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TV-Kritik «Tatort»
Die Brüste der Frau Odenthal

Viele Szenen spielen in diesem Verhörraum. Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) behält lange die Oberhand. Aber am Ende droht sich das Blatt zu wenden.
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Alles beim Alten im ersten «Tatort» nach der Sommerpause. Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) jagt einen besonders hinterhältigen Mann. Ihr Chef will alles abblasen, aber sie glaubt stur daran, dass sie «das Schwein» – ihre Worte – überführen kann. Irgendwann während des Verhörs kann der verdächtigte Berufsoffizier jedoch den Spiess umdrehen. «Zeigen Sie mir Ihre Brüste!», befiehlt er. Und die Kommissarin beginnt tatsächlich, sich auszuziehen.

Das ist die Schlüsselszene dieses Ludwigshafener Falles. Ist die Kommissarin, die seit 33 Jahren im Dienst ist, tatsächlich bereit, sich auf dieses Spiel einzulassen? Es sieht so aus, sie erhofft sich dadurch, das Leben einer Frau zu retten. Aber wirkt das glaubwürdig? 

Frauen verbrennen wie im Mittelalter

Bleiben wir vorerst beim «Schwein», das Lena Odenthal ins titelgebende Verhör nimmt: Wenn es stimmt, was die Kommissarin vermutet, hat dieser arrogant lächelnde Soldat eine ihm völlig unbekannte Frau entführt und bei lebendigem Leib verbrannt. Jetzt ist eine zweite Frau gefährdet, zum Verbrennen verurteilt durch reinen Männerhass. Harte Kost. Kann da ein Entblössen helfen?

Machte auch schon James Bond das Leben schwer: Götz Otto als Tatverdächtiger.

Gespielt wird der Unhold von Götz Otto, einem breiten Publikum bekannt, seit er 1997 im James-Bond-Film «Tomorrow Never Dies» Pierce Brosnan quälte. Erfunden hat die Geschichte der routinierte Drehbuchautor Stefan Dähnert, der das Militärmilieu bestens kennt: Sein Vater war Berufsoffizier (er aber Dienstverweigerer). Und inszeniert hat «Das Verhör» die Regisseurin Esther Wenger, die bereits vor über zwanzig Jahren eine Dissertation zum Thema «Geschlechterrollen in der Fernsehfiktion» geschrieben hat.
An ihrer Inszenierung gibts wenig zu kritisieren, auch die heiklen Szenen sind mit Bedacht umgesetzt.

Highsmith und Hitchcock

Aber das Drehbuch weist Löcher auf: Die Ausgangslage erinnert an Patricia Highsmiths ersten Roman «Strangers on a Train», den Alfred Hitchcock 1951 verfilmte: Ich morde für dich, falls du für mich mordest, versprechen sich darin zwei Fremde. Nur: In diesem «Tatort» bekommt die zweite Figur so wenig Profil, dass diese Konstruktion in sich zusammenfällt.

Das ist noch nicht alles. Es gibt im Film auch Elemente des französischen Krimis «Garde à vue» (1981) – deutsch ebenfalls «Das Verhör». Dazu kommt im Finale ein makabres Kasperlitheater, das die Co-Kommissarin Johanna Stern (Lisa Bitter) spontan inszeniert. Und es gibt immer wieder Betrachtungen über Geschlechterrollen in der Armee und Wokeness in der Gesellschaft. Lange funktioniert das grosse Nebeneinander. Bis die Brüste-Szene kommt und einen rausschmeisst.

Lena Odenthal entblösst ihren Oberkörper dann doch nicht. Und sie hat recht. Ehrensache.