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Meinung

Analyse zur Handball-WM
Die Schweizer sind die Spezialisten für Aussergewöhnliches

Ihre Arbeit findet in keiner Statistik Aufnahme, aber sie war entscheidend: Das Schweizer Defensiv-Bollwerk mit Samuel Röthlisberger (links) und Alen Milosevic.
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Vor zwei Wochen verabschiedeten sie sich in den Urlaub, am Sonntag stand nach dem 27:24 über Algerien fest: Die Schweizer Handballer belegen im 32er-Feld der Weltmeisterschaft einen Platz in der ersten Hälfte. Einen Rang zwischen 13 und 16 haben sie auf sicher. Von sechs Spielen drei gewonnen, diese 50-Prozent-Quote erreichten die Schweizer nicht in Partien gegen Exoten oder Aussenseiter, sie gewannen gegen Österreich, Island und Algerien, den dritten der Afrika-Meisterschaft. Sie punkteten beinahe gegen Frankreich, sie waren gegen Portugal lange auf Augenhöhe. Einzig im Norwegen-Spiel hatten sie keine Chance.

Und das mit einer Vorbereitung, die eigentlich keine war. Drei von vier Test-Länderspielen im Dezember und Januar mussten abgesagt werden. Am 10. Januar übten die Schweizer gegen GC Amicitia, dann war das Trainingslager vorbei. Nächster Termin: EM-Qualifikation im März gegen Finnland.

Es folgten verrückte Tage, märchenhafte Tage, Tage mit aussergewöhnlichen Auftritten.

Meinten (fast) alle. Doch es folgten verrückte Tage, «surreale Tage», wie Andy Schmid sagte, märchenhafte Tage. Und elf Tage mit aussergewöhnlichen Auftritten. Auf und neben dem Feld. 26 Jahre nach der letzten WM-Teilnahme spielte die Schweiz eine wunderbare Rolle in Ägypten.

Andy Schmid hatte jederzeit den Durchblick – er spielte eine überragende WM. Im Gegensatz zur EM vor einem Jahr war das Turnier nicht schon nach drei Auftritten vorbei.

Über Nacht WM-Teilnehmer werden – eine solche Erfahrung wird keine Schweizer Auswahl je wieder machen. Und wie Nationaltrainer Michael Suter mit seinen Leuten diesen Abstecher an die WM gestaltete! Die Handballer haben es wieder einmal gezeigt: Wenn es darum geht, Aussergewöhnliches in einer olympischen Ballsportart zu leisten, ist auf sie Verlass. «Wir wollen den Leuten ein bisschen gute Laune in die Stuben zaubern», war eine von Suters Vorgaben.

Am 14. Januar sass die Schweiz wegen Schneefalls am Flughafen Zürich mehr als zwei Stunden fest, irgendwann schaffte sie es nach Ägypten, vom Flugplatz gings direkt in die Halle, wo dann auch noch das Gepäck eintraf. Und dann wurde dieser Tag mit dem 28:25 über Österreich garniert. Das war der Auftakt zu Vorstellungen, die über die Landesgrenze hinaus Schlagzeilen bewirkten.

Die Fortschritte eines Jahres

Natürlich waren die Schweizer immer noch vor allem Andy Schmid, der überragende sechs Spiele ablieferte und kaum eine Minute Pause hatte. Aber im Vergleich zur EM machten sie Fortschritte. In der Verteidigung, obwohl dort mit Lucas Meister ein wichtiger Eckpfeiler fehlte. Auf der Torhüterposition, auf der Nikola Portner mit viel mehr Réussite als noch 2020 abwehrte. Er hielt Siege fest, wie zuletzt gegen Algerien.

Auf Rechtsaussen, wo Cédrie Tynowski im Vergleich zur EM, an der er gefehlt hatte, für einen riesigen Qualitätssprung sorgte. Im Rückraum, wo Roman Sidorowicz belegte, dass er mehr ist als nur die Nummer 3 hinter Lenny Rubin oder Luka Maros. Alen Milosevic war am Kreis stärker als im Januar 2020.

Cédrie Tynowski war auf Rechtsaussen mitverantwortlich für die Schweizer Steigerung. Gegen Algerien warf er sechs Tore.

Nach dem einen oder anderen Jahr des Lospechs verdienten sich die Schweizer das Glück, für die US-Amerikaner an die WM nachreisen zu dürfen. Dass sie nach drei Auftritten nicht einfach in der Anonymität verschwanden, bestätigte: Diese Mannschaft ist besser als manches Team, das sich vor ihr für dieses Turnier qualifiziert hat. Und es war vielleicht ausgleichende Gerechtigkeit, dass ausgerechnet die Österreicher – sie hatten in letzten Jahren von Losglück profitiert – den Schweizern weichen mussten.

Schmid müsste länger spielen

So konnte Andy Schmid doch noch auf der Weltbühne auftreten. Er riss nicht nur die Mitspieler zu einer Steigerung mit, sondern die Zuschauer zu Hause aus den Sitzen. Die Schweizer wissen, was sie hoffen müssen: dass der 37-Jährige noch lange nicht müde wird. Dass der Regisseur sich weiterhin von seinem Sport vereinnahmen lässt – und vielleicht doch noch länger spielt. Sein Vertrag in der Bundesliga läuft 2022 aus.

2022 fände – Stand jetzt – die letzte EM mit Schmid statt. Doch er und die Schweizer sind zur Qualifikation mit einer Heimniederlage gegen Nordmazedonien höchst ungünstig gestartet. Vielleicht verleiht diese unverhoffte WM-Teilnahme der Mannschaft den Schub für eine gewichtige Korrektur in den nächsten Partien der Qualifikation.

Goalie Nikola Portner lieferte gegen Algerien 15 Paraden und wurde als bester Spieler der Partie ausgezeichnet.

Die zweite Hoffnung ist seit Jahren die gleiche: dass neben Schmid weitere Spieler an Klasse gewinnen und mehr Verantwortung übernehmen können. Zwei Turniere auf höchster Ebene haben sie nun hinter sich. Das Tempo der Entwicklung ist nicht bei allen gleich hoch.

Der sensible Lenny Rubin benötigt mehr Zeit, aber die Schweiz braucht einen Zweimetermann wie ihn aus dem Rückraum, der nicht Angst vor einem Fehler, sondern die Überzeugung des Gelingens hat. Irgendeinmal wird Schmid tatsächlich nicht mehr auf dem Feld sein. Diese Lücke kann kein einzelner Spieler schliessen. Es braucht viele, von denen jeder Einzelne besser sein muss, als er es heute ist.

Die mangelnde Breite ist es, welche die Schweiz davon abhält, sich der Weltspitze noch weiter anzunähern. Dieses Märchen im Januar 2021 aber, das kann ihr niemand mehr nehmen.

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