Ein Schritt fehlt zur Champions LeagueDiesen Vorwurf müssen sich die Young Boys machen
Die Berner machen im Hinspiel des Playoffs gegen Maccabi Haifa erst einen eingeschüchterten Eindruck. Aber dann legen sie den Grundstein zum Weiterkommen.
Erst wirkt Noah Persson völlig verloren. Für den 20-jährigen Linksverteidiger von YB ist es überhaupt der erste Einsatz im Europacup. Das kann er nicht verbergen. Er lässt sich mal übertölpeln, kommt mal zu spät. Haifa erzeugt über die rechte Seite viel Druck.
Aber als sich das Hinspiel des Playoffs zur Champions League dem Ende zuneigt, ist dieser Persson längst nicht mehr fehl am Platz. Der Wirkungsbereich des Schweden verlagert sich mehr und mehr in die gegnerische Hälfte. Nach 75 Minuten kommt er seinem grossen Moment nahe. Er powert sich durch und zieht ab. Er verpasst das 1:0 nur knapp.
Der Wandel, den die Young Boys am Mittwochabend vollziehen, lässt sich so an der Person Persson erzählen. Sie mussten zu Beginn unten durch, aber sie steigerten sich und kommen im Hinspiel relativ ungefährdet zu einem 0:0. Nur ein Schreckmoment erleben sie noch, als der eingewechselte Dean David kurz vor Schluss aus kurzer Distanz zum Kopfball ansetzt. Der Versuch gerät jedoch zentral, Anthony Racioppi hat keine Mühe, zuzupacken.
Dann ist die Partie zu Ende. Und die Fans Maccabis ziehen enttäuscht davon. Sie scheinen zu ahnen, dass ihrer Mannschaft ein 0:0 daheim nicht als Basis zum Weiterkommen genügt.
Wicky überrascht
YB-Trainer Raphael Wicky wartet für das bis dahin wichtigste Spiel dieser Saison mit Überraschungen auf. Im Abwehrzentrum nominiert er Loris Benito statt Aurèle Amenda und verhilft Persson so zum Europacup-Debüt.
Und weil Cheikh Niasse kurzfristig mit leichtem Fieber ausfällt, kommt Sandro Lauper nach Verletzungspause und zwei Einsätzen in der U-21 zu seinem Comeback. Es ist für ihn im mit 30’780 Zuschauern ausverkauften Sammy-Ofer-Stadion ein steiler Einstieg in die Saison.
Wie aufgeheizt die Stimmung ist, erfahren die Young Boys schon beim Einspielen. Vierzig Minuten dauert es da noch bis zum Anpfiff, aber auf den bereits gut gefüllten Rängen herrscht Vollbetrieb. Die Berner wissen jetzt, warum ihr Trainer am Vortag davon sprach, dass es eine Atmosphäre sein werde, die sich sein Team aus der Schweiz nicht gewohnt sei.
Das ist YB anzumerken. Die Gäste beginnen zögerlich und fehlerhaft. Sie wirken ziemlich beeindruckt von dem, was sich rund um sie abspielt. Die Spieler von Maccabi sind im Schnitt ein paar Jahre älter, sie wirken auch abgezockter. Das Heimteam ist überlegen und kommt durch Dia Saba zu Chancen. Zwischendrin verpasst es Kastriot Imeri mit einem Freistoss, dem Publikum eine Beruhigungspille zu verabreichen. Sein Schuss landet auf statt im Tor.
Nach einer Viertelstunde finden die Young Boys dann aber in die Partie. Sie behaupten sich jetzt in den Zweikämpfen, sie pressen hoch und zwingen das Heimteam zu Fehlern. Lauper wirkt im Spielaufbau ordnend. Hinten ist Benito nicht anzumerken, dass es nach dem Cup-Erfolg gegen Breitenrain in dieser Saison erst sein zweiter Einsatz in der Innenverteidigung ist. Und vorne stiftet Meschack Elia Unruhe, auch wenn ihm vorerst kein Tor gelingen wird. Einmal trifft er nach Kopfballvorlage von Sturmpartner Cedric Itten den Ball nicht, dann verzieht er aus spitzem Winkel.
Ein Tor will YB bis zur Pause nicht gelingen, auch weil ein Schuss von Filip Ugrinic noch abgefälscht wird. Aber im Vergleich zu den letzten Wochen zeigt YB eine Leistungssteigerung. Was angesichts der Darbietungen zuletzt aber auch nicht sonderlich schwierig ist.
Es wäre mehr drin gelegen
Die Young Boys sind also nach einer von vier Halbzeiten im Playoff auf Kurs. Das Erreichen der Gruppenphase würde dem Club mindestens 30 Millionen Franken einbringen – und damit im Vergleich zur Europa League Mehreinnahmen von 20 Millionen.
Alles andere als das Erreichen der Gruppenphase wäre für YB eine Enttäuschung. Weil die Limiten des Gegners in der zweiten Halbzeit mehr und mehr sichtbar werden. Das scheint das Publikum zu spüren, es ist längst nicht mehr in Hochform. Maccabis Verteidiger Shon Goldberg sieht sich gezwungen, die Fans mit Gesten anzustacheln.
Was sich die Young Boys vorwerfen müssen, ist, wie sorglos sie mit ihren aussichtsreichen Gelegenheiten umgehen. Das wird nie deutlicher, als Fabian Rieder kurz nach der Pause nach Zuspiel von Imeri eine Mischung aus Lupfer und Schüsschen wählt, statt durchzuziehen.
So machen sie in Haifa nur einen kleinen Schritt Richtung Champions League. Aber zumindest liegen alle Vorteile vor dem Rückspiel am Dienstag im Wankdorf auf ihrer Seite. Sie sollten die Chance nutzen.
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