Die Tricks der Selfscanning-Betrüger – und wie sie auffliegen
Selfservice eröffnet neue Maschen beim Klauen. Die Läden filmen und sammeln Daten, um das zu verhindern.
Supermärkte verlieren vier Prozent des Umsatzes, wenn sie Selbstbedienungskassen einführen. So zeigten es zumindest Studien in England, wo Selfscanning (Waren einlesen beim Einkauf) und Self-Check-out (Waren am Ausgang einlesen und abrechnen) weit verbreitet sind.
Vergleichbare Erhebungen für die Schweiz gibt es keine. Dafür erzählen Kunden freimütig, wie sie die neuen technischen Möglichkeiten nutzen, um zu schummeln. Im «Blick» gab ein 16-Jähriger offen zu, dass er seine Flasche Coca-Cola «extra nicht scannt». Dem Onlinemagazin «Vice» verrieten Selfscanning-Betrüger gleich reihenweise ihre Tricks. Dort sagte eine 21-Jährige: «Ich liebe Self-Check-out-Kassen. Dank ihnen spare ich eine Menge Geld.» Eine 20-Jährige gesteht, dass sie während der zweiwöchigen Snowboardferien nur die billigen Lebensmittel scannte – und Jack Daniel's und Jägermeister mitlaufen liess. Die Masche eines 20-Jährigen ist es, alles einzuscannen, den Zahlungsvorgang abzubrechen und dann einfach mit der Ware aus dem Laden zu spazieren, wenn die Lampe bei der Kasse wieder grün aufleuchtet.
Ob beim Selfscanning tatsächlich so dreist betrogen wird, wollen die Detailhändler nicht verraten. Ein Migros-Sprecher sagt einzig: «Die Diebstahlquote hat sich nicht signifikant erhöht.» Die Erfahrung in den Filialen zeige, dass die überwältigende Mehrheit der Kunden ihre Waren korrekt einscanne. Bei Coop heisst es: «Fehler können passieren, und wenn ein Kunde einmal vergessen hat, ein Produkt zu scannen, weisen wir ihn höflich darauf hin.» Nur wenn ein klarer Fall von Diebstahl vorliege, werde das entsprechend geahndet. Darüber hinaus gibt sich Coop zugeknöpft. Von acht Fragen zum Missbrauch bei Selfscanning wird keine einzige beantwortet – «aus Gründen der Sicherheit».
Filmen und Daten sammeln
Dabei verrät nur schon der Blick in die Geschäftsbedingungen von Supercard und Passabene (Coop) bzw. Cumulus und Subito (Migros), wie die Firmen mit Stichproben Ladendiebstahl bekämpfen und welche unangenehmen Konsequenzen «mutwilliges und wiederholtes Fehlverhalten» haben kann. Bis gestern wies Coop beim Supercard-Programm zudem aus, dass er die Selfscanning-Nutzer in 15 Vertrauensklassen einteilt: Wurde jemand häufig beim Falschscannen erwischt, sank er auf der Skala, wurde häufiger kontrolliert und flog im Extremfall aus dem Programm. Jetzt steht davon kein Wort mehr. Ob damit die Vertrauensstufen weg sind oder einfach verschwiegen werden, verrät Coop nicht.
Beispiele zeigen aber, wie rasch es mit der Kulanz vorbei sein kann. Der «K-Tipp» machte den Fall eines Coop-Kunden publik, der zweimal beim Scannen patzte. Einmal ging es um 5.65 Franken, einmal um 3.80 Franken. Der Kunde kassierte dafür ein landesweites Ladenverbot. Coop sagt dazu, dass der Ladendetektiv einen «Wiederholungsfall und klare Diebstahlabsichten» beobachtet habe. Für Wirbel sorgte auch die «Zentralplus»-Meldung über einen Luzerner. Ihm hielt die Migros bei einer Stichprobe vor, dass er 14 Tage zuvor Frischfleisch im Wert von 50 Franken nicht eingescannt habe. Das Brisante daran: Auf die Schliche kam das Personal dem Luzerner, weil Daten von Waage, Kasse und Cumulus-Konto mit Videoaufnahmen aus dem Laden verknüpft wurden. Dass diese Daten so lange verfügbar waren, geisselte der Konsumentenschutz als «riesigen Überwachungsapparat».
An der Obstwaage kann es ohnehin heikel werden: Wer dort einen Sack Litschi kauft, aber nur Äpfel verrechnet und damit ein paar Franken spart, kann dafür wegen «Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage» bestraft werden.
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