielen, das sind zehn mehr als Lazio auf Rang 2, zwanzig mehr als Tabellenführer Juventus. Ilicic, meist spielt er als hängende Spitze, schoss 15 dieser 70 Treffer, er ist bester Torschütze des Teams und neben Captain Alejandro Gomez der wichtigste Akteur. Und er ist auch Gegenstück zu diesem. Da der quirlige, die Aufmerksamkeit liebende Argentinier. Dort der kühle, zurückhaltende Slowene.

So unterschiedlich, so wichtig: Alejandro Gomez (links) und Josip Ilicic. (Bild: Getty Images)

Ilicics Eltern sind Kroaten, geboren ist er 1988 in Prijedor, damals Jugoslawien, heute Bosnien. Seine Mutter flüchtete mit ihm und Bruder Igor nach Slowenien, es war die Zeit des Bosnienkrieges. In Prijedor fand 1992 eines der grössten Massaker dieses Konflikts statt, als Serbien das Gebiet «ethnisch säubern» wollte. Josip, Igor und Ana Ilicic waren da schon weg. Der Vater blieb zurück, er starb als Josip ein Jahr alt war.

Die kleine Familie liess sich in Kranj nieder, der viertgrössten Stadt Sloweniens. Beim lokalen Verein Triglav begann Ilicic Fussball zu spielen, es ging schnell nach oben. Er wurde entdeckt, ging zu Interblock, einem Verein aus der Hauptstadt Ljubljana. Als Interblock abstieg, wurde Ilicic aussortiert. Er war kurz davor hinzuwerfen, dem Fussball keine Chance mehr zu geben. Heute steht bei Wikipedia unter der Rubrik «bekannte ehemalige Spieler» nur noch sein Name.

In einer Liga mit Batistuta und Crespo

Es war Maribor, das dem damals 21-Jährigen eine Chance gab. Und Ilicic nutzte sie. In der Qualifikation zur Europa League traf er 2010 auf Palermo, er traf einmal. Die Sizilianer waren so begeistert, dass sie Ilicic gleich mitnahmen, noch im selben Sommer heuerte er bei Palermo an. Für Maribor bestritt er nur fünf Spiele. Und doch ist es im Rückblick wohl jener Verein, der Ilicic am wichtigsten war. Weil er ihm die Chance gab, nachdem er an einen frühen Rücktritt gedacht hatte.

Bald zehn Jahre Serie A hat Ilicic nun hinter sich. Über die Fiorentina kam er 2017 zu Bergamo. Zu diesem Team, das sich eigentlich darauf spezialisiert hat, junge Spieler gross zu machen. Ilicic wurde zum Leader, hat in der Liga bereits vier Hattricks erzielt. Der beste linke Fuss Italiens wird die 100-Tore-Marke bald knacken. Es fehlen noch 13 Treffer. Schafft er das, spielt er sich in eine weitere illustre Runde, eine mit Gabriel Batistuta und Hernan Crespo. Vielleicht huscht dem kühlen Slowenen dann ja wieder ein Lächeln über die Lippen.

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Dritte Halbzeit – der Tamedia Fussball-Podcast

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