Schräges aus dem EuropacupErst nannte er sich FC Trump, jetzt bekämpft er Rassismus
Ein Club im Nachbarland und ein Dieb in den eigenen Reihen – in den ersten Runden der europäischen Wettbewerbe gibt es Teams mit speziellen Geschichten.

Noch bevor der Champions-League-Final über die Bühne ging, begann in dieser seltsamen Fussballzeit die neue Europacup-Saison. In dieser schaffte es sogar die Vor-Qualifikation in die Schlagzeilen: Der FC Drita, der eigentlich in Nyon gegen den FC Linfield spielen sollte, konnte nicht antreten, weil er in Quarantäne sass. Und dann war (oder ist) da noch das Theater um den nächsten YB-Gegner.
Doch hier soll es nicht um Corona gehen. Denn wenn die Europacup-Saison beginnt, dann treten Clubs auf die Bühne, die sonst keiner beachtet. Doch auch sie haben spezielle Geschichten.
Beitar Jerusalem: FC Trump bekämpft den Rassismus
Die Meldung ging um die Welt: Als der amerikanische Präsident vor zwei Jahren Jerusalem als israelische Hauptstadt anerkannte, da verkündete der heimische Fussballclub auf Twitter: «Von nun an werden wir Beitar Trump Jerusalem heissen.»

Beitar ist berüchtigt. Die Ultras nennen sich «La Familia». «Tot den Arabern» gehört zum Standardrepertoire im Stadion. Und noch nie trug ein Muslim das gelb-schwarze Trikot. Viele Mitglieder der «Familia» sind stolz darauf.
Dass Beitar Jerusalem heute kein Trump im Namen trägt, hat zwei Gründe. Erstens erlaubt der israelische Verband nur die Namen toter Personen in Teamnamen. Und zweitens hat Moshe Hogeg den Club gekauft. Der Unternehmer setzte es sich zum Ziel, den Rassismus auszutreiben.
Hogeg wurde mit Blockchain-Technologie zum Millionär. Und dieses Geld hilft ihm nun bei seinem Unterfangen. Denn sein Plan ist ganz einfach: Wer den Club in Verruf bringt, wird verklagt. In Millionenhöhe. Einige Mitglieder der Familia erhielten diese Mitteilung sogar per Post.
Im Stadion ist es seither ruhiger geworden. Hogeg erzählte der BBC Ende vergangenen Jahres stolz, wie die Fans dem Nigerianer Ali Mohamed zujubelten, als er für den Club traf. Doch das Ganze ist nicht so einfach: Mohamed ist Christ, wenn der Club am Donnerstag in der 2. Qualifikationsrunde der Europa League auf KS Teuta Durrës trifft, steht noch immer kein Muslim im Kader. Und die Beitar-Fans machen nun einfach ausserhalb des Stadions auf sich aufmerksam: bei Demonstrationen um Premierminister Netanyahu.
Derry City: Ohne Polizei im Liga-Exil

Der Derry City FC ist im Brandywell zu Hause. Das kleine Stadion liegt im Stadtteil Bogside, nur ein paar Fussminuten von einer Mauer entfernt, auf der geschrieben steht: «You Are Now Entering Free Derry». Sie ist noch heute das Symbol für den Nordirlandkonflikt, der ab Ende der 1960er in der Stadt wütete. Und dieser ist der Grund für die spezielle Geschichte des Derry City FC.
Der Club war in den 1960er-Jahren eine erfolgreiche Adresse im nordirischen Fussball. 1964 gewannen sie den Cup, ein Jahr später die Meisterschaft. Doch dann begannen die Probleme. Immer weniger Teams wollten nach Derry reisen. Zu gefährlich war die Lage. Ins 50 km entfernte Coleraine, wohin sie auswichen, kamen aber die Heimfans nicht mehr. 1972 zog sich der Club aus dem Profibereich zurück. Das Gesuch, wieder im Brandywell spielen zu dürfen, wurde Jahr für Jahr abgelehnt.

Da hatte Terry Harkin eine Idee. An einem Sonntagmorgen im Jahr 1984 lief der frühere nordirische Nationalspieler ins Schlafzimmer des Präsidenten des irischen Fussballverbands, weckte ihn, und sagte: «Wir müssen in der irischen Liga spielen!» Fran Fields, der Präsident, antwortete verschlafen: «Jesus, ihr habt keine Chance!»
Doch Harkin gab nicht auf. Zusammen mit drei Freunden berief er Sitzung um Sitzung ein, stellte Anträge, warteten auf die Zustimmung von Fifa und Uefa, und 1985 war es so weit: Derry spielte wieder im Brandywell – in der 2. irischen Liga. Zwei Jahre später waren sie bereits wieder aufgestiegen und machten sich einen Namen als Club, der fast immer vor vollen Rängen spielte.
Doch es gab noch eine weitere Sonderheit: Die Spiele fanden ohne Polizei im Stadion statt. Man war der Meinung, ihre Anwesenheit hätte in der noch immer aufgeladenen Stimmung eher zu Unruhen geführt, als dass sie diese verhindert hätte. Und so erlaubte die Uefa dem Club, eigene Ordner im Stadion zu positionieren. Die Regelung gilt bis heute.
Molde FK: Aus der Mannschaftskasse geklaut

Vereinstreue ist im modernen Fussball ein immer selteneres Wort. Es gibt nur noch wenige Spieler, die über ein Jahrzehnt für den gleichen Club spielen. Vegard Forren ist einer vor ihnen. Als 19-Jähriger wurde er entdeckt, als er mit seinem damaligen Team KIL/Hemne die Favoriten aus Molde aus dem norwegischen Cup warf. Kurz danach unterschrieb er beim Gegner einen Fünfjahresvertrag. Und blieb viel länger.
Zwar versuchte er zweimal den Sprung nach England, doch immer zog es ihn zurück zum Club im Nordwesten Norwegens. 13 Jahre spielte er im blau-weissen Dress. Doch wenn Molde am Mittwoch in der Champions-League-Qualifikation aufläuft, wird er nicht in der Innenverteidigung stehen. Die Geschichte von Vegard Forren und Molde hat kein Happy End.
Im Mai wurde sein Vertrag aufgelöst. Forren hatte Geld aus der Mannschaftskasse gestohlen, um seine Spielschulden zu begleichen. Er war schon früher wegen seiner Spielsucht in Behandlung, nun ging er erneut in Therapie. «Ich möchte diese Krankheit ein für alle Mal hinter mich bringen», sagte Forren dem norwegischen Fernsehen. Er habe im Fussball noch viel vor. Nur trägt er dabei nun Rot: Er läuft neu für Brann Bergen auf.
Levadia Tallinn: Star gekauft – und ausgewiesen
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Fünf Jahre sind vergangen seit dem letzten Meistertitel von Levadia. Fünf Jahre mit fünf zweiten Plätzen. Darum sollte es in der vergangenen Saison nun endlich klappen.
Es sah lange gut aus. Als die Hälfte der Partien gespielt war, lagen sie an der Spitze, einen Punkt vor Flora Tallinn. Und da schüttelte die Clubführung noch ein Ass aus dem Ärmel: Sie verpflichtete Jewgeni Kabajew. Der Russe war 2014 und 2016 Torschützenkönig der estnischen Liga.
Doch Kabajew spielte nur zweimal für Levadia. Dann wurde er des Landes verwiesen. Denn der Stürmer schiesst nicht nur viele Tore. Er fährt auch gerne schnell Auto. Schon zweimal war er der Polizei aufgefallen. Und als er erneut 42 km/h zu schnell die Autobahn entlangbretterte, da hatte die estnische Polizei kein Verständnis mehr.
Zwei Tage sass er in Haft. Seine Erklärung, er habe nur möglichst schnell zu seiner Familie nach Russland fahren wollen, kam dort nicht gut an. Kritiker vermuten, auch die angespannte Lage zwischen Estland und Russland hatte einen Einfluss auf das Urteil. Kabajew darf ein Jahr lang nicht mehr in den Schengen-Raum einreisen.
Für Kabajew war somit sein Estland-Engagement zu Ende. Er spielt nun bei Real de Minas in Honduras. Und Levadia? Das qualifizierte sich zwar für die Europa League, wo es am Donnerstag auf Torshavn trifft. Die Meisterschaft aber, schloss es auf Rang 2 ab.
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