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Meinung

Die Formel E gehört in die Schweiz

In der Mitte der Schweiz: Die Formel E in Bern. Foto: Keystone
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Plötzlich war es so, als hätte alles genau so kommen müssen. Als gehörte diese Formel E fest nach Bern. Als hätte es keine Proteste und gar Sach­beschädigungen an der Infrastruktur gegeben. Samstag war Festtag.

Über 100'000 Zuschauer ­strömten zum Grossanlass, der hervorragend organisiert war. Es gab keine nennenswerten Zwischenfälle, kaum Warte­zeiten. Und das an diesem engen Hang. Die ­Strecke rund um den Bären­graben mit Blick vom Aargauerstalden über die Dächer der Stadt und auf die Aare in kitschigem Türkis war eindrücklich. Die Bilder gehen um die Welt, ein Traum für jeden Touristiker. Die Formel E stand Bern gut. Sie steht der Schweiz überhaupt gut. Weil es um mehr geht als um Sport.

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Was am Samstag während des Rennens und rund um den Event passiert, ist dem Live-Ticker zu entnehmen.
Der Schweizer Formel-E-Pilot Sébastian Buemi (Nissan e.dams) beschert dem Schweizer Publikum am E-Prix Bern einen Podestplatz.
Sébastien Buemi (vorne) kann zwar nicht um den Sieg mitkämpfen. Platz 3 ist aber auch nie in Gefahr. Daran ändert auch der Wolkenbruch kurz vor Rennende nichts.

Allerdings hielt auch dieser einiges an Spektakel bereit. Mit einer Massenkarambolage schon in der ersten Schikane, engen Duellen bis zum Schluss und mit einem Schweizer auf dem Podest, Sébastien Buemi. Doch leidet die Elektrorenn­serie wie ihr grosser, hybrid­betriebener Bruder Formel 1 unter dem Mangel an Überholmanövern – trotz Fanboost und Attack Mode, zweier Hilfsmittel zur Leistungssteigerung der Autos. Sportlich hat die Serie noch Aufgaben zu lösen. Sonst aber ist sie auf bestem Weg, ganz gross zu werden.

In Zürich regt sich Widerstand

Bald werden die bedeutendsten deutschen Automarken dabei sein. Audi, BMW, Mercedes, Porsche, daneben Nissan, Jaguar, Mahindra: Eine solche Breite an Herstellern kannte noch keine Rennserie. Weil es um mehr geht als um Sport.

Die Formel E bietet Anlass und Bühne, über die Zukunft der Mobilität zu diskutieren. Autohersteller präsentieren ihre neusten Elektrowagen, ­Technologieunternehmen ihre Lösungsansätze, die ETH Zürich ist mit Studenten vor Ort, in Bern war das auch die ansässige Fachhochschule. Dabei geht es nicht nur um den Individualverkehr, sondern um ganzheitliche Konzepte inklusive Öffentlichem Verkehr.

Städte müssen grösstes Interesse haben, sich intensiv damit auseinanderzusetzen. Und vor allem: Ihre Bevölkerung dafür zu sensibilisieren. Diese Plattform bietet die Formel E, und nur sie schafft das in dieser Dimension. Sie kann Leute für neue Wege begeistern. Deshalb wäre es ein Verlust, würde sie nach zwei Austragungen aus der Schweiz verschwinden.

Im provisorischen Kalender für die kommende Saison ist kein Swiss E-Prix vorgesehen. Eigentlich würden die Veranstalter gern zurückkehren nach Zürich, verhandelt wird über ein Rennen rund um die ETH Hönggerberg. Allerdings regt sich bereits Widerstand. 2021 steht Genf als Austragungsort in den Start­löchern.

Engstirnigkeit ablegen

Klar ist: Will die Swiss E-Prix Operations AG, die die Lizenz an Schweizer Rennen bis 2027 hält, weitere durchführen, muss auch sie lernen. Zwar verlief der Aufbau und verläuft der Abbau in Bern weit erträglicher für die Anwohner als noch in Zürich, allerdings fühlten sich auch in der Hauptstadt viele übergangen, nicht ernst genommen, vor den Kopf gestossen. In der Altstadt wurden zahlreiche Laden- und Restaurantbesitzer vor vollendete Tatsachen gestellt, als die Fanzone mit grossen Bauten errichtet wurde. Offenbar waren sie nicht ausreichend informiert worden. Ein solcher Mega-Anlass muss von der Bevölkerung mit­getragen werden – zumindest vom Grossteil. Die ständigen Nörgler wird es immer geben. Die Anliegen der anderen aber müssen gehört und, wo möglich, umgesetzt werden.

Es braucht ein Entgegenkommen auf beiden Seiten. Manche Städter müssen auch ihre Engstirnigkeit für ein paar Tage ablegen und den Blick aufs grosse Ganze richten können. Nur so hat die Formel E in der Schweiz eine Zukunft. Es wäre äusserst bedauernswert, wenn nicht.